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Wie aus einem alten Gebäude ein modernes Wohnparadies in Salzburg wurde

Ein Umbau mit vielen Facetten: Wie sich der Um- und Ausbau eines in die Jahre gekommenen Hauses zu einem modernen Gebäude harmonisch in die traditionellen Bauten der Nachbarschaft einfügen kann, bewies ein Architektenpaar.

Je nach Blickwinkel bietet das Haus an der Eichstraße verschiedene Ansichten. Das Grün und Gelb des Nachbarhauses wiederholt sich, die Fluchten passen sich der Umgebung an.
Je nach Blickwinkel bietet das Haus an der Eichstraße verschiedene Ansichten. Das Grün und Gelb des Nachbarhauses wiederholt sich, die Fluchten passen sich der Umgebung an.
Je nach Blickwinkel bietet das Haus an der Eichstraße verschiedene Ansichten. Das Grün und Gelb des Nachbarhauses wiederholt sich, die Fluchten passen sich der Umgebung an.
Je nach Blickwinkel bietet das Haus an der Eichstraße verschiedene Ansichten. Das Grün und Gelb des Nachbarhauses wiederholt sich, die Fluchten passen sich der Umgebung an.
Je nach Blickwinkel bietet das Haus an der Eichstraße verschiedene Ansichten. Das Grün und Gelb des Nachbarhauses wiederholt sich, die Fluchten passen sich der Umgebung an.
Je nach Blickwinkel bietet das Haus an der Eichstraße verschiedene Ansichten. Das Grün und Gelb des Nachbarhauses wiederholt sich, die Fluchten passen sich der Umgebung an.
In den Innenräumen setzt Rot kräftige Farbakzente.
In den Innenräumen setzt Rot kräftige Farbakzente.
Cora und Thomas Forsthuber mit der Essecke.
Cora und Thomas Forsthuber mit der Essecke.
Die Büroräume in der ersten Ebene.
Die Büroräume in der ersten Ebene.

Gelb scheint in Salzburg-Gnigl eine sehr beliebte Farbe zu sein. Vor allem ältere Gebäude bringen immer wieder strahlende Punkte in die einstmals eigenständige Gemeinde, deren Geschichte bis in die Bronzezeit zurückreicht. Auch die Römer haben ihre Spuren hinterlassen, wie Grabungsfunde zeigen. Rund um die Gnigler Kirche war vor Jahrhunderten einer der beiden historischen Siedlungskerne entstanden: das Mühlendorf Obergnigl an der alten Straße ins Salzkammergut und zur Eisenstraße in die Steiermark.

Noch immer gut sichtbar ist der alte Dorfkern an der schmalen Eichstraße, die an Kirche und Friedhof vorbei bis hinauf zur Minnesheimstraße führt. Biegt man um die gleich an den Friedhof anschließende Kurve, sticht ein moderner Bau ins Auge. Mit ungewöhnlicher Optik, jedoch das dahinterstehende Haus mit Biedermeierfassade zitierend, dessen Gelb- und Grüntöne exakt wiedergegeben werden. "Es war uns ein Anliegen, in die Umgebung hineinzupassen. Das Gelb des Nachbarhauses, das Grün der umgebenden Natur, aber auch des Kupferdachs. Dieses Grün schreit dich nicht an, sondern passt in die Gegend", erklärt Architekt Thomas Forsthuber.

Er und seine Frau Cora, ebenfalls Architektin, fanden vor 15 Jahren den Altbau in Obergnigl in Richtung zur Kirche und entschieden sich, es zu kaufen. "Es war ein zweigeschoßiges Haus mit Walmdach und zwei Wohnungen auf 250 Quadratmetern Grund, das günstig angeboten wurde."

Wohnen und Arbeiten an einem Platz

Das enge, begrenzte Platzangebot, noch dazu in einer steilen Hanglage, bot für Bauträger sicherlich ungeeignete Voraussetzungen, um an dieser Stelle ein Projekt umzusetzen. "Wir hingegen sahen die Chance, in dem Haus aus dem Jahr 1850, das 1950 innen umgearbeitet worden war, Wohnen und Arbeiten sowie das Leben mit der Familie miteinander zu verbinden, zumal wir unseren Beruf mit Leidenschaft ausüben. Hier können wir das, haben keine Arbeitswege und müssen keine Staus befürchten", erklären die beiden. Flexibilität in alle Richtungen sollte dafür die Basis schaffen.

