Einst Startpunkt der Mille Miglia, punktet die Stadt heute mehr mit edlen Schaumweinen.
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Weingut Ronco Calino
Brescia war bisher den meisten wegen der Beretta-Waffenfabrik bekannt. Heuer zeigt die - gemeinsam mit Bergamo - "italienische Kulturhauptstadt 2023" ganz besonders auch ihre touristischen Reize. Es ist Herbst. Franciacorta-Zeit. Der lokale Schaumwein - nach der traditionellen "méthode champenoise" - wird in gerade einmal 20 Gemeinden südlich des Iseosees hergestellt.
Erster Stopp: das kleine, biozertifizierte Weingut Ronco Calino in Torbiato. Serena Bonomi liefert Besuchern die Eckdaten: "Zugelassen sind nur drei Rebsorten: Pinot Nero, Chardonnay und Pinot Bianco." Die Lese beginnt Mitte August und geschieht stets von Hand. "Wichtig ist, den Säuregehalt der Trauben zu bewahren, denn sie gibt dem Franciacorta die Frische." Ein gutes Bild, während sie ihre Gäste durch den auf 13 Grad gekühlten Keller führt.
Ziemlich heiß war es am Nachmittag davor auf der Piazza della Vittoria im Stadtzentrum. Auf diesem Platz wurde immer die Mille Miglia gestartet, jenes legendäre Autorennen, das von 1927 bis 1957 jährlich auf öffentlichen Straßen stattfand und von Brescia bis Rom und wieder zurück führte. Ein Klassiker - nicht nur für Oldtimer-Fans.
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Die mittelalterliche Burg von Brescia.
Nur einen Durchgang entfernt liegt die Piazza della Loggia, ein Symbol für die geballte weltliche Macht in Brescia, die von 1426 bis 1779 die Republik Venedig hier ausübte. Weiteres Highlight dieses Platzes ist die astronomische Uhr - die jener auf dem Markusplatz in Venedig ähnelt. Weil es kurz vor 14.30 Uhr ist, heißt es ruhig sein. Denn gleich werden Tone und Batista ihre Arbeit tun. Pünktlich schlagen die beiden Metallfiguren mit ihren Hämmern auf die Glocke - wie schon seit Jahrhunderten.
Zurück ins Weingut Ronco Calino: Auch der Franciacorta wird seit Jahrhunderten auf gleiche Art und Weise produziert. Die Trauben, so erzählt Serena, werden nach der Lesen auf rund zehn Grad heruntergekühlt, um die Aromen zu erhalten. Dann wird gepresst und der Wein lagenspezifisch in Stahltanks gelagert. Erst sechs Monate später werden die Cuvées hergestellt. Gelagert wird teils in kleineren Stahltanks und auch in französischen Eichenholzfässern. Mitte Mai werden die Cuvées in Flaschen abgefüllt.
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Fassprobe vom Franciacorta.
Der Weinbau rund um den Iseosee geht bis in die Römerzeit zurück. Die Römer waren es auch, die in Brescia ihr bauliches Erbe hinterlassen haben - gut zu erkennen im archäologischen Park Brixia: Dort sind noch Ruinen sowie sechs Säulen eines Tempelvorbaus zu sehen. Im daran anschließenden unterirdischen Museum sind etliche Mosaike und Malereien zu besichtigen, die beweisen, wie bunt die römischen Tempelwände einst waren.
Eine echte archäologische Sensation war, als 1826 die Figur eines weiblichen Siegesengels unversehrt ausgegraben werden konnte. Heute beeindruckt der rund drei Meter hohe Bronzeguss im letzten Raum des Museums und ist mit ein Grund, warum der Brixia-Park sowie der Klosterkomplex San Salvatore/Santa Giulia, der das Stadtmuseum beherbergt, seit 2011 Teil des Unesco-Welterbes sind.
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Blick auf Brescia und den Neuen Dom.
Zeit für eine Pause, und zum Aperitivo gibt es ein Glas, erraten, Franciacorta. Seine feine Perlage erhalte er, sagt Serena, die Sommelière, durch die Flaschengärung. Während dieser "Tirage" löst die Zugabe einer Zucker-Hefe-Lösung eine langsame natürliche Gärung aus, Kohlensäure bildet sich, der Druck in den Flaschen steigt. Diese werden verschlossen, gelagert und regelmäßig gerüttelt und gedreht. Nach rund sechs Wochen wird der Flaschenhals maschinell kurz eingefroren, dann der metallene Kronenkorken geöffnet, und der Eispfropfen mit den Hefesedimenten schießt heraus. Zeit für den endgültigen Korken und für die mindestens 18 Monate lange Lagerung. "Bei Jahrgangs-Schaumweinen sind es 30, beim Riserva sogar 58 Monate", sagt die Expertin. Bei der Verkostung sind sich die Gäste einig: Allein dafür hat Brescia den Titel einer Kulturhauptstadt verdient!