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Steirerkas: viel Arbeit und frühes Aufstehen

Es ist ein arbeitsreicher Sommer, den Marianne Gruber jedes Jahr auf der Ritzingerhütte erlebt. Doch den Alltag rund um Gäste, Kühe und den Steirerkas genießt die Ennstalerin in vollen Zügen.

Seit 20 Jahren verbringt Marianne Gruber ihre Sommer auf der Alm.
Seit 20 Jahren verbringt Marianne Gruber ihre Sommer auf der Alm.
„Hier oben auf der Hütte lebe ich im Einklang mit der Natur.“ Marianne Gruber, Bäuerin
„Hier oben auf der Hütte lebe ich im Einklang mit der Natur.“ Marianne Gruber, Bäuerin

Morgens mit der Sonne aufstehen und ins Bett gehen, wenn sie wieder untergeht. Bergwiesen und Wälder, sobald man das Hüttentor öffnet, und die Kühe, die friedlich grasen. Die schönste Zeit im Jahr ist für Marianne Gruber von Juni bis Oktober. Denn dann ist die Landwirtin, die gemeinsam mit ihrem Mann den Ritzingerhof im steirischen Ennstal führt, wieder oben auf der dazugehörigen Ritzingerhütte. "Das ist ein ganz anderes Leben da oben. Es gibt keinen Fernseher, die ganze Welt bleibt draußen", erzählt die Landwirtin, "stattdessen lebe ich mit den Kühen, kümmere mich um die Wanderer und Radlfahrer, die vorbeikommen, und fühle mich eins mit der Natur." Es ist ein arbeitsamer und intensiver Alltag, der Gruber auf der Ritzingerhütte erwartet. Neben der Bewirtung der Hüttengäste steht ein großer Punkt auf dem Programm: der bröslige und kräftig-pikante Steirerkas. Eine Spezialität der Steiermark, die auch über die Grenzen des Bundeslandes hinaus gern gegessen wird.

Der Tag beginnt früh

Bereits um halb fünf Uhr morgens klingelt der Wecker. Gemeinsam mit einer Praktikantin macht sich Gruber auf zum Stall, das Käsen steht an. Nach dem Melken gießt sie die Milch dafür in eine Zentrifuge, die Rahm und Magermilch voneinander trennt. Die Magermilch säuert sie in Folge an, erhitzt sie im Käsekessel und schöpft den aufsteigenden Topfen in einem Leinentuch auf. Nachdem sie ihn ausgepresst hat, gibt die Sennerin den Topfen für einen Tag in eine Form, bevor sie ihn schließlich sechs Wochen lang zum Käse reifen lässt. Einen Käse à drei Kilogramm kann Gruber an einem Tag herstellen und braucht dafür etwa drei Stunden. Sie folgt dabei einer langen Tradition. "Die Methode, Käse aus gesäuerter Sauermilch herzustellen, gab es in unserer Gegend schon in der vorrömischen Zeit", berichtet Gruber. Beurkundet sei auch, dass 1434 die Zinsabgabe der Region in Form von Steirerkas geleistet wurde. "Der große Vorteil von Käse aus saurer Magermilch ist der, dass er länger hält. Außerdem ist er vergleichsweise leicht, sodass auch Frauen die Käseherstellung bewältigen könnten - und es waren ja zumeist Frauen, die auf den Almen gearbeitet haben."

Tagesablauf einer Sennerin

Einen Teil der frisch hergestellten Milchprodukte kann die Sennerin gleich für den nächsten Programmpunkt gebrauchen: das Frühstück sowie die Brettljausn und Gerichte für die Gäste. Besonders beliebt sind die Steirerkrapfen, typisch für die Region Ennstal: Der Teig aus Mehl und Milch wird für ihn in heißem Schmalz herausgebacken und mit Steirerkas gefüllt. "Wir kochen den ganzen Tag, am Nachmittag kommen dann die Radlfahrer zum Übernachten", berichtet Gruber. Bettwäsche wechseln und Putzen stehen am späteren Nachmittag auf dem Plan. Um 17 Uhr geht es wieder zurück in den Stall, um nach den Kühen zu sehen, als letzter Punkt des Tages folgt schließlich das Abendessen. "Da setzen wir uns gemütlich mit den Radlfahrern zusammen. Das ist dann ein schöner Abschluss von einem langen Tag."