Konzept des Vertical Loft

Die Idee bestand darin, den Bestand innen komplett auszuhöhlen und offene Lösungen auf drei Ebenen zu finden. "Wir haben das Konzept des Vertical Loft ohne Raumbegrenzungen umgesetzt. Es gibt keine Wände innen, die können nachträglich jedoch jederzeit eingezogen werden." Das gesamte Haus steht auf einer sieben Meter hohen Stütze mit einem Ringanker oben, der die Schubkräfte des Daches übernimmt, die Holz-Beton-Verbunddecke übernimmt die nötige Aussteifung. "So etwas geht freilich nicht mit Ware von der Stange, da müssen Fachleute her", ergänzt Cora Forsthuber.

Die erste Ebene beinhaltet das Büro, wo die beiden Architekten arbeiten. Den vorderen Bereich hat sich inzwischen der elfjährige Sohn angeeignet, um bereits selbst fleißig allerlei Modelle zu bauen. Sehr offensichtlich fällt der (Interessen-)Apfel nicht weit vom Stamm. Geheizt wird mit einem zylinderförmigen Kachelofen in Petrolblau. Die Farben Gelb und Rot dominieren, ergänzt durch sanftes Grün an den Wänden und so manchen alten Kasten, dessen dunkles Braun sich bestens einfügt.

Über eine Stiege in sattem Blau geht es in die zweite Ebene, die das tiefe Rot dominant wiederholt, auch Gelb setzt Akzente und wird ebenfalls vom sanften Grün an den Wänden ergänzt. Ein Kachelofen mit strengen Linien in einem helleren Blau ist prominent in den Raum gesetzt und führt über zu Essecke und Küche in Orangetönen. Alles ist offen und luftig, Licht kommt von Fenstern und von der oberen Ebene herab. Die Holz-Beton-Decke liegt auf den alten, nun rot gestrichenen Holztramen auf. "Um ebenfalls einen Farbakzent zu setzen, haben wir unter die gesamte Decke einen wunderschönen gelben Seidenstoff aus Thailand gespannt. Das war für uns Luxus pur", erzählt Forsthuber. Ein riesiger Futon vor noch riesigerem Fenster bildet die Lese-, Yoga- und Entspannungsecke. Ergänzt wird diese offene Wohn-, Ess- und Entspannungsebene ebenfalls mit dem einen oder anderen alten Möbelstück, das sich harmonisch einfügt. Der Kachelofen ist die Hauptwärmequelle und heizt fast das gesamte Haus.

Zur obersten, sehr privaten Ebene führt eine Treppe, ebenfalls in Rot. Bad, WC, Dusche, Sauna und Schlafzimmer finden hier Platz, Ausgang auf die geräumige Dachterrasse inklusive. "Falls es im Hochsommer einmal zu heiß werden sollte zum Schlafen, können wir sogar unser Bett hinausrollen und im Freien übernachten", gestehen die beiden schmunzelnd.

Um- und Ausbau in Etappen

Der Um- und Ausbau selbst erfolgte über längere Zeit. "Wir haben alles nach und nach umgesetzt, je nach unseren finanziellen Möglichkeiten. Man muss ja nicht immer gleich alles komplett bis zur gefüllten Besteckschublade perfekt haben", erklären sie ihre Gedanken dazu. Entstanden sind im Lauf der Zeit 200 Quadratmeter Wohnfläche. "Wir haben alles da, was wir brauchen. Ein großes Büro, Wohnraum, Küche, Schlafzimmer, Bad, WC, Sauna, einen Wintergarten, eine Nord-Süd-ausgerichtete Dachterrasse und sogar ein kleiner Swimmingpool hat noch Platz gefunden." Eine Garage haben sie nicht untergebracht. "Aber auch das haben wir inzwischen gelöst, indem wir einen Parkplatz ein paar Meter weiter beim Dreiklang Gnigl gekauft haben." Was es noch nicht gibt, wofür jedoch bereits ein Plan besteht: ein Lift; denn barrierefrei ist das Haus nicht. "Das kommt dann für die Zeit, wenn wir älter und vielleicht nicht mehr so mobil sind."

Die Betriebskosten werden durch das Heizen mit Scheitholz im Stückholz-Kachelofen niedrig gehalten. Photovoltaikelemente an den Außenwänden ergänzen die Energieversorgung. Das Warmwasser wird entweder über die Thermosolaranlage vor dem Haus oder über den Stückholzofen erwärmt, auch eine Warmwasseraufbereitung mit einem elektrischen Heizstab ist möglich, wenn diese Komponenten, etwa in der Übergangszeit, nicht zum Tragen kommen.

