Keine Verhandlungen, bis Großbritannien nicht den berühmten Artikel 50 zum EU-Austritt aktiviert hat. Die übrigen 27 EU-Länder, die EU-Kommission, Europaparlament und der Ratspräsident wollen diesen Ansatz konsequent durchziehen. Damit bleiben nicht nur Fragen zum Brexit und der künftigen Beziehung zwischen der EU und Großbritannien bis auf Weiteres unbeantwortet, auch ganz praktische Probleme harren einer Lösung.
In der zweiten Hälfte 2017 würde Großbritannien planmäßig den Vorsitz im Rat übernehmen. Nun ist es unwahrscheinlich, dass die Briten das Steuer übernehmen werden, wenn sie schon mit einem Bein aus der Union ausgetreten sind. Offiziell mitgeteilt haben sie die Absage noch nicht. Das geht laut dem Prozedere ja erst, wenn Artikel 50 aktiviert ist.
Hinter den Kulissen wird dennoch an einem Plan B gefeilt. Immerhin bedeutet die EU-Ratspräsidentschaft neben der inhaltlichen Vorbereitung auch einen logistischen Aufwand für das jeweilige Land. Informelle Ministertreffen finden dort statt, Konferenzräume und Unterbringungsmöglichkeiten für die Teilnehmer wollen organisiert sein.
Der Plan für die EU-Ratspräsidentschaften steht derzeit bis Ende 2020. Um das Loch, das die Briten in den Kalender reißen, zu stopfen, könnten also einfach alle danach kommenden Präsidentschaften vorverlegt werden. Mit den betroffenen Ländern gab es bereits informelle Gespräche, darunter auch mit Österreich.
Österreich ist von einer Vorverlegung allerdings wenig begeistert. Statt im ersten Halbjahr 2019 wäre man im zweiten Halbjahr 2018 an der Reihe und damit in der Zeit um die Nationalratswahl. Wahlkampf und Regierungswechsel sind freilich weder ein idealer Rahmen für die Präsidentschaft noch würden in dieser Zeit die notwendigen personellen Ressourcen zur Verfügung stehen, um die Präsidentschaft entsprechend durchzuführen. In dieselbe Lage wie Österreich käme übrigens auch Finnland, das planmäßig im ersten Halbjahr 2020 den Vorsitz im Rat übernehmen soll.
Zeitlich noch unmittelbarer betroffen sind die Esten und Bulgaren, die direkt nach den Briten im derzeitigen Kalender folgen. Eine Vorverlegung bereitet vor allem Bulgarien Sorgen. In Sofia muss erst das Konferenzzentrum renoviert werden, bevor Treffen im Rahmen der Ratspräsidentschaft stattfinden können.
Kurzfristig war nun sogar im Gespräch, die Präsidentschaften von Malta oder Estland, die vor und nach den Briten dran sind, auf ein Jahr auszudehnen. Wegen der kleinen Administrationen der Länder ist das aber kaum möglich. Der jüngste Plan: Ein ganz anderes Land könnte einspringen. Im Gespräch ist Belgien, wo zumindest die Infrastruktur vorhanden ist.