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Kann denn Investieren Sünde sein?

Die EU will sich nach dem Brexit-Referendum reformieren. Auch der Ruf nach einer Trendwende in der Sparpolitik wird lauter.

Stephanie Pack-Homolka

Mitgefangen, mitgehangen. Wie schnell einzelne Länder zu einem Risiko für die ganze Eurozone werden können, haben nicht nur die Griechen dem gemeinsamen Währungsraum vor Augen geführt. Um das Risiko abzufedern, hatten sich die Länder ursprünglich gemeinsamen Regeln für eine disziplinierte Führung ihrer Haushalte verschrieben.

Allein sie halten sich nicht daran.

Das Problem ist nicht neu. Lange vor der Krise haben schon 2003 die beiden großen Länder Deutschland und Frankreich damit begonnen, den Stabilitätspakt zu brechen. Seither werden die Regeln gedehnt, soweit es geht, und manchmal noch darüber hinaus.

Portugal und Spanien sind jene beiden Länder, die von der EU-Kommission derzeit unter besonderer Beobachtung stehen. Sie halten sich seit geraumer Zeit nicht an den Pakt, eigentlich wurde schon bei der jüngsten Überprüfung mit einer Strafe für die Budgetsünder gerechnet. Aber die EU-Kommission hatte anders entschieden. Oder vielmehr: ihr Präsident Jean-Claude Juncker. Gegen den Willen seiner Kommissare, dafür ganz im Sinne seiner politischen Agenda urteilte Juncker einmal mehr nicht nach Regeln, sondern nach seiner politischen Einschätzung. Nach der bekamen Portugal und Spanien einen Aufschub, im Juli muss nun über die Strafe entschieden werden.

Bislang wurde diese laxe Vorgehensweise vor allem kritisiert. Jeroen Dijsselbloem, der Chef der Eurogruppe, warnte kürzlich, "am Ende drücken wir überall ein Auge zu und haben eine blinde Währungsunion".

Traditionell gegen eine sanfte Auslegung des Stabilitätspakts ist auch Deutschland. Am vergangenen Wochenende meldete sich von dort aber eine laute Gegenstimme zu Wort: SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel plädierte dafür, mit staatlichen Investitionen für Wachstum zu sorgen, die Länder sollten künftig weniger sparen. Dazu müsse der Stabilitäts- und Wachstumspakt flexibler gestaltet und am besten ganz überarbeitet werden, meinte Gabriel.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erteilte Gabriel postwendend eine Absage. Er spricht sich gegen jede weitere Aufweichung des Stabilitätspakts aus. Auf Regierungslinie sei Gabriel damit nicht, meinte zudem ein Sprecher. Er verwies darauf, dass die Staats- und Regierungschefs der EU bereits diskutieren, welche Schwerpunkte für die Zukunft in der EU gesetzt werden sollen.

Strenge Haushaltsdisziplin oder flexiblere Regeln, das wird dabei sicher einer der härtesten Diskussionspunkte werden. Rückendeckung hat Schäuble mit seiner Linie dabei vor allem von den Niederlanden. Die Briten fehlen den Deutschen hier nicht, schließlich handelt es sich ohnehin um ein Problem der Eurozone.