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Wer die Briten am meisten vermissen würde

Tritt Großbritannien aus der EU aus, verliert so mancher einen Verbündeten.

Stephanie Pack-Homolka

Was würde der Brexit kosten? Berechnungen zum wirtschaftlichen Schaden gibt es zwei Monate vor dem britischen Referendum über den EU-Austritt viele. Der politische Verlust ist weit schwieriger zu schätzen. Die Organisation VoteWatch hat es trotzdem versucht und das Abstimmungsverhalten der Briten sowohl im Rat als auch im Europaparlament analysiert. Das Ergebnis zeigt, wie viel Einfluss die Briten generell auf die europäische Politik nehmen und wie sie traditionell abstimmen.

Im Rat käme demnach vor allem den nördlichen EU-Ländern ein wichtiger Verbündeter abhanden. Die meiste Gemeinsamkeit bei den Abstimmungen haben die Briten mit den Schweden, Dänen und Niederländern. Am seltensten haben die Deutschen und Österreicher so wie die Briten gestimmt, aber auch hier liegen die Übereinstimmungen bei mehr als 80 Prozent - im Rat wird schließlich am liebsten im Konsens entschieden.

Einstimmigkeit gibt es aber nicht immer. Gehen die Meinungen auseinander, steht Großbritannien nicht selten auf der Seite der Minderheit. Als konträr zur EU-Position sieht VoteWatch die britische Position vor allem bei Budgetfragen und außenpolitischen Angelegenheiten. Weniger Ausscherer gibt es beim EU-Binnenmarkt. Den will das Königreich bekanntlich vorantreiben, was sich auch am Abstimmungsverhalten der britischen Abgeordneten im Europaparlament zeigt.

Ein Vorschlag der EU-Kommission zum Abbau von bürokratischen Hürden für Unternehmen hätte ohne die Briten beispielsweise keine so deutliche Mehrheit bekommen. Gleiches gilt für den Urheberrechtsschutz in Europa. Generell würden britische Abgeordnete oft wichtige Positionen einnehmen, heißt es im Bericht von VoteWatch. Sie stellten Vizepräsidenten des Parlaments und Berichterstatter für wichtige Dossiers. Allerdings sind vergleichsweise wenige Abgeordnete in den dominanten Fraktionen des Parlaments vertreten. Und selbst wenn sie einer solchen angehören, stimmen sie oft gegen die Mehrheit ihrer Kollegen.

Mit den Briten käme nicht zuletzt den Befürwortern von Atomkraft ein Verbündeter abhanden. Zumindest das wäre für Österreich allerdings ein verkraftbarer Verlust.