Offiziell will die EU ja keinen Plan B für den Ausstieg der Briten vorbereitet haben. Die schnellen Reaktionen nach dem Brexit-Votum lassen allerdings auf das Gegenteil schließen. Schon am Wochenende kündigte der Rat die Einrichtung einer Taskforce an, die für die EU-Seite die Verhandlungen zum Ausstieg der Briten führen soll. Auch der Leiter dieser Arbeitsgruppe musste nicht lange gesucht werden.
Es ist der Belgier Didier Seeuws.
Seeuws ist in internationalen Kreisen alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Der 50-Jährige bewegt sich seit 1991 auf dem diplomatischen Parkett, zu Beginn seiner Karriere war er in Washington beschäftigt. Später agierte er in seinem Heimatland als Sprecher des damaligen Außenministers Louis Michel und des Premierministers Guy Verhofstadt, der heute als Abgeordneter und Vorsitzender der Liberalen im Europäischen Parlament sitzt.
Seeuws war mehrere Jahre lang stellvertretender Ständiger Vertreter seines Landes bei der Europäischen Union und landete schließlich im Kabinett des ersten EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy.
Diplomatisches Geschick, Erfahrung mit komplizierten Verhandlungen und eine gute Gabe, seine Spielräume auszuloten, werden dem Flamen nachgesagt. Der britische "Guardian" bezeichnete ihn in einem Bericht am Wochenende gar als "Veteranen" unter den belgischen Diplomaten. Seeuws soll aber auch das technische Verständnis mitbringen, das bei den schwierigen Verhandlungen mit den Briten gefragt sein wird. Er war zuletzt Direktor für Energie- und Verkehrsfragen im Rat und ist daher neben den diplomatischen auch mit den technischen Prozessen vertraut.
Die Aufgabe der Taskforce wird es sein, den Fahrplan für die Austrittsverhandlungen zu organisieren und letztlich auch die Gespräche hinter den Kulissen für die Mitgliedsstaaten zu führen. Solche Arbeitsgruppen, hieß es am Sonntag aus Ratskreisen, würden auch in mehreren EU-Hauptstädten bereits eingerichtet werden. Sie sollen eine Art Inventur über die Konsequenzen machen, die durch den Brexit erwartet werden.
Als erstes EU-Land hatte schon eine Woche vor dem Brexit-Referendum Belgien ganz offiziell die Einrichtung einer eigenen Arbeitsgruppe verkündet. Die Belgier pflegen sehr intensive Handelsbeziehungen zu Großbritannien, man sei unter jenen Ländern, die ein Brexit am härtesten treffen würde, hieß es aus dem Handelsministerium. Besondere Sorgen bereitet der flämische Teil des Landes, der laut eigenen Angaben nach den Iren überhaupt die stärksten Beziehungen zur britischen Wirtschaft hat. Am stärksten betroffen ist in Belgien die Lebensmittelindustrie.