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Schule in Österreich: Wie steht es um das heimische Bildungssystem?

"Mehr Zeit, mehr Vertrauen, mehr Kommunikation": Der Bildungsklima-Index für 2025 besagt, dass es an Österreichs Schulen große Ausstattungs- und Qualitätsunterschiede gibt. Des Weiteren machen sich psychische Belastungen unter den Schülerinnen und Schülern immer mehr breit.

Das aktuelle Bild des österreichischen Bildungssystems gibt Anlass zur Sorge.
Das aktuelle Bild des österreichischen Bildungssystems gibt Anlass zur Sorge.

Die Zufriedenheit von heimischen Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften steht beim österreichischen Bildungsklima-Index (BKI) im Fokus - wo herrscht Verbesserungsbedarf im Unterricht und bei organisatorischen Rahmenbedingungen? Alle zwei Jahre wird dabei von der gemeinnützigen Mega-Bildungsstiftung erhoben, in welche Richtung sich das heimische Bildungssystem entwickelt. Befragt wurden dafür rund 2700 Personen in ganz Österreich.

Die Lage im Visier: das österreichische Bildungssystem stagniert im Mittelmaß

Die Ergebnisse sind laut Index-Urheber ernüchternd: Fest steht für alle drei Befragungsgruppen, dass das österreichische Bildungssystem stagniert und weiterhin im Mittelmaß und mit dem Schulnoten-Durchschnitt von "Befriedigend" (3,1) eingestuft wird. Im Vergleich zur Befragung von vor vier wie auch vor zwei Jahren zeichnet sich eine Verschlechterung ab. 2021 lag der Notendurchschnitt noch bei 2,8 - schaut man auf die Zahlen der letzten BKI-Erhebung (2023), verschlechterte sich der Zustand des gesamten Bildungssystems aus Sicht von Lernenden wie auch Lehrenden ebenfalls.

Das ist laut Andreas Ambros-Lechner, Vorstand des Mega-Bildungsvereins, erschreckend: "Die kontinuierliche Verschlechterung des Bildungsklima-Indexes aus Sicht der Schülerinnen und Schüler - und zuletzt von 2023 auf 2025 auch bei den Pädagoginnen und Pädagogen - ist besorgniserregend." Er verweist auf die Coronazeit: "Dies nicht zuletzt deswegen, da die ersten BKI-Erhebungen 2020/2021 noch im Umfeld der Covidpandemie stattfanden, die im Schulsystem für alle Beteiligten besondere Probleme und Belastungen mit sich brachte."

Im Kontrast dazu steht, dass Eltern denken, es habe in den letzten Jahren eine Verbesserung stattgefunden. Zurückzuführen ist dies vermutlich auf bessere Bedingungen bei der Nachmittagsbetreuung und eine steigende Relevanz des Faktors "Allgemeinbildung", die in österreichischen Schulen im Vergleich zu anderen Unterrichtsinhalten generell gute Werte erhält.

Nichtsdestotrotz haben sich laut Ambros-Lechner alte Probleme weiter verschärft: "Wir sehen, dass sich viele strukturelle Schwächen weiter verfestigen, statt behoben zu werden. Gerade dort, wo es um Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz, Wirtschaftswissen oder psychische Gesundheit geht, ist das Interesse, aber auch der Handlungsbedarf groß."

Psychische Belastungen im Schulalltag steigen

Die psychischen und sozialen Belastungen im Schulalltag werden immer größer - in diesem Punkt sind sich Lernende, Lehrpersonal und Eltern einig. An oberster Stelle der Belastungsfaktoren für Schülerinnen und Schüler stehen der Leistungsdruck und die Lernsituation zu Hause. Knapp ein Viertel der Jugendlichen bewertet die psychische Belastung im Schulumfeld als "sehr stark", neun Prozent als "stark". Die höchsten Belastungswerte werden in den berufsbildenden Schulen wahrgenommen. Des Weiteren berichten Lernende von fehlender emotionaler Unterstützung und einem angespannten Klassenklima. Eltern sorgen sich zunehmend um die psychische Gesundheit ihrer Kinder. Das gilt insbesondere in den Übergangsphasen in andere Schulen und Bildungsstufen.

Beim Blick auf das Lehrpersonal lässt sich festhalten, dass dieses Personalmangel, Zeitdruck und mangelnde Unterstützung als besonders belastend empfindet. Bei der Frage, wo zusätzliche finanzielle Mittel im Bildungssystem eingesetzt werden sollten, nennen über 50 Prozent der Lehrkräfte und Schulleitenden "weitere Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter" an erster Stelle.

Schulinfrastruktur vs. Unterrichtsqualität

"Die Schulgemeinschaft, Schulorganisation und -infrastruktur in Österreich wird von allen Befragungsgruppen besser bewertet als die inhaltliche Qualität des Unterrichts und der Wissensvermittlung. Die Schulinfrastruktur erhält ein glattes ‚Gut'", heißt es im BKI. Bei der Einteilung von Ferien und schulautonomen Tagen sowie beim Umgang mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunft oder nicht deutscher Muttersprache zeigen sich die größten Zufriedenheitswerte.

Die "allgemeine Ausstattung der Schule und Unterrichtsräume" und "Computer und IT-Ausstattung" befinden sich am Ende der Zufriedenheitsskala. Beide Bereiche werden von knapp einem Fünftel mit "Genügend" oder "Nicht genügend" bewertet. Dennoch finden 27 Prozent die IT-Ausstattung ihrer Schule sehr gut. Ambros-Lechner: "Diese Daten zeigen auf, dass es österreichweit sehr große Ausstattungs- und Qualitätsunterschiede bei der Schulinfrastruktur gibt und wir von Chancenfairness im Bildungssystem weit entfernt sind."

Genau bei jenen Lerninhalten, die von den Schülerinnen und Schülern für die Zukunft als besonders wichtig eingeschätzt werden, gibt es die größten Unzufriedenheiten beziehungsweise Verbesserungswünsche: Die schlechtesten Bewertungen aller Fächer und Unterrichtsthemen erhielten die Bereiche wirtschaftliche Bildung, digitale Kompetenz, künstliche Intelligenz und Berufsvorbereitung.

Lehrkräfte hingegen sehen den größten Verbesserungsbedarf aktuell insbesondere bei der Vermittlung von sozialen und kommunikativen Fähigkeiten.

Wie geht es in die Zukunft?

"Es braucht einen Fokus auf Zukunftsthemen und Vertrauen", so lautet das Fazit der Mega-Bildungsstiftung zum BKI 2025. Genauer: Zu den klaren Handlungsfeldern für Politik und Verwaltung gehören laut Erhebung Investitionen in die Ausbildung, Fortbildung und Supervision von Pädagoginnen und Pädagogen sowie eine verbindliche Integration wirtschaftlicher Bildung, digitaler Kompetenzen und psychischer Gesundheit in die Lehrpläne. Fokussiert werden sollte zudem die Förderung der Beziehungskultur an Schulen: "Mehr Zeit, mehr Kommunikation, mehr Vertrauen", lautet das Motto. Ebenso sollen Schulstandorte durch moderne Ausstattung und digitale Infrastruktur gestärkt und "21st Century Skills" gefördert werden. Dazu gehören allen voran kritisches Denken, Kooperation und Selbstorganisation.