Morgens mit der Sonne aufstehen und ins Bett gehen, wenn sie wieder untergeht. Bergwiesen und Wälder, sobald man das Hüttentor öffnet, und die Kühe, die friedlich grasen. Die schönste Zeit im Jahr ist für Marianne Gruber von Juni bis Oktober. Denn dann ist die Landwirtin, die gemeinsam mit ihrem Mann den Ritzingerhof im steirischen Ennstal führt, wieder oben auf der dazugehörigen Ritzingerhütte. "Das ist ein ganz anderes Leben da oben. Es gibt keinen Fernseher, die ganze Welt bleibt draußen", erzählt die Landwirtin, "stattdessen lebe ich mit den Kühen, kümmere mich um die Wanderer und Radlfahrer, die vorbeikommen, und fühle mich eins mit der Natur." Es ist ein arbeitsamer und intensiver Alltag, der Gruber auf der Ritzingerhütte erwartet. Neben der Bewirtung der Hüttengäste steht ein großer Punkt auf dem Programm: der bröslige und kräftig-pikante Steirerkas. Eine Spezialität der Steiermark, die auch über die Grenzen des Bundeslandes hinaus gern gegessen wird.
Der Tag beginnt früh
Bereits um halb fünf Uhr morgens klingelt der Wecker. Gemeinsam mit einer Praktikantin macht sich Gruber auf zum Stall, das Käsen steht an. Nach dem Melken gießt sie die Milch dafür in eine Zentrifuge, die Rahm und Magermilch voneinander trennt. Die Magermilch säuert sie in Folge an, erhitzt sie im Käsekessel und schöpft den aufsteigenden Topfen in einem Leinentuch auf. Nachdem sie ihn ausgepresst hat, gibt die Sennerin den Topfen für einen Tag in eine Form, bevor sie ihn schließlich sechs Wochen lang zum Käse reifen lässt. Einen Käse à drei Kilogramm kann Gruber an einem Tag herstellen und braucht dafür etwa drei Stunden. Sie folgt dabei einer langen Tradition. "Die Methode, Käse aus gesäuerter Sauermilch herzustellen, gab es in unserer Gegend schon in der vorrömischen Zeit", berichtet Gruber. Beurkundet sei auch, dass 1434 die Zinsabgabe der Region in Form von Steirerkas geleistet wurde. "Der große Vorteil von Käse aus saurer Magermilch ist der, dass er länger hält. Außerdem ist er vergleichsweise leicht, sodass auch Frauen die Käseherstellung bewältigen könnten - und es waren ja zumeist Frauen, die auf den Almen gearbeitet haben."
Tagesablauf einer Sennerin
Einen Teil der frisch hergestellten Milchprodukte kann die Sennerin gleich für den nächsten Programmpunkt gebrauchen: das Frühstück sowie die Brettljausn und Gerichte für die Gäste. Besonders beliebt sind die Steirerkrapfen, typisch für die Region Ennstal: Der Teig aus Mehl und Milch wird für ihn in heißem Schmalz herausgebacken und mit Steirerkas gefüllt. "Wir kochen den ganzen Tag, am Nachmittag kommen dann die Radlfahrer zum Übernachten", berichtet Gruber. Bettwäsche wechseln und Putzen stehen am späteren Nachmittag auf dem Plan. Um 17 Uhr geht es wieder zurück in den Stall, um nach den Kühen zu sehen, als letzter Punkt des Tages folgt schließlich das Abendessen. "Da setzen wir uns gemütlich mit den Radlfahrern zusammen. Das ist dann ein schöner Abschluss von einem langen Tag."