Die bröselige Konsistenz ist typisch für den Steirerkas.
Die bröselige Konsistenz ist typisch für den Steirerkas.

Nicht nur die Nähe zu den Gästen gefällt Gruber. Auch schätzt sie den täglichen Umgang mit ihren Tieren. Zwei Milchkühe und 30 Jungtiere dürfen jedes Jahr mit auf die Alm. "Für mehr haben wir hier oben leider keinen Platz", sagt Gruber, "wir wählen sorgfältig aus, wer mitdarf: Es müssen brave Kühe sein, die nicht zu rasch nervös werden." Weil sich die Kühe am Grasbuffet der Wiesen bedienen, fällt das Füttern weg. "Die Milchkühe müssen wir nur melken, dem Jungvieh geben wir zusätzlich zwei Mal die Woche Salz." Wichtig ist Gruber der persönliche Kontakt zu den Tieren. "Ich rede jeden Tag mit ihnen, schaue, ob es ihnen gut geht. Jede Kuh hat einen Namen und wenn ich sie rufe, kommen sie sofort zu mir. Ich habe meine Kühe sehr gern."

Die Ritzingerhütte blickt auf eine lange Geschichte zurück. Sie ist eine von mehreren Hütten, die den Höfen im Ennstal zugeordnet sind. "Wir sind ein Dorf mit acht Bauern und traditionell hat jeder eine Hütte für den Sommer", erzählt Gruber, "die Ritzingerhütte gehört zu unserem Hof, dem Ritzingerhof, der seit vielen Jahrhunderten von unserer Familie geführt wird." Bis 1950 war die Ritzingerhütte bewirtschaftet, dann folgte eine längere Pause, in der die Familie nur das Jungvieh auf die Alm brachte. 1998 beschlossen dann Grubers Töchter, der Käserei oben am Berg neues Leben einzuhauchen. "Sie haben gesagt: Papa, gib uns zwei Kühe zur Milchverarbeitung, wir fahren auf die Alm. So haben sie dann vier Sommer während ihres Studiums verbracht." Als die Töchter im Anschluss heirateten und Familien gründeten, beschloss Marianne Gruber, die Hütte wieder zu bewirtschaften. "Damals kamen immer mehr Mountainbiker in die Region, es hat sich angeboten. Wir haben damals alles restauriert und renoviert. Und nun fahre ich schon seit 20 Jahren jeden Sommer auf die Alm."

Kasfest und Kasprinzessinnen

Die Stellung auf dem Hof im Tal halten in dieser Zeit Marianne Grubers Mann Matthias und ihr Sohn, dem der Ritzingerhof mittlerweile gehört. 30 Milchkühe und 40 Jungtiere halten die Grubers auf dem Hof, den sie schon immer biologisch bewirtschafteten, wie Marianne Gruber berichtet: "Das Tierwohl liegt uns sehr am Herzen."

Sennerinnen im Ennstal (Foto aus dem Jahr 1900).
Sennerinnen im Ennstal (Foto aus dem Jahr 1900).
 Tochter Birgit Gruber auf der Alm.
Tochter Birgit Gruber auf der Alm.

Auch im Tal spielt der Steirerkas eine große Rolle. "Wir haben jedes Jahr ein Kasfest, bei dem zwei Kasprinzessinnen gewählt werden. Sie präsentieren dann zwei Jahre lang den Ennstaler Steirerkas bei Veranstaltungen." Denn jede Region habe ihren eigenen Käse und der Ennstaler seine ganz eigene Note. "Er ist ein bisschen wie der Tiroler Graukäse. Der Unterschied ist: Sie essen ihn im frühreifen Stadium und wir im späten." Es seien einige Nachweise nötig gewesen, um den Ennstaler Steirerkas als regionale Delikatesse vonseiten der EU schützen zu lassen. "Mit Fotos und Urkunden konnten wir jedoch nachweisen: Ja, wir Bauern aus dem Ennstal stellen bereits seit Jahrhunderten unseren eigenen Steirerkas her."

Sie wollen mehr zu dem Thema erfahren? Dann lesen Sie weitere Artikel in der Beilage „Kulinarische Steiermark“ – ab 14. April kostenlos in der SN-App.

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