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Nachverdichtung in Liefering: Wie Holz neuen Wohnraum in Salzburg schafft

Weiterbauen an der Stadt aus Holz: Um den wachsenden Bedarf an Wohnraum in Salzburg zu decken, wird immer häufiger mit Holz ausgebaut. Ein Beispiel aus Liefering zeigt, welche Möglichkeiten und Vorteile das bringt.

Holz ist der Fast-alles-Könner beim Nachverdichten in der Stadt.
Holz ist der Fast-alles-Könner beim Nachverdichten in der Stadt.

Mitte 2023 lebten weltweit etwa 57 Prozent aller Menschen in Städten. 2050 könnten es bereits zwei Drittel sein. Die Schaffung von Wohnraum ist in Städten und größeren Gemeinden schon heute eines der brisantesten Themen - und der Bedarf wird in Zukunft weiter steigen. Salzburg ist davon in besonderem Maß betroffen. In den dicht besiedelten Stadtteilen gibt es nur noch wenige Baugründe. Was frei ist, ist durchwegs stark überteuert. Selbst gemeinnützige Wohnbauträger finden kaum mehr bebaubaren Grund und Boden.

Wohnraum ohne Grund: bestehende Häuser ausbauen

Um mehr Wohnraum zu schaffen, wird man sich auch in Salzburg deshalb darauf konzentrieren müssen, bereits bebaute Grundstücke besser zu nutzen. Die sogenannte Nachverdichtung gilt als zukunftsweisende und nachhaltige Form des Bauens, weil sie vorhandene Infrastruktur nutzt und auf bereits bebautem Areal geschieht. Viele bestehende Ein- und Mehrfamilienhäuser haben das Potenzial zu "wachsen".

Häuser mit unausgebauten Dachböden können aufgestockt werden. Große, ungenutzte Grundstücke vertragen auch Anbauten, wenn Mindestabstände eingehalten werden können. "Unsere Häuser sind nur etwa 20 bis 30 Jahre lang wirklich praktisch", sagt Erich Wolf. Unter der Leitung des Holzbau-Meisters und Landesinnungsmeister-Stellvertreters werden viele Nachverdichtungen mit Holz in der Stadt Salzburg abgewickelt. "Ziehen die Kinder aus, wird das Haus zu groß. Wenn die Kinder selbst Eltern werden, ist das Haus für zwei Familien zu klein. Ist die Bausubstanz in Ordnung, ist es aus ökonomischen und ökologischen Gründen sinnvoll, Bestehendes auszubauen, statt etwas komplett Neues hinzustellen."

Genau diese Argumente haben den Maschinenbautechniker Hans Huber schon vor zwanzig Jahren dazu bewogen, das 140 Quadratmeter große Einfamilienhaus seiner Eltern in Alt-Liefering zu erweitern, um Platz für seine eigene wachsende Familie zu schaffen. Das Dach wurde angehoben, eine zusätzliche Etage in Holzbauweise kam hinzu. Aus dem Einfamilienhaus wurde ein Zweifamilienhaus. Das war statisch machbar, weil Holz den Bestandsbau mit nur einem Fünftel des Gewichts von Beton belastet und teure Verstärkungen am Gebäude deshalb nicht notwendig waren.

Viel Spielraum: Holz ist wichtigstes Baumaterial beim Nachverdichten

Mittlerweile ist Holz der wichtigste Baustoff beim Nachverdichten im innerstädtischen Raum. Das Material hat trotz geringen Eigengewichts eine äußerst hohe Tragfestigkeit und bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Erich Wolf stellt in seinem Zimmereibetrieb eine Zunahme an Aufträgen für Aus- und Zubauten fest: "Die Skepsis gegenüber Holz als Baustoff ist vorüber. Allerdings sind die Richtlinien zum Ausbauen beispielsweise in der Salzburger Altstadt immer noch sehr restriktiv. Dort sind unzählige Dachböden ungenutzt. Hoffentlich werden einige Richtlinien etwas gelockert, denn der Wohnraum wird gebraucht."

Im Hause Huber will mittlerweile bereits die dritte Generation im Einfamilienhaus der Großeltern ihre Wohnträume verwirklichen. Der Salzburger Baumeister Roland Birgmann entwarf einen neuen, 80 Quadratmeter großen Anbau auf der Höhe des ersten Stockes mit Platz für zwei Kinder- und ein Elternschlafzimmer sowie ein Bad. Knifflig war das Bauvorhaben vor allem wegen der beengten Verhältnisse am Vorplatz des Hauses mit Eingang und Garagen, die auch in Zukunft frei zugänglich bleiben müssen. Mit dem Holzausbau wurde wie schon vor 20 Jahren die Zimmerei von Erich Wolf beauftragt.

