Die Chataffäre um Thomas Schmid hat nun auch in der Medienbranche personelle Folgen: Wie am Montag innerhalb weniger Stunden bekannt wurde, stellt zum einen Rainer Nowak seine Funktionen als Chefredakteur und Herausgeber der "Presse" ruhend. Zum anderen tritt ORF-TV-Chefredakteur Matthias Schrom einen Urlaub an.
Auslöser für beide Entscheidungen sind Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). In einem Bericht der WKStA sind Chats von Nowak mit Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium, nachzulesen. In diesen lässt der heute 50-Jährige 2019 erkennen, dass er ORF-Generaldirektor werden will - und sich dafür offenbar Unterstützung von Schmid erhofft ("Jetzt musst du mir bitte beim ORF helfen"). Zudem gab er Schmid Tipps, wie er auf redaktionelle Anfragen von "Presse"-Journalisten am besten reagieren könne.
Schrom hingegen tauschte sich im selben Jahr mit dem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache zu Personalwünschen der FPÖ und der ORF-Berichterstattung aus. Samt Sätzen wie "ORF 1 ist noch viel linker" (als ORF 2, Anm.) oder "Die, die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger."
Matthias Schrom und Rainer Nowak wollten auf SN-Anfrage nicht auf die Causa eingehen. Vielmehr verwiesen sie auf die ORF-Pressestelle bzw. den Dachkonzern Styria. Schrom hatte aber bereits eingeräumt, dass der Chatverlauf "keine glückliche Außenwirkung" hat. Es sei jedoch wichtig gewesen, eine Gesprächsbasis zu einer Regierungspartei zu haben, "die dem ORF nicht nur kritisch, sondern ablehnend gegenüberstand". Den Personalwünschen der FPÖ sei nie entsprochen worden. Ähnlich argumentiert Nowak: Interventionsversuche seien nicht bis zu der Redaktion durchgedrungen. Zudem entschuldigte er sich für die "Tonalität und unangemessene Nähe".
Interne Prüfungen, Stellvertreter übernehmen
Bei der Styria wurde eine interne Prüfung eingeleitet, ORF-Generaldirektor Roland Weißmann betraute den hauseigenen Ethikrat mit der Causa. Ob Schrom und Nowak auf ihre Posten zurückkehren können, hängt wohl von den Untersuchungen ab. Die ORF-Redaktionsvertretung forderte jedenfalls bereits drastischere Schritte. Und auch bei der "Presse" rumort es: In einer Redaktionsversammlung am Montagnachmittag, bei der Nowak nach SN-Information nicht dabei war - er wurde angeblich gebeten, nicht zu kommen -, gingen die Wogen hoch. Die Redaktionsleitung der "Presse" übernimmt Florian Asamer, bislang stellvertretender Chefredakteur. Matthias Schroms Agenden hat derweil seine bisherige Stellvertreterin Eva Karabeg über.
Weitere ORF-Redaktionssitzung geplant
In einer weiteren Redaktionssitzung am Donnerstag, zu der alle Redakteurinnen und Redakteure aus dem ORF-Newsroom geladen sind, soll die Causa Schrom neuerlich diskutiert werden. ORF-Redakteure beschreiben im SN-Gespräch, dass der "Betrieb aktuell gelähmt" sei. Und dass der Imageschaden groß sei. Denn der Fall werde nicht als Problem Schroms, "sondern des gesamten ORF" wahrgenommen.
Indessen forderte die Journalistengewerkschaft Redaktionsstatuten, die Wahl und Abwahl von Chefredakteuren ermöglichen. Und Reporter ohne Grenzen richtet eine Watchdog-Plattform ein, auf der Verstöße gemeldet werden können.