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Geely und Lynk & Co.: Chinas Auto-Giganten setzen auf Europa und junge Kunden

Nach BYD, MG und Maxus kommen Lynk & Co. und Zeekr. Mit der Geely-Gruppe hat ein weiterer chinesischer Gigant Österreich im Blickfeld.Gerhard Kuntschik

Der Lynk & Co. 01 ist ein enger Verwandter des Volvo XC 40.
Der Lynk & Co. 01 ist ein enger Verwandter des Volvo XC 40.

Geely, wer?, werden manche fragen, und was will ein Unternehmen, das nächstes Jahr gerade mal 40 Jahre alt wird? Nun ja, Gründer Li Shufu schuf aus Geely allein mit der Automobilgruppe ein neues Schwergewicht in China, das mit der Strategie "nachhaltige Mobilität" zur globalen Expansion ansetzt. Die begann 2010 mit dem Kauf von Volvo von Ford, setzte sich mit der Gründung von Volvos E-Marke Polestar 2015 fort, 2017 wurde der malaysische Hersteller Proton zu 49,9 Prozent (samt einer Mehrheit an Lotus Cars) einverleibt. Und 2018 wurde Geely mit dem Erwerb von 9,69 Prozent der Aktien größter Teilhaber bei Daimler. Mit der Gründung einiger neuer Marken versucht Geely, das gesamte Spektrum auch für europäische Kunden abzudecken: rein elektrisch oder mit Hybridmodellen, vom Kleinwagen bis zu Limousinen und SUVs im Premiumsegment. In weiteren Geschäftsfeldern werden Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben, Technologie (Chips!) und Mobilitätsdienste angeboten. 2023 wurden 2,79 Millionen Fahrzeuge zugelassen (plus 20 Prozent zum Vorjahr), von Jänner bis Juli waren es heuer 1,74 Millionen (plus 23 Prozent), davon fast 700.000 Modelle mit "neuer Energie" (elektrisch, plus 48 Prozent).

Geely investiert Milliarden in F&E

In den vergangenen zehn Jahren wurden 25,5 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert - in vier Zentren in Hangzhou, Ningbo, Göteborg und Coventry. Dazu gibt es Designbüros in Schanghai, Göteborg, Coventry und Mailand. Volvo unterhält noch ein Designcenter in Kalifornien, Lotus entwickelt auch am Traditionsstandort Hethel (UK) und in Frankfurt, Proton in Shah Alam (Malaysia).

2025: Lynk & Co. expandiert nach Österreich

Die Marke, die 2025 auch nach Österreich (sowie in die Schweiz und nach Dänemark) strebt und Volvo am nächsten ist, ist Lynk & Co., 2016 gegründet und seit 2021 in EU-Märkten (auch Deutschland) im Geschäft. Der Lynk & Co. 01 ist ein enger Verwandter des Volvo XC 40 und wird demnächst auf neuer Plattform und mit neuem Antrieb (Plug-in-Hybrid) in zweiter Generation kommen: "Zwei E-Motoren, ein Dreistufengetriebe, 206 Kilowatt Leistung, unter einem Liter Normverbrauch im WLTP-Zyklus und insgesamt 750 Kilometer Reichweite, davon 75 rein elektrisch", erläutert der Brite David Green, ein Volvo-Veteran, der bei Lynk & Co. Leiter der Produktentwicklung mit Sitz in Göteborg ist. Warum ein Hybride? Green ist pragmatisch: "Nicht jeder kann überall elektrisch fahren."

