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Italien hat sich diesen "Quatsch" erspart

Zwei Wochen nach dem niederländischen Referendum sind dessen Folgen weiter unklar. Die Regierung spielt auf Zeit.

Stephanie Pack-Homolka

In Italien ist ein Referendum über Ölbohrungen wegen zu geringer Wahlbeteiligung gescheitert - zur Erleichterung von Matteo Renzi. Der italienische Premier hatte die Abstimmung als "völligen Quatsch" bezeichnet. Ein Reflex, der derzeit häufig auftritt, wenn es zu Referenden kommt. Besonders dann, wenn die Bürger über europäische Belange abstimmen. Nach dem "Nee" der Niederländer zum EU-Abkommen mit der Ukraine wurde das besonders deutlich. Am schärfsten formulierte es der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn: Referenden würden die EU "kaputt" machen.

Seine Argumentation ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Referenden eigneten sich nur bedingt zur Beantwortung komplexer Fragen, erläutert Asselborn. Das gilt sicher für den Assoziierungsvertrag der EU mit der Ukraine, aber auch für das griechische Hilfsprogramm oder Befragungen zum Freihandelsabkommen mit den USA, wie sie Gegner ankündigen.

Das Referendum in den Niederlanden ist ein Paradebeispiel, wie Referenden den Regierungen entgleiten und am Thema vorbeigehen können. Die Bürger wurden zu einem Vertrag befragt, der komplex und sehr technisch ist. Von Zollbeschränkungen bis zum Abbau von Handelshemmnissen haben Experten der Regierungen und der EU-Kommission verhandelt - nach einem politischen Grundsatzbeschluss.

Viele Bürger vertrauen aber offenbar nicht mehr darauf, dass diese Dinge in ihrem Interesse verhandelt werden. Das Ergebnis des Referendums spiegelt in erster Linie das Misstrauen gegenüber den Regierenden - auf nationaler und europäischer Ebene. Um die eigentlichen Inhalte geht es dabei nur am Rande. Die niederländische Regierung hatte wohlgemerkt auch wenig zur Aufklärung beigetragen, sie überließ den Euroskeptikern über weite Strecken das Feld. Mit dem Ergebnis hadert sie nun umso mehr.

Zwei Wochen nach dem Referendum sind die Konsequenzen weiterhin unklar, das Ergebnis ist ja nicht bindend. Im niederländischen Parlament kündigte Premier Mark Rutte an, ein Beschluss werde nicht vor dem Sommer fallen - und damit nach dem britischen Referendum.

Sollte die Regierung nur kosmetische Änderungen am Vertrag mit der Ukraine anstreben, was zu erwarten ist, könnte das den EU-Kritikern in Großbritannien Auftrieb geben. Frei nach dem Motto: Die EU macht, was sie will, egal wie die Bürger entscheiden.

In den Niederlanden haben übrigens 61 Prozent gegen den Vertrag mit der Ukraine entschieden, bei einer Wahlbeteiligung von 32 Prozent. Insgesamt also nur 18 Prozent der Wahlberechtigten. In den Niederlanden führt das nun zu Debatten, ob die Regeln für Referenden nicht überarbeitet werden sollten.