Zum Auftakt gibt's einen Käsewürfel. Der wird mit einem breiten Lächeln jedem Gast entgegengestreckt, der die Schaukäserei in Affoltern betritt. Auf dem Gelände, wo seit 1950 die Bauern von den umliegenden Höfen die Milch ihrer Kühe in die alte Dorfkäserei gebracht haben, liegt heute fast ein kleines Dorf im Dorf: eine Schaukäserei, seit 1990, mit Laden und Restaurant, daneben eine Bäckerei und ein original erhaltenes "Stöckli", ein typisches Schweizer Austraghaus aus dem Jahre 1741.
Der Fluss Emme hat der Region ihren Namen gegeben, der Emmentaler als Käse wird im 16. Jahrhundert erstmals erwähnt.

Ein Ringelspiel von Filzkuh, Maus und Milchfrau über einem großen Kupferkessel heißt auch die kleinen Besucher willkommen, die drei geleiten die Gäste durch den "Königsweg", wie der Rundgang durch die Schaukäserei genannt wird. Und gleich erfährt man auch, dass das mit den Käsereien noch eine junge Angelegenheit ist. Bis zum Jahr 1815 macht jeder Bauer mit der Milch seiner Kühe seinen eigenen Käse. Bis Rudolf Emanuel Effinger, ein verdienter Soldat und Amtsrat aus Bern, die erste Talkäserei in Kiesen gründet.
Erst mit Skepsis betrachtet, nicht nur von den Bauern, sondern auch von ihren Frauen. Die Milch weggeben? Na, ob das gut geht … Doch die Käserei ist ein Erfolg, beheizte Berg-Reifekeller werden gebaut, die Käselaibe immer größer. Erst bis zu 75, dann bis zu 120 Kilogramm. Der Käse hatte eine dicke Rinde und ließ sich gut rollen. So nahmen die ortsansässigen Tuch- und Leinenhändler den Emmentaler in ihre Exportartikel auf.
Strenge Qualitätskriterien
Durch wirtschaftlich schwierige Zeiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und eine Emigrationswelle gelangt der Schweizer Käse bis nach Amerika. Auf den grünen Hügeln daheim achtet man derweil streng auf Qualität, setzt Kriterien, über die die Käseunion bis 1990 wacht. Auch heute noch wird die Milch für einen ursprungsgeschützten Emmentalerkäse maximal 20 Kilometer bis zu einer der 104 Dorfkäsereien transportiert. Und davon wird eine ganze Menge gebraucht: Für einen 100-Kilo-Laib werden 1200 Liter Rohmilch verarbeitet. Die erste Reifung erfolgt, so erzählt die Stimme der virtuellen Milchfrau, bei 22 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit, manche werden in Höhlen bei zwölf Grad nachgereift. Ein gut gereifter Emmentaler ist übrigens laktosefrei.
Johannes Sommer ist bereits in der wohlverdienten Pension. Er war jahrzehntelang Käser in Affoltern. "Heute heißt das Milchtechniker", sagt er und schmunzelt. Wenn kleine Gruppen kommen, lässt er sich im Untergeschoß des Stöcklihauses beim Käsen zusehen.

In einem großen Kupferkessel - "immer noch das Beste zum Käsen" - kommt Lab in die angewärmte Rohmilch, und bald, so können sich die Zuseher überzeugen, wird die Masse immer dicker. Eine letzte Probe und schon fährt Johannes Sommer mit seiner "Harfe" kreuz und quer durch die gestockte Milch, so lange, bis reisgroße Kügelchen auf der Probierschaufel zu sehen sind. Dann wird abgeschöpft, in Form gepresst und gewartet, bis die Molke abgetropft ist. Den fertigen Frischkäse gibt's mit nach Hause.
So entstehen die Löcher
Bleibt nur noch die Frage, woher die Löcher kommen? Bei der Fermentierung bildete sich durch winzige Heupartikel in der Milch Kohlendioxid. Das kann im Käselaib nicht entweichen und bildet daher Blasen - die späteren Löcher. Heute, unter strengster Hygiene, wird dafür eine kleine Menge Heustaub beigemengt. Wann der Käse nach 120 Tagen Mindestreifung fertig zum Schnabulieren ist, erkennt Käsemeister Sommer beim Abklopfen der Käselaibe: "Die Löcher müssen klingen wie eine Bassgeige."
Mittlerweile finden sich Nachahmer auf der ganzen Welt. Denn die Schweizer Käseunion hatte verabsäumt, vorsorglich den Namen schützen zu lassen. Der Emmentaler oder Emmental aus dem Supermarkt hat mit dem Schweizer Original bestenfalls die Löcher gemein. Nur, wo AOP draufsteht, schmeckt's wirklich nach dem Tal der Emme.

INFORMATION
Anreise:
Von Bern oder Luzern mit der Bahn nach Huttwil oder via Burgdorf nach Hasle-Rüegsau, www.sbb.ch, www.swiss-pass.ch/de/
Von dort mit dem BLS-Bus oder mit MyBuxi nach Affoltern-Dorf im Emmental. https://mybuxi.ch
Emmentaler Schaukäserei, Affoltern im Emmental, der Rundgang "Königsweg" dauert ungefähr 30 Minuten und ist täglich geöffnet.
Käseladen, täglich geöffnet 9-17 Uhr
www.e-sk.ch
Brot zum Käse: Der Mätteli-Beck gleich neben der Schaukäserei, typisch schweizerische Bäckerei und Konditorei, durchgehend geöffnet, Montag Ruhetag.
Schaukäsen mit Frischkäse zum Mitnehmen, ca. 1 Stunde, gegen Voranmeldung.
Mehr Info: www.myswitzerland.com