Leichtbauweise mit Holz klar im Vorteil

Zwei Leimbinder tragen die Last von 15 Tonnen.
Zwei Leimbinder tragen die Last von 15 Tonnen.

Auch beim aktuellen Umbauprojekt zeigten sich die Gestaltungsmöglichkeiten von Holz. Der neue Trakt liegt mit der Rückseite auf der bestehenden Garage auf und mit der Vorderseite nur auf einer betonierten Stützmauer in L-Form. Der Holzaufbau ragt um 1,40 Meter über die Stützmauer hinaus. Rund einen Meter hohe Leimbinder wurden freitragend über Eck verschraubt. Den exakten Einschraubwinkel für die rund 50 Zentimeter langen Schrauben berechnete eigens ein Statiker. Im Unterschied zu einer Ausführung in Beton sind dafür im freitragenden Bereich keine Stützen notwendig, um die Last von rund 15 Tonnen zu halten. Autos können unterhalb weiterhin ohne störende Säulen zur Garage zufahren, freut sich Hans Huber: "Und wir haben eine überdachte Fläche für Autos, Fahrräder, Kinderwagen oder auch für Feiern im Freien."

Zubauten in Holz sind nicht nur leichter, sondern auch vom Volumen her deutlich schlanker. Beim Anbau der Familie Huber sind die umlaufenden Außenwände nur 35 Zentimeter stark. Als natürliches Dämmmaterial spart Holz zusätzlichen Aufwand. Auf einen Vollwärmeschutz wie bei massiven Wänden kann völlig verzichtet werden. Die reduzierte Gebäudemasse macht sich außerdem im Innenraum positiv bemerkbar. Weil Holzwände weniger Platz einnehmen, gewann Familie Huber bei ihrem Anbau sechs bis acht Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche, erzählt Holz-Baumeister Erich Wolf und ergänzt: "Die 14 Zentimeter dicke Bodenplatte besteht aus KLH-Platten (Anm.: Kreuzlagenholz) und wiegt etwa 80 Kilogramm pro Quadratmeter. In Beton wären es 550 Kilogramm, da sie beim vorliegenden Projekt aus statischen Gründen massiver auszuführen gewesen wäre."

Holz als Baustoff ist ökologisch und ökonomisch

Baustoffe wie Ziegel oder Beton verursachen bereits bei der Herstellung erhebliche Mengen Kohlendioxid. Dem gesamten Bausektor werden rund 40 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen angelastet. Bei einem Großteil der Bauvorhaben sind die Emissionen beim Bauen sogar höher als im Betrieb über die gesamte Lebenszeit gesehen.

Anders bei Familie Huber, die sich auch aus ökologischen Gründen für das Baumaterial Holz entschied: Die Wandelemente bestehen lediglich aus Holz, Weichfaserplatten und eingeblasener Zellulose als Dämmmaterial. Fichtenholz ist ein nachwachsender Rohstoff aus heimischen Wäldern und wächst derzeit in größerem Ausmaß nach, als abgeholzt wird. Jeder Kubikmeter Holz entzieht der Atmosphäre rund eine Tonne Kohlendioxid. Der neue Wohntrakt wird zudem mit einer Grundwasser-Wärmepumpe beheizt, erzählt Hans Huber: "Der Strom dafür kommt in Zukunft aus einer Photovoltaikanlage mit neun Kilowattpeak und einem 16-kWh-Speicher. Überstrom nutzen wir im Sommer für eine Klimaanlage, den Warmwasserspeicher, die Poolheizung und die Poolpumpe."

Holzbau: Aufstocken in Bestzeit

Jeder Holzbau spart dank des hohen Vorfertigungsgrades auch Zeit. Die Zimmerer fertigen in ihren Werkstätten die Bauteile mit Wärmedämmung und technischen Installationen vor. Auf der Baustelle müssen die Teile im Wesentlichen nur noch verschraubt werden. Das reduziert die Baustellenphase und macht sie besser planbar. Davon profitieren Hausbewohner, Anrainer und mitunter auch der Verkehr. Bei Familie Huber stand der Holz-Rohaufbau in maximal 14 Tagen. Hans Huber: "Jetzt im Herbst folgen der Innenausbau, Estrich und alles, was ich selbst an Arbeiten beitragen kann. Im ersten Quartal 2025 soll der Holzanbau bezugsfertig sein." Weil der Zubau gemäß Bebauungsverordnung und Mindestabständen mit Flachdach ohne Vordach ausgefertigt werden musste, entschloss man sich für eine Metallverkleidung als Wetterschutz an der Fassade. Dafür kann sich die Familie über eine 70 Quadratmeter große Dachterrasse freuen, auf der im Sommer genügend Platz zum Grillen und Chillen ist.