Wut, Trauer und Schock nach den Anschlägen in Dänemark. Für ganz Europa stellt sich die Frage: Müssen wir mit der Terrorgefahr leben lernen? Frankreich tut es seit den Anschlägen auf "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt. Auch in Belgien gilt nach vereitelten Anschlägen seit fast einem Monat die zweithöchste Terrorwarnstufe. Noch immer bewachen Soldaten neuralgische Punkte, vor allem in Antwerpen und Brüssel. Im EU-Viertel ist das Militär dauerhaft präsent, es gehört mittlerweile zum normalen Straßenbild.
Bis Montag soll das so bleiben. Dann wird entschieden, ob die Terrorwarnung um eine Stufe vermindert wird. Entscheidend dafür wird sein, ob die Behörden weiter von einer akuten Terrorgefahr ausgehen. Aber was kann sich geändert haben? Belgien ist auch einen Monat später noch das Land, aus dem prozentuell die meisten Radikalisierten in den Krieg nach Syrien oder in den Irak ziehen. Die grundlegenden Probleme in der Gesellschaft haben sich nicht geändert. Eine Gruppe der Bevölkerung, vornehmlich mit Migrationshintergrund, hat weniger Chancen, wirtschaftlich und sozial aufzusteigen. Ändert sich an ihrer Situation nichts, bleiben sie leichte Beute für Radikale. Dem Terror ist nicht mit einfachen Mitteln beizukommen. Polizeipräsenz kann im besten Fall noch Schlimmeres verhindern. Und sie kann keine Dauerlösung sein. Das wird in Belgien deutlich: Schon in den ersten beiden Wochen hat die Militärpräsenz ein Loch in die ohnehin dürftige Staatskasse gerissen. Mehr als eine halbe Million Euro kostete der Einsatz, so die Antwort des belgischen Innenministers Jan Jambon auf eine entsprechende parlamentarische Anfrage. 300 Soldaten sind rund um die Uhr im Einsatz.
So viel die Sicherheitsbehörden aber auch investieren - gegen kurzentschlossene Einzeltäter sind sie im Grunde machtlos, sie können den Schaden nur begrenzen. In diesem Sinne müssen wir tatsächlich lernen, mit der Terrorgefahr zu leben. Wir müssen aber vor allem klären, wie wir damit leben wollen.
"Niemand soll damit davonkommen, die offene, freie und demokratische Gesellschaft anzugreifen", sagt die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt. Damit zeichnet sie das Spannungsfeld auf, in dem sich die Diskussion bewegt. Schutz vor Terroristen und strafrechtliche Verfolgung von Terroristen muss es geben. Aber es muss der Schutz einer offenen Gesellschaft bleiben, die sich nicht der eigenen Freiheit beraubt. Eine Gratwanderung für die Politik, die ihre Strategie erst finden muss. Bei der Anti-Terror-Konferenz heute, Mittwoch, in Washington genauso wie in der EU-Kommission, wo bis zum Frühjahr eine europäische Sicherheitsstrategie erarbeitet wird.