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Coronavirus: A1 liefert Bewegungsströme an die Regierung

Die heimische Telekom erhebt dieser Tage, wo sich die Österreicher aufhalten, und gibt die Information an die Bundesregierung weiter.

Wer ist wann wo? A1 liefert Bewegungsanalysen seiner Handynutzer.
Wer ist wann wo? A1 liefert Bewegungsanalysen seiner Handynutzer.

Wie A1 in einer Aussendung schildert, biete man schon länger Bewegungsanalysen an - gemeinsam mit Invenium, einem Spin-off der Technischen Universität Graz. Normalerweise werde die Technologie eingesetzt, um etwa nachzuvollziehen, wie sich Touristen in einer Ferienregion von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten bewegen. Doch dieser Tage dürfen die Technologie auch die Behörden nutzen: "A1 stellt diese Analysen in Krisenzeiten relevanten staatlichen Stellen zum Wohle der Allgemeinheit zur Verfügung." Konkret wird erhoben, wie es um das Bewegungsverhalten der Bürger in der Coronakrise bestellt ist - um zu prüfen, ob sich die Masse an die staatlichen Auflagen hält. Ein erstes Ergebnis laut verschiedener Medienberichte: Die Österreicher verringern ihren Bewegungsradius dieser Tage im Schnitt um 40 bis 50 Prozent.

Aber ist das Ganze auch verfassungs- und datenschutzkonform? Laut A1 schon. Die Daten würden nur Bewegungsströme in 20er-Schritten visualisieren. Alle Personen seien anonymisiert - auf einzelne Bürger zu schließen sei nicht möglich. "Es kann nicht ausgesagt werden, dass drei Personen von A nach B gehen. Es kann nur ausgesagt werden, dass sich 'bis zu 20 Personen' bewegen", schildert A1-Sprecherin Livia Dandrea-Böhm. Und sie ergänzt: "Die Lösung ist vollständig DSGVO-konform und TÜV-geprüft."

Ist der Ablauf tatsächlich datenschutzkonform?

Ob der Ablauf wirklich datenschutzkonform ist, hänge von einer zentralen Frage ab. "Nämlich, ob die Daten anonymisiert oder pseudonymisiert sind", beschreibt Michael M. Pachinger, Wiener Anwalt mit Schwerpunkt IT- und Datenschutzrecht. Seien Daten nur pseudonymisiert, bestünde die Möglichkeit, sie unter Umständen auf die Einzelperson zurückzuführen. Und dann hätten die Betroffenen gewisse Rechte, etwa zu widersprechen, dass ihre Daten verarbeitet werden. Just Handydaten seien oft auf die Einzelperson zurückzuführen. Außer es würden derart viele Anonymisierungsschritte gemacht, dass die Einzelperson nicht mehr festgemacht werden kann, ergänzt Pachinger.

Und ebendas sei im vorliegenden Fall gemacht worden, beschreibt Michael Cik im SN-Gespräch. Cik ist Mitgründer von Invenium, also jenem Unternehmen, das die Bewegungsanalysen gemeinsam mit A1 durchführt. Man bekomme die Daten bereits vollständig anonymisiert - und verarbeite diese auch vollständig anonym weiter. Konkret werde eine Reihe von Kryptografie-Maßnahmen gesetzt, die es unmöglich machen, die Daten auf Personen zurückzuführen. "Am Ende kommen aggregierte Analyseergebnisse raus, bei denen niemand auf den Einzelfall schließen kann." Nicht ohne Grund sei Invenium vom TÜV Saarland als datenschutzkonform eingestuft worden. "Wir arbeiten so ethisch und technisch korrekt, wie wir es auch vor der Krise gemacht haben", sagt Cik. Und er ergänzt, wieso man sich überhaupt der Daten angenommen hat. "Wir wollten schlicht Unterstützung leisten. Je weniger sich die Österreicher bewegen, desto stärker kann man das Virus eindämmen."

Harsche Kritik kommt von der Oppositon

Diese Unterstützung kommt bei den Rettungskräften gut an. "Diese Analysen sind sehr wertvoll für uns, um zu beurteilen, wie gut die Maßnahmen wirken", schildert der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik. Die Opposition sieht das völlig anders: Von FPÖ, SPÖ und Neos gab es Kritik an der Bewegungsanalyse. Die SPÖ sprach von einem "massiven Grundrechtseingriff", die Neos kündigten eine parlamentarische Anfrage an.


Und was ist mit den weiteren Mobilfunkanbietern im Land? Magenta und "3" bestätigen auf Anfrage, dass auch sie Besucherstromanalysen anbieten können. In der Coronakrise habe man noch keine Daten an die Behörden weitergegeben. Ein solcher Schritt sei aber zumindest für "3" vorstellbar: "Wenn es zum Schutz aller dient und wir uns im rechtlichen Rahmen bewegen, dann schließen wir es nicht aus", sagt "3"-Sprecher Tom Tesch.