Lynk & Co soll vor allem junge Kundschaft ansprechen

Das Modell hatte kürzlich auf der Frankfurter Automechanika Weltpremiere, Preis gibt es noch keinen. Interessant auch: Es gibt eine App für Rückmeldungen der Kunden via Sprachnachricht direkt zu den Ingenieuren im Entwicklungszentrum. Auf der CMA-Plattform des Konzerns ist der neue 01 etwas größer als der XC 40. Die Gefahr der Kannibalisierung sehe er nicht, sagt Green - die erwartete Lynk-Kundschaft sei deutlich jünger als die von Volvo, "und wir verfolgen eine andere Philosophie". Vielleicht deshalb trat Green auf der Messe im blauen Pullover und nicht im schwarzen Anzug auf … Bis 2025 wird Lynk & Co. "zwei bis drei" neue Modelle bringen, darunter ein rein elektrisches. Für den Marktstart in Österreich werden noch Partner gesucht, es soll mehrere Standorte geben - aber bewusst nicht bei Volvo-Partnern. "Lynk & Co. ist unsere Basismarke für Europa, Geely für global", sagt der Kommunikationschef für Europa, Frank Klaas. Und ergänzt: "Ziel ist, junge Kunden mit neuer Technologie zu überzeugen. Geely-Produkte stehen für Qualität, leichte Fahrbarkeit und Nachhaltigkeit."

Zeekr strebt europäischen Markt an

Noch länger wird es wohl dauern, bis auch in Österreich Zeekr antritt und klar als rein elektrische Premiummarke positioniert ist. Als Markenchef wurde vor zwei Jahren ein Mann mit Erfahrung in diesem Bereich geholt: Lothar Schupet (46) war lang bei BMW, unter anderem in der Mittel-/Südosteuropa-Zentrale in Salzburg. Zeekr ist derzeit in Deutschland und Schweden auf dem Markt, die weitere Expansion hängt auch von der Entscheidung zu den (Straf-)Zöllen der EU ab: "Bis November sollten wir klarer sehen." Die Europa-Zentrale ist seit zwei Monaten in Amsterdam mit rund 150 Mitarbeitern aktiv. Der Vertrieb in den bisherigen Märkten läuft direkt zum Kunden. Heuer soll Zeekr in Deutschland, Belgien, Frankreich, Norwegen und Dänemark debütieren. Weil die Zölle noch nicht klar sind, ist auch eine Preiskalkulation noch offen. Schupet: "Wir spielen mehrere Szenarien durch." Begonnen würde mit den schon erhältlichen Zeekr 001 und Zeekr X. Als nächstes Modell ist für Mitte des Jahres 2025 der 7X schon bestätigt.

"Es kann ein Auf und Ab geben, aber an der Elektrifizierung führt in der Zukunft kein Weg vorbei."
Lothar Schupet
CEO von Zeekr in Europa

Der Kontakt zum Kunden soll direkt sein, er könnte auch über Vertriebspartner erfolgen: "Wir sprechen schon mit möglichen Interessenten." Ab 2025 soll es Zeekr auch als Plug-in-Hybride und E-Modelle mit Range Extender geben: "Die Nachfrage dafür ist speziell in europäischen Ländern da." Dass das Interesse an reinen E-Autos weiter zurückgeht, glaubt Schupet nicht: "Es kann natürlich ein Auf und Ab geben, aber an der Elektrifizierung führt in der Zukunft kein Weg vorbei." Bleibt die Frage der Zollbestimmungen in der EU. Zu den fixen zehn Prozent Importzöllen kommen derzeit unterschiedliche Aufschläge für die einzelnen Marken: 18,8 Prozent für Geely-Produkte, 17 für BYD, gar 35,3 für SAIC (wegen Nicht-Kooperation mit der Europäischen Union). Das ruft natürlich die Frage nach einer Produktion in Europa hervor, wobei BYD mit der angekündigten Fabrik in Ungarn Vorreiter ist. Geely hat den Vorteil, Werke von Volvo (Schweden, Belgien) oder Renault (es gibt Partnerschaften) nützen zu können. Oder man sucht sich einen Unabhängigen, und da kommt Magna Steyr ins Spiel. "Der Magna-Vorstand spricht derzeit praktisch mit allen chinesischen Herstellern", sagt ein Insider. Denn in Graz läuft mit Jahresende die Produktion von Jaguars I-Pace und E-Pace sowie des 5er-BMW aus, der bisherige Kunde Fisker ist pleite. Da sucht man händeringend neue Aufträge. Von Geely-Seite wurde nichts offiziell bestätigt, aber hinter vorgehaltener Hand war zu hören, dass "sich für Lotus etwas ergeben könnte". Ein Problem dabei sind die hohen Energie- sowie Lohnnebenkosten in Österreich.