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Rechtsabbiegen bei Rot und andere Rechte für Radfahrer: Was ist neu im Straßenverkehr?

Rechtsabbiegen für Radfahrer wird teilweise erlaubt. Fußgänger müssen Zebrastreifen und Unterführungen nicht mehr fix benützen.

Rechtsabbiegen für Radfahrer bei Rot wird fallweise erlaubt.
Rechtsabbiegen für Radfahrer bei Rot wird fallweise erlaubt.

Die Lobbyisten für Rad- und Fußgängerverkehr jubelten. Kritiker sprachen von grüner Ideologie, die sich jetzt auch im Straßenverkehr breitmache. Mit Samstag, 1. Oktober, tritt die jüngste Novelle zur Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft, die der Nationalrat im Juli beschlossen hatte. Die SPÖ und die Freiheitlichen hatten dagegen gestimmt. Die SN bringen eine Übersicht zu den wichtigsten Änderungen. Auch Verkehrsexperten sagen, manche Regelungen müssten sich erst in der Praxis bewähren.


Abbiegen bei Rot


Radfahrerinnen und Radfahrer dürfen nur dann bei roter Ampel rechts abbiegen, wenn es die zuständige Behörde an einer bestimmten Kreuzung erlaubt hat. Das muss durch Zusatztafeln mit Grünpfeil gekennzeichnet werden. Trotzdem müssen Radfahrer anhalten und sich vergewissern, dass ein gefahrloses Einfahren in die Kreuzung und Abbiegen möglich ist. Hier sehen Fachleute wie Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit auch Gefahren - vor allem könnten Fußgänger als nächstschwächere Verkehrsteilnehmer unter Druck geraten. Es werde in der Forschungsgesellschaft Straße-Schiene-Verkehr (FSV) an Kriterien gearbeitet. An den ersten geeigneten Kreuzungen könnte das Rechtsabbiegen bei Rot noch heuer erlaubt werden, glaubt Robatsch. FSV-Vorsitzender Martin Fellendorf, Professor an der TU Graz, betont: "Es kommt auf die freie Sicht und das Anhalten an. Eine wissenschaftliche Untersuchung dazu wäre auf jeden Fall gut."

Nebeneinander


Radfahrer durften schon bisher auf Radwegen, in Begegnungszonen oder Wohnstraßen sowie bei Trainingsfahrten mit Rennrädern zu zweit nebeneinanderfahren. Das wird nun auf alle Radfahranlagen sowie auf Straßen mit 30-km/h-Beschränkung ausgeweitet. Ausgenommen sind Vorrangstraßen, die Fahrtrichtung gegen Einbahnstraßen und Straßen mit Straßenbahnschienen.
Erwachsene, die ein Kind unter 12 Jahren begleiten, dürfen nun auf allen Straßen außer Schienenstraßen zu zweit nebeneinanderfahren.

Reißverschluss


Am Ende von Radfahrstreifen auf der Fahrbahn müssen sich Radfahrer bereits seit 2019 nach dem Reißverschlusssystem abwechselnd mit Kfz einordnen. Nun gilt das im Ortsgebiet auch bei Radwegen - sie sind baulich getrennt von der Straße -, wenn diese parallel einmünden und die Radfahrer die Richtung beibehalten. Beim Abbiegen oder Überqueren gilt das natürlich nicht. Im Freiland müssen Radfahrer beim Verlassen von Radwegen hingegen warten, wenn es keine Radfahrerüberfahrt gibt.

Gruppenweise


Wenn Gruppen von Radfahrern eine Straße überqueren wollen, wird es kompliziert. Ab 10 gemeinsam radelnden Personen müssen Fahrzeuglenker der Gruppe das gemeinsame Queren einer Kreuzung ermöglichen - auch wenn die Ampel inzwischen auf Rot umschaltet. Der erste Radfahrer muss danach aber praktisch warