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Mit den besten Empfehlungen aus Brüssel

Die EU-Kommission verteilt heute ihre alljährlichen politischen Ratschläge an die Länder. Nicht alle nehmen sich diese zu Herzen.

Stephanie Pack-Homolka

Ende April ist im österreichischen Parlament eine schriftliche Anfrage eingegangen. Sie stammt vom Neos-Abgeordneten Gerald Loacker und betrifft die "länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission". Loacker will vom Sozialminister unter anderem wissen, ob die EU-Empfehlungen zur Reform des Pensionssystems umgesetzt werden. Verpflichtend ist das für die Länder nämlich nicht.

Die Antwort steht aus, aber so viel lässt sich sagen: Hundertprozentig hat sich Österreich die Ratschläge aus Brüssel bisher nicht zu Herzen genommen. Etwa, wenn es um die empfohlene Angleichung des Pensionsantrittsalters von Frauen geht. Österreich steht mit seiner Unfolgsamkeit allerdings nicht allein da. Die Angaben darüber, wie viele Empfehlungen der Kommission umgesetzt werden, gehen auseinander. Im EU-Parlament spricht man von lediglich zehn bis 15 Prozent, in der Kommission von 20 bis 30 Prozent. Dazu kämen etwa
40 Prozent, die teilweise beherzigt würden.

Marc Fähndrich von der Vertretung der EU-Kommission in Österreich hält die länderspezifischen Empfehlungen in jedem Fall für wirksam, auch wenn ihre Umsetzung nicht verpflichtend ist. Notwendige Reformen blieben in der Diskussion und würden öfter angepackt, es gebe ein grundsätzliches Verständnis der Mitgliedsstaaten für den Reformbedarf.

Warum die Empfehlungen dann nicht verpflichtend machen? Vor allem, weil sie oft Themen betreffen, die nicht in die Zuständigkeit der EU fallen, wie das Sozialsystem. Die Kommission kann nur Empfehlungen geben.

Sozial- und Pensionssystem, Organisation des Arbeitsmarkts oder der Aufwand für die Verwaltung wirken sich aber auf einen Punkt aus, in dem die EU wohl mitzureden hat: die nationalen Haushalte. Die Vorschriften in diesem Bereich wurden als Reaktion auf die Finanz- und Schuldenkrise verschärft. Begriffe wie Sixpack, Twopack und das Europäische Semester finden sich seither im Repertoire der EU. Während Sixpack und Twopack Gesetzesbündel benennen, ist das Europäische Semester der politische Kalender für die Überwachung der Haushaltspolitik. Es beginnt mit dem Wachstumsbericht der Kommission und endet mit der Kontrolle der Budgetpläne der Euroländer. Dazwischen liegen unter anderem die länderspezifischen Empfehlungen.

Ratschläge, die man erst im schlechtesten Fall wirklich annehmen muss: Wenn mit dem Loch im Budget auch der Reformdruck wächst.