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Volkswagen plant 30 neue Modelle: Erfolgsstrategie mit Fokus auf den chinesischen Markt

Eine beispiellose Modelloffensive soll den Abwärtstrend in Fernost stoppen. Um bei den Kernthemen Software und KI aufzuholen, kooperiert man mit lokalen Partnern.Florian T. Mrazek

Mit diesem Neuheiten-Trio präsentiert VW auf der laufenden Auto Shanghai seine Zukunftsvisionen, von links: ID. Era, ID. Aura und ID. Evo.
Mit diesem Neuheiten-Trio präsentiert VW auf der laufenden Auto Shanghai seine Zukunftsvisionen, von links: ID. Era, ID. Aura und ID. Evo.

In etwas mehr als vier Monaten wird in München erneut die Internationale Automobilausstellung (IAA) stattfinden. Doch die ehemals größte und wichtigste Automesse der Welt hat (wie auch die meisten anderen europäischen Autosalons) längst dramatisch an Bedeutung eingebüßt. Wer wissen möchte, wohin die globale Automobilindustrie steuert, der blickt aktuell nach China. Noch bis zum 2. Mai geht dort die Auto Shanghai über die Bühne. Das im jährlichen Wechsel mit der Motorshow in Peking stattfindende Spektakel hat den ehemaligen europäischen Leitmessen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz längst den Rang abgelaufen.

In China, für China: 30 neue VW-Modelle

Allein 2024 wurden in China rund 31 Millionen Autos verkauft. Wie wichtig der mit Abstand größte und finanziell bedeutendste Automarkt der Welt für die europäischen Hersteller geworden ist, zeigt sich anhand der Vehemenz, mit der vor allem die deutschen Premiummarken ihre Ressourcen auf dem chinesischen Markt bündeln. In China, für China - so lautet beispielsweise bei Volkswagen mittlerweile die Devise. Allein bis Ende 2027 wird Volkswagen in China in den relevanten Segmenten über 30 neue Modelle auf den Markt bringen - darunter 20 sogenannte New Energy Vehicles (NEV). Unter diesem Begriff werden neben reinen Elektroautos auch Fahrzeuge mit Plug-in-Hybrid-Antrieb, Range-Extender sowie Wasserstoffantrieb zusammengefasst. Bereits im kommenden Jahr in Serie gehen werden jene drei Studien, die VW diese Woche in Shanghai enthüllte. Auffallend dabei: Alle drei Neuheiten wurden fernab der Konzernzentrale in Wolfsburg und in enger Kooperation mit lokalen Partnern entwickelt. Als erstes Modell auf Basis der eigens für China konzipierten "China Scalable Platform" (CMP) wurde der VW Aura zusammen mit dem Partner FAW und ganz ohne externen Entwicklungs- oder Softwarepartner auf die Räder gestellt. Aus der Kooperation mit Xpeng wiederum stammt die chinaspezifische Elektroarchitektur (China Electrical Architecture) des Stufenheckmodells für das preissensible A-Segment.

Hinter dem ebenfalls vollelektrischen Full-Size-SUV ID. Evo, das künftig unter der jungen Submarke ID. Unyx verkauft werden soll, steht Volkswagen Anhui - ein mehrheitlich in VW-Besitz befindliches, früher als JAC Volkswagen firmierendes Joint Venture. Dank seiner leistungsfähigen, zonalen Elektronikarchitektur und der zugrunde liegenden 800-Volt-Architektur soll der ID. Evo vor allem eine junge, lifestyleorientierte Zielgruppe ansprechen. SAIC Volkswagen, das Kooperationsprojekt mit dem staatlichen Autokonzern mit Sitz in Anting bei Shanghai, gibt mit dem ID. Era einen Ausblick auf ein geräumiges Full-Size-SUV mit drei Sitzreihen. Zudem handelt es sich dabei um das erste VW-Modell mit Range-Extender: Ein kraftstoffbetriebener Generator lädt die Batterie während der Fahrt auf und sorgt für eine zusätzliche Reichweite von mehr als 700 Kilometern. Zusammen mit den 300 Kilometern des E-Antriebs beträgt die Reichweite des Konzeptfahrzeugs so mehr als 1000 Kilometer.

Volkswagen setzt auf China-Strategie

Mit dem tiefgreifenden Strategiewechsel - weg vom alten Erfolgsmodell "made in Germany", hin zu "China first" - verschieben sich auch die Machtverhältnisse innerhalb von Europas größtem Autokonzern nachhaltig. Noch immer verkauft Volkswagen fast ein Drittel seines Gesamtabsatzes in China. Im Vorjahr waren das 2,93 Millionen Fahrzeuge. Zum Vergleich: 2023 waren es noch 3,2 Millionen Neufahrzeuge gewesen. Und auch im ersten Quartal 2025 gaben die Zahlen um weitere sieben Prozent nach - bei den in China verhältnismäßig viel wichtigeren E-Autos sogar um 37 Prozent. "Mit unserem neuen Entwicklungszentrum in Hefei haben wir China-Speed aufgenommen", sagt der CEO des Volkswagen China Technology Center (VCTC), Thomas Ulbrich. "Unser Ziel sind höchstens 34 Monate Entwicklungszeit."

Škoda fokussiert Indien-Markt

Während man bei Audi mit dem ersten Modell der Submarke "AUDI" (ohne Ringe, dafür in Versalien) die dortige "In China, für China"-Strategie umsetzt, stehen die Zeichen bei einer weiteren Tochtermarke auf Abschied: Škoda hat in seinen besten Zeiten 300.000 Autos in China abgesetzt - 2024 waren es gerade einmal noch rund 15.000. Geht es nach Škoda-CEO Klaus Zellmer, so werden sich die Tschechen künftig stärker auf den Hoffnungsmarkt Indien konzentrieren. In China könnte schon 2026 Schluss sein.