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Ein Leben lang fit: Strategien gegen Sarkopenie und für mehr Lebensqualität

Sarkopenie, also Muskelarmut, ist ein typisches Problem im Alter 60 plus. Die Folgen sind verheerend - die Lösung dafür eigentlich einfach.

In Büchern und im Internet finden sich gute Anleitungen für ein Krafttraining für den ganzen Körper in den eigenen vier Wänden.
In Büchern und im Internet finden sich gute Anleitungen für ein Krafttraining für den ganzen Körper in den eigenen vier Wänden.
Sich mit anderen zusammenzutun, kann motivieren, beim regelmäßigen Kraft- und Ausdauertraining dabeizubleiben.
Sich mit anderen zusammenzutun, kann motivieren, beim regelmäßigen Kraft- und Ausdauertraining dabeizubleiben.

Dass körperliche Ertüchtigung in jedem Alter wichtig ist, hat sich herumgesprochen. Immer mehr Studien zeigen jedoch: Nicht nur Ausdauertraining à la Walken, Radfahren und Schwimmen für ein gesundes Herz-Kreislauf-System spielt eine Rolle, sondern auch gezieltes Krafttraining. Richard Crevenna, Facharzt und Professor für physikalische Medizin an der Medizinischen Universität Wien, über das sehr häufige Phänomen der Sarkopenie.

Was ist Sarkopenie genau? Richard Crevenna: Es handelt sich um eine altersassoziierte Erkrankung, die mit dem Verlust von Skelettmuskelmasse, sprich beispielsweise im Rumpf, in den Armen und Beinen, einhergeht. Dieser fortschreitende Verlust an Muskelmasse führt wiederum zu negativen Folgen für den Stoffwechsel, die Muskelkraft und allgemein die körperliche und physische Funktionalität. Menschen mit Sarkopenie nehmen immer weniger am Alltagsgeschehen teil, verlieren nach und nach ihre Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit, sind abhängig von der Hilfe von außen und haben ein deutlich erhöhtes Risiko für körperliche Behinderung, Stürze und Gebrechlichkeit. Die Sarkopenie wirkt dementsprechend tendenziell lebensverkürzend.

Ab welchem Alter steigt das Risiko für eine Sarkopenie? Erst ab einem Alter von 65 Jahren spricht man von einer Sarkopenie, davor nennt man den Schwund an Muskeln Myopenie. Tatsächlich ist es ja so, dass man ab 30 langsam abbaut und schon zu diesem Zeitpunkt dem entgegenwirken sollte. Und natürlich schon davor - Muskelaufbau und Muskelerhalt sollten Teil des Lebens von der Kindheit bis zum Alter sein. Es geht um fünf motorische Eigenschaften: Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Koordination und Schnelligkeit. Die Muskelmasse lässt sich als Indikator für eine gute Lebensqualität sowie einen gesunden Stoffwechsel und Hormonhaushalt heranziehen. Ab einem Alter von 60, 65 beschleunigt sich der Abbau des Körpers noch einmal, da beispielsweise der Spiegel an Geschlechts- und Wachstumshormonen sinkt, und dem ist unbedingt entgegenzusteuern.

"Es ist nie zu spät, mit dem Training zu beginnen."
Richard Crevenna
Facharzt für physikalische Medizin

Welche weiteren Faktoren sind Auslöser für eine Sarkopenie? Neben dem Alter, das den wesentlichsten Faktor darstellt, spielt auch die genetische Veranlagung eine Rolle, mehr oder weniger Muskelmasse aufzubauen bzw. zu verlieren. Der Lebensstil ist natürlich ebenfalls entscheidend. Es gilt bekanntermaßen: "Use it or lose it". Ein Mangel an Aktivität und Bewegung führt unausweichlich zu einer Sarkopenie. Auch ein Mangel an Nährstoffen, in erster Linie an Proteinen, eine generell verminderte Nahrungsaufnahme, Vitamin-D- und ähnliche Mängel erhöhen das Risiko. Chronische Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, chronische Herzinsuffizienz, chronische Niereninsuffizienz, COPD und Krebs spielen ebenso eine Rolle wie die Einnahme bestimmter Medikamente, zum Beispiel Glucocorticoide, Chemotherapeutika und Ozempic.

Welche Zusammenhänge gibt es mit Ozempic? Ozempic ist ja eigentlich ein Medikament, das zur Therapie von Diabetes mellitus Typ 2 entwickelt wurde. Es führt zu Gewichtsverlust und wird nun auch als "Abnehmspritze" eingesetzt, auch ohne Diabetes. Bei falschem Einsatz kann es nicht nur zum gewünschten Verlust an Fettmasse, sondern auch zu einem relevanten Verlust an Muskelmasse führen - mit allen bereits genannten Folgen. Dem sollte man unbedingt vorbeugen.

Was lässt sich gegen die Sarkopenie tun? Wenn Erkrankungen sowie hormonelle und metabolische Störungen vorhanden sind, müssen diese behandelt werden. Davon abgesehen hilft schlicht und ergreifend ein geeignetes Training. "Geeignet" bedeutet eine Kombination aus Krafttraining und Ausdauer, verbunden mit einer Trainingswirksamkeit. In höherem Alter ist es empfehlenswert und bei Problemen wie Hochdruck dringend erforderlich, sich vorab ärztlich untersuchen zu lassen. Expertinnen und Experten können für das Training beraten, damit die Belastungsreize, die gesetzt werden, auch greifen und zu einer Verbesserung führen. Es geht darum, an diesem Training das ganze Jahr über dranzubleiben und immer wieder den inneren Schweinehund zu überwinden. Dafür müssen mitunter Gewohnheiten im Alltag verändert werden, sodass das Training nicht nur kurz-, sondern langfristig beibehalten wird. Es ist wichtig, dass das Training Spaß macht. Die eine trainiert lieber allein, der andere gemeinsam mit anderen, vielleicht mit Musik oder lieber ohne.

Es gibt sehr viele gute und günstige Bücher für ein wirksames Kraft- und Ausdauertraining, ebenso finden sich im Internet zahlreiche sehr gute Anleitungen. ChatGPT Plus kann einem in kürzester Zeit ein geeignetes Trainingsprogramm zusammenstellen. Auch ist entscheidend, sich adäquat zu ernähren, hier sind Eiweißpräparate durchaus sinnvoll, um verzweigtkettige Aminosäuren in höheren Mengen zu sich zu nehmen. Das Wichtigste: Es ist nie zu spät, seinen Lebensstil zu verändern und mit dem Training zu beginnen. Gezieltes, regelmäßiges Training kann in jedem Alter die Lebensqualität deutlich erhöhen.