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Das Vermächtnis Frank Stronachs

Warum das Team Stronach scheiterte, ist klar. Aber warum wurde es eigentlich gegründet? Und vor allem: Warum wurde es gewählt?

Andreas Koller
Frank Stronach, ein klassischer Nicht-Politiker. Heute versuchen fast alle Parteien, mit Nicht-Politikern zu punkten.
Frank Stronach, ein klassischer Nicht-Politiker. Heute versuchen fast alle Parteien, mit Nicht-Politikern zu punkten.

Zum Beispiel Martina S.: Brachte es zunächst bei der FPÖ bis zur Bundesgeschäftsführerin. Wechselte zum BZÖ. Wandte sich dann dem Team Stronach zu, für das sie bis zuletzt im Nationalrat saß. Und dockt jetzt, Partei-Hopperin, die sie ist, bei ihrer vierten Partei an. Nämlich bei der Truppe des blauen Salzburger Parteirebellen Karl Schnell.

Oder Robert L.: Saß zunächst für die FPÖ im Parlament. Dann für das BZÖ. Dann als "freier Abgeordneter". Dann als Mandatar für das Team Stronach, dem er bis vor wenigen Tagen als Klubchef vorstand. Trat nun aus dem Stronach-Parlamentsklub aus und schloss sich wieder der FPÖ an. Ein Wanderpokal ist ein Granitblock im Vergleich zu dieser Wendigkeit.

Und dann gibt es noch jene Vertreter des Team Stronach, die während der abgelaufenen Legislaturperiode den Verlockungen des trickreichen Reinhold Lopatka erlagen und fliegend in den ÖVP-Parlamentsklub wechselten.

Die Karrieren all dieser Ungenannten stehen sinnbildlich für die Karrieren etlicher anderer Vertreter des Team Stronach. Und sie verdeutlichen besser als jede politikwissenschaftliche Analyse, warum diese Partei, die vor knapp fünf Jahren mit viel Getöse und viel Geld auf die Bühne getreten ist, heute ihrem wohlverdienten Ende entgegendämmert: Eine Partei, die ausschließlich aus den markigen Sprüchen ihres schrulligen Gründers besteht, die keinerlei inhaltliche Substanz aufweist, die ihr Personal vorrangig unter politischen Glücksrittern und Wendehälsen rekrutiert - eine solche Partei hat keine Daseinsberechtigung und keine Überlebenschancen. Folgerichtig hat sich die Stronach-Partei in sämtlichen Bundesländern, in denen sie es in den Landtag und sogar die Landesregierung schaffte, alsbald in ihre Bestandteile aufgelöst - siehe Salzburg, siehe Niederösterreich, siehe Kärnten. Folgerichtig hat sie jetzt auch im Nationalrat, wo sich soeben der Parlamentsklub auflöste, ihr Leben ausgehaucht. Alles ganz logisch.

Oder etwa nicht? Wenn das Ende des Team Stronach so logisch ist, muss die Frage erlaubt sein, warum diese schräge Partei überhaupt jemals einen Anfang hatte, sprich: Was etliche Hunderttausend Wählerinnen und Wähler im denkwürdigen Jahre 2013 veranlasst hat, diese Kopfgeburt eines schrägen Milliardärs in drei Landtage und in den Nationalrat zu entsenden. Glaubte man tatsächlich den diffusen Verheißungen Frank Stronachs von einer "anderen Politik"? Wollte man nicht erkennen, was doch bereits 2013 offenkundig war, nämlich dass da ein Milliardär auf Egotrip versuchte, sich nach dem Sportgeschäft auch ins politische Geschäft einzukaufen? Oder ging es bloß darum, eine Stimme gegen "das System" abzugeben? Der Wähler hat bekanntlich immer recht. Aber mitunter ist es angebracht, die Motive des Wählers zu hinterfragen.

Was sich hinter dem Kurzzeiterfolg des Team Stronach verbirgt, ist ein erhebliches Maß an Politiker- und Demokratieverdrossenheit. Lieber einen schrägen austrokanadischen Milliardär ins Parlament wählen als einen herkömmlichen Politiker - so dachten offenkundig viele. Diese Einstellung wirkt fort, sie findet - quasi als politisches Vermächtnis Frank Stronachs - einen deutlichen Nachhall im laufenden Wahlkampf. Die SPÖ beispielsweise setzt bei ihrem Werben für die herbstliche Nationalratswahl nicht etwa auf Berufspolitiker. Vielmehr geht sie mit einem Spitzentrio auf Stimmenfang, dessen drei Mitglieder noch vor zwei Jahren in durchaus bürgerlichen Berufen standen: Christian Kern, damals ÖBB-Chef. Pamela Rendi-Wagner, damals Sektionschefin im Gesundheitsministerium. Hans Peter Doskozil, damals burgenländischer Polizeipräsident. Sie stehen für die neue SPÖ, die offenkundig selbst nicht mehr daran glaubt, dass sie mit ihrem traditionellen Personal aus Berufspolitikern noch Wahlen gewinnen kann.

Nicht anders die ÖVP. Zwar ist deren neuer Spitzenmann Sebastian Kurz ein klassischer Berufspolitiker, doch damit hat sich's auch schon. Die gesamte Bundeswahlliste der ÖVP zieren Quereinsteiger, von der Sportlerin Kira Grünberg über den Polizeioffizier Karl Mahrer bis zum Mathematiker Rudolf Taschner. Die schwarzen Berufspolitiker wurden auf die hinteren Plätze verräumt.

Oder Peter Pilz, dessen Personal von Renée Schroeder bis Peter Kolba ein ähnliches Profil aufweist wie das Sebastian Kurz', nur halt linker. Selbst die Grünen haben sich einige Neuzugänge aus bürgerlichen Berufen verordnet, etwa die Konsumentenschützerin Ulrike Fischer. Nur Heinz-Christian Strache sieht (auch) in dieser Hinsicht alt aus, er setzt auf Wendepolitiker wie Robert Lugar oder Politfossilien wie Martin Graf.

Für die übrigen Parteien gilt: Bloß nicht wie eine Partei aussehen. Und bloß nicht die Wählerschaft mit Parteipolitikern behelligen. Man mag über diese Selbstentäußerung der politischen Parteien den Kopf schütteln. Doch wenn sie dazu beiträgt, künftig Phänomene wie das Team Stronach zu verhindern, hat sie eine demokratische Berechtigung.