Nicht alles ist perfekt

Die einst mit Rigipsplatte abgedeckten Holztramen bilden nun im gesamten Haus die markanten roten Akzente. "So haben wir in allen Ebenen einen höheren Raum. Weil die Abdeckungen entfernt sind, hat es manchmal etwas heruntergerieselt, aber es muss ja nicht alles perfekt sein", sagt der Architekt und lächelt. Der damals vorhandene alte Schiffboden wurde abgeschliffen, erst später wurde er durch einen Eichenboden ersetzt. "Wenn unser Sohn größer wird, möchte er vielleicht einen eigenen Rückzugsraum, auch das können wir später gut einbauen." Auf diese Weise haben die Forsthubers das Prinzip des "wachsenden Hauses" verwirklicht.

Die Fassade außen ist mit Steinwolle gedämmt, die auf den Altbestand aufgebracht wurde, sowie mit Windpapier. "Das ist eine Schicht im Aufbau der Außenwand, die die Saugfähigkeit puffert und verhindert, dass Zugluft oder Wind durch die Wände in das Gebäude eindringt. Somit bleibt die Wärme drinnen." Mit Luftraum angebracht an den Außenwänden ist gewelltes Polyester in Gelb, das mit den senkrechten grünen Elementen Struktur in die Fassade bringt. "Das ist kostengünstig und einfach in der Pflege. Einmal im Jahr muss ich das ,runterkärchern' und damit ist es erledigt", freut sich Forsthuber. Und seine Frau ergänzt: "Überdies wird dieses Material mit den Jahren immer schöner, weil die Adern immer besser herauskommen."

Womit sie ebenfalls ihre Philosophie unterstreichen, nämlich dass eine Renovierung oder der Umbau eines Altbestands nicht zwingend mit hohen Kosten einhergehen muss. "Unser Haus könnte beispielgebend sein, wie künftig in die Jahre gekommene Bauten nicht automatisch abgerissen und neu gebaut werden müssen. Wir haben den Umbau günstig, ökologisch und gestalterisch gut geschafft, es hat Designqualität und wenn es doch einmal abgerissen werden muss, kann alles getrennt entsorgt werden." Nicht allen in Gnigl hat damals der moderne Bau gefallen. "Das muss es auch nicht, denn das ist so in einer Demokratie. Für uns bietet es einen enormen Mehrwert und gibt uns viel positive Energie", ist Cora Forsthuber überzeugt. "Wir haben hier nichts Modernistisches hergesetzt, aber etwas, das anders ist. 2011, als wir den Umbau starteten, aber auch jetzt kann ich kein Biedermeierhaus mehr bauen", bekräftigt ihr Mann.

Schritt für Schritt

Wie gut sich das Konzept ihres Hauses bewährt, haben sie vor allem während der Coronapandemie und der diversen Lockdowns bemerkt. Durch die offene Gestaltung war das Kind daran gewöhnt, dass die Eltern immer im Haus sind. "Für uns war es bereits zuvor die Lebensentscheidung, dass wir es so wollen."

Thomas Forsthuber hat inzwischen einen Leitfaden entwickelt, wie ein Umbau wie der ihrige auch anderswo umgesetzt werden kann. Nötig gerade in Zeiten, in denen Bauflächen nur mehr begrenzt verfügbar sind, immer mehr betagte Häuser auf den Markt kommen und von Nachverdichtung die Rede ist.

Altbestand abzureißen erzeugt viel Sondermüll, benötigt Platz auf einer Deponie, ist CO₂-intensiv und verbraucht enorm viel Energie. Zusätzlich wird eine Menge an grauer Energie in Form der Transportkosten verbraucht. Ein gut vorbereiteter und geplanter Umbau kann viel günstiger sein.

Um ein derartiges Projekt anzugehen, sind im Vorfeld Expertinnen und Experten gefragt. "Die Fachleute müssen Ideen entwickeln, das ist ihr Job. Bauphysiker, Statiker, Architekten müssen sich etwas überlegen, damit ein klug geplantes Projekt entsteht. Ich habe festgestellt, dass auch die Professionisten - Baufirmen und Handwerker - bei unserem Umbau eine große Freude hatten, denn sie konnten so ebenfalls zeigen, was sie draufhaben", erinnert sich Forsthuber. Ebenfalls empfiehlt er, Fachleute zurate zu ziehen, um gut durch den Förderungsdschungel zu kommen.

Dass das Architekturbüro Forsthuber + Martinek ein Faible für alte Gebäude hat, hat das Ehepaar unter anderem 2005 mit dem Umbau des Bruderhofs bewiesen. "Wir wurden mit dem Altstadterhaltungspreis ausgezeichnet. Dabei haben wir selbst gar nicht eingereicht", berichten die beiden. Ricky Knoll