SN.AT / Leben / Wohnen

Nachverdichtung in Salzburg: Architekturbüro lechner & lechner präsentiert Bierbrunnen-Projekt

Bauen im Bestand, Begrünung und eine effiziente, nutzerfreundliche Bebauung von Fläche sind für lechner & lechner architects aus der Stadt Salzburg Gebot der Stunde. Herausforderungen nimmt der Familienbetrieb gerne an.

 Das Projekt „Bierbrunnen“ in der Stadt Salzburg als Beispiel für Nachverdichtung.
Das Projekt „Bierbrunnen“ in der Stadt Salzburg als Beispiel für Nachverdichtung.

Täglich werden in Österreich rund zwölf Hektar Boden verbraucht und versiegelt, warnt die Umweltschutzorganisation WWF in ihrem Bodenreport vom Juni 2024. Verdichten und bauen im Bestand, darunter fällt die Sanierung genauso wie der Um- und Aufbau, sind heute zentrale Schlagworte für nachhaltiges Bauen.

Nachverdichtung in Salzburg: Das Bierbrunnen-Projekt

Beim "Bierbrunnen"-Projekt im Salzburger Stadtteil Liefering, das im Sommer 2023 fertiggestellt wurde, ging das Architekturbüro lechner & lechner architects den Weg der Nachverdichtung. Für die Verbreiterung der Münchner Bundesstraße mussten zwei der drei Bestandsbauten auf dem Areal abgebrochen werden, darunter das ehemalige Gasthaus "Bierbrunnen" an der Kreuzung zum Forellenweg. Das dritte Gebäude wurde in den Neubau integriert. "Der Bestand aus dem Jahr 2004 war in einem super Zustand, aber nicht schön. Wir haben versucht, ihn ohne Behübschung zu integrieren und als Statement stehen zu lassen", schildern die Brüder Horst (32) und Paul (30) Lechner. Gemeinsam mit ihrer Mutter Christine, die 1987 mit ihrem früh verstorbenen Mann Horst Lechner das Architekturbüro gründete, und Lukas Ployer bilden sie das Team von lechner & lechner architects. "Das Gebäude zu erhalten, war nicht nur eine pragmatische Lösung. Ein Neubau hätte zusätzlichen CO₂-Ausstoß, Energie- und Ressourcenverbrauch bedeutet."

Ratloser Start, gelungenes Projekt: Die Vision von lechner & lechner

Natürlich sei es einfacher, auf der grünen Wiese zu bauen, doch sie liebten die Herausforderung, sind sich die Brüder einig. "Unser erster Blick auf das Gelände war ein ratloser. Es war Gewerbegebiet, ein Nichtort", erinnert sich Horst Lechner. Restflächen zu verbauen, zwinge einem Regeln auf. Nachbarschaftsabstände müssten eingehalten, Sichtachsen an Kreuzungen zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmer eingerichtet werden. Ihr Anspruch sei, dass diese nicht wie sicherheitstechnische Interventionen aussähen, sondern sich in das Gesamtbild gut einfügten. "Im Städtebau muss ein Ensemble ineinandergreifen. Das gilt auch für den Innenraum. Es muss eine Logik haben und die Benutzer in ihren Tagesabläufen unterstützen", erläutert Christine Lechner die Firmenphilosophie. "Dazu gehören weitläufige Treppenläufe bei großen Gebäuden, wo man sich begegnen kann, oder das Betonen von Blickachsen, damit man sich nicht gefangen fühlt."

Wie das Bierbrunnen-Projekt Wohn- und Gewerberäume kombiniert

Der "Bierbrunnen" ist nicht nur ein gutes Beispiel für Nachverdichtung, sondern auch ein typisches Stadthaus mit Mischnutzung. Die unteren beiden Geschoße des L-förmigen Hybridbaus sind Gewerbezone. In den drei darüber liegenden Stockwerken finden 34 Wohnungen Platz. Diese fallen an der straßenfernen, lärmberuhigten Seite treppenförmig ab. "Es war spannend, diese Dichte in dieses sehr enge Grundstück reinzubringen", sagt Horst Lechner. Dies gelang auch durch die Mehrfachnutzung von Flächen. So liegen die Gänge zu den Wohnungen über dem Geh- und Radweg. Auf dem Dach befindet sich ein begrünter Kinderspielplatz. Zwischen den Balkonen ersetzen Grünpflanzen bauliche Abgrenzungen. Man habe "so viel wie möglich begrünt", schließlich sollten sich die Bewohnerinnen und Bewohner wohlfühlen.

Das Jugendgästehaus in Gerlos ist ein reiner Holzbau. Von sieben Geschoßen sind auf der Zufahrtsseite nur vier sichtbar.
Das Jugendgästehaus in Gerlos ist ein reiner Holzbau. Von sieben Geschoßen sind auf der Zufahrtsseite nur vier sichtbar.


Nachhaltigkeit in urbanen und ländlichen Räumen

Das Architekturbüro plant nicht nur für die Stadt, sondern übernimmt auch Aufträge auf dem Land. Verdichtung, um den Bodenverbrauch zu minimieren, hört für Christine Lechner nicht im urbanen Raum auf. Für die Gerlosplatte in Hochkrimml entwarfen die Lechners ein Jugendgästehaus mit 450 Betten auf 7500 Quadratmetern. "Es ist ein siebengeschoßiger reiner Holzbau, der in die Landschaft verwoben wurde. Um die Kosten gering zu halten, wurde Industrieholz verbaut, innen gibt es riesige Sportflächen und Rampen als Begegnungszone. Das war der komplexeste Innenraum, der aus unserem Büro rausgegangen ist", schildert sie. Spezialisieren möchte sich das Architekturbüro nicht, denn: "Es macht Spaß, sich in verschiedenste Themen reinzudenken." Am spannendsten sei die Aufgabe, die man noch nie gehabt habe. "Man ist vielleicht nicht so effizient, aber man kann sich seinen eigenen Zugang erarbeiten." Und wie funktioniert die Zusammenarbeit in der Familie? Gut, sind sich die drei einig. "Wir haben den Blick von außen sozusagen innerhalb des Büros. Das letzte Wort hat, wer die Projektleitung innehat." Das Architekturbüro durfte sich kürzlich auch über eine internationale Auszeichnung freuen: Die Fachjury des Architizer A+ Awards in New York kürte es zur "Best X-Small Firm".

Dieser Beitrag stammt aus dem Magazin: