360 Menschen sind vor etwas mehr als einem Jahr vor der italienischen Insel Lampedusa gestorben. Als erste Reaktion auf die Flüchtlingstragödie wurde die italienische Militäroperation Mare Nostrum ins Leben gerufen - als kurzfristige Notfallmaßnahme. Seit knapp einem Jahr patrouillieren die Schiffe im Mittelmeer, auch hundert Meilen von der Küste entfernt. Ihre Aufgabe: Die Sicherung der Grenzen und die Rettung von Flüchtlingen.
Seit dem 1. November gibt es Verstärkung für die Italiener: die EU-Mission Triton. De facto - auch wenn die Kommission von dieser Bezeichnung beharrlich Abstand nimmt - ist Triton aber weniger Verstärkung, als Ersatz für Mare Nostrum. Die Boote patrouillieren im italienischen Gewässer zwölf Kilometer vor der Küste und noch 18 Meilen darüber hinaus im internationalen Gewässer. Das Aus für die italienische Mission Mare Nostrum bedeute den Start von Triton aber nicht automatisch, wiederholten die Sprecher der Kommission in der vergangenen Woche unermüdlich. Mare Nostrum sei eine italienische Militäroperation, Rom habe daher über ihre Zukunft zu entscheiden. Und die dortige Regierung hat entschieden. Bereits im August kündigte Italien an, die Rettungsmission zu beenden, wenn Triton in Kraft tritt. Zwei Wochen sollen die Schiffe nun noch parallel im Einsatz sein.
Die Regierung in Rom erspart sich damit eine Menge Geld. 2,9 Millionen Euro wird Triton pro Monat kosten - nur ein Drittel von dem, was die italienische Operation verschlungen hat. Weniger Geld bedeutet in diesem Fall aber auch weniger Einsätze. Statt Hunderte Meilen vor der Küste werden die Schiffe nur mehr bis zu 30 Meilen hinausfahren. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Grenzschutz. Zur Rettung von Flüchtlingen, die in Seenot geraten, werden eigene Teams unterwegs sein.
Damit will man einem Vorwurf begegnen, der an Triton gerichtet war: Das System habe einen zusätzlichen Anreiz für Schlepper geboten. Diese wären seien mit nicht seetauglichen Booten unterwegs gewesen, in dem Wissen, dass Mare Nostrum zur Rettung bereit stehe und die Flüchtlinge aufnehme. Menschenrechtsorganisationen können diesem Argument nichts abgewinnen: Nur weil künftig weniger Schiffe im internationalen Gewässer patrouillierten, seien nicht weniger Flüchtlinge unterwegs. Es werden schlichtweg mehr Menschen auf der Flucht nach Europa sterben, befürchtet Amnesty International. Durch die italienische Militäroperation wurden in Summe mehr als 150.000 Menschen gerettet.
Fest steht jedenfalls: Weder Mare Nostrum noch Triton lösen das Flüchtlingsproblem grundsätzlich. Beide bekämpfen die Symptome, aber nicht die Ursachen: Die Probleme in jenen Regionen, aus denen die Menschen flüchten, und das Fehlen einer ernsthaften Migrationspolitik in der Europäischen Union.