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Die Welt, wie Donald Trump sie sieht: Der Feind lauert überall.

Die Zeit, Donald Trump zu überzeugen, dass Strafzölle keine gute Idee sind, wird knapp. Kein Grund, sich in den Staub zu werfen.

Richard Wiens

Im Weißen Haus sitzt ein Mann mit einem relativ einfachen Weltbild. Donald Trump ist kein Mann der Zwischentöne, für ihn gibt es nur Schwarz oder Weiß. Er teilt die Welt ein - in Betrüger und Verräter, in "wahre Freunde" und in Feinde, die den USA Böses wollen. Donald Trump führt seine Amtsgeschäfte als Präsident der Vereinigten Staaten so, wie er seine Geschäfte als Immobilienunternehmer machte - ohne Rücksicht auf Verluste. Er verhandelte beinhart und er gewann oft. Und wenn er sich verspekulierte und verlor, ging er in Konkurs. Das tat Trump einige Male, er brüstete sich mit seiner Cleverness, die Banken machten willig mit und die Gläubiger hatten das Nachsehen.

Diese Praktiken wendet Trump auch auf das politische Geschäft an. Der Unterschied ist allerdings: Wenn er dort eine Pleite baut, ist der Schaden größer und auf den Kosten bleiben nicht nur die anderen Länder als Gläubiger der USA, sondern auch die eigenen Bürger sitzen.

Diesen Kollateralschaden nimmt der Zocker im Weißen Haus in Kauf, aber selbst Trump weiß, dass er den Bogen nicht überspannen darf. Dass er Kanada und Mexiko vorerst von den Strafzöllen ausnimmt, die in zwei Wochen in Kraft treten sollen, hat nichts mit der Wertschätzung oder Schonung benachbarter Staaten zu tun, sondern folgt einem klaren Kalkül. Einerseits hat Trump damit ein Druckmittel bei der von ihm angestrebten Neuverhandlung des Vertrags über die Freihandelszone NAFTA. Andererseits kommt auch er nicht daran vorbei, dass Kanada mit Abstand der größte Stahllieferant der USA ist und Mexiko an vierter Stelle steht. Beide wären nicht so ohne Weiteres zu ersetzen. Und eine Verteuerung der Importe um ein Viertel würde die verarbeitende Industrie in den USA massiv treffen. Allein deshalb lässt sich Trump auch noch die Hintertür offen, mit "befreundeten Staaten" über Ausnahmen von den Strafzöllen zu verhandeln. Schließlich gehe es ihm nur um Fairness.

Wo Trump Freunde und Feinde ortet, ist aus seinem Verhalten allerdings nicht zu erkennen. Nicht einmal für einen, der ein Meister des Zwischen-den-Zeilen-Lesens ist. EZB-Präsident Mario Draghi, ein bis an die Grenze des Erträglichen beherrschter Mann, wenn es um klare Aussagen geht, fand zu Trump diese Woche überraschend deutliche Worte: "Wenn man Zölle über seine Verbündeten verhängt, stellt sich die Frage, wer sind dann die Feinde?"

Für Trump sind es offenbar alle, die zum Defizit im US-Außenhandel beitragen. Es ist nun an ihnen, auf die Zölle angemessen zu reagieren. Nicht mit einem Kotau, sondern selbstbewusst, aus einer Position der Stärke. Eine andere Sprache versteht Trump nicht. Wer sich vor ihm kleinmacht, über den walzt er hinweg. Man muss ihm klarmachen, dass die US-Wirtschaft auf Importe von Stahl und Aluminium angewiesen ist. Mit den Wild-West-Methoden des US-Immobiliengeschäfts, die Trump in die politische Arena getragen hat, können seine Partner in aller Welt noch nicht umgehen. Sie werden es lernen müssen, denn Trump wird sich nicht ändern. Das Gute ist, dass er in seiner erratisch wirkenden Politik erstaunlich berechenbar ist. Wer mit dem Schlimmsten rechnet, liegt in der Regel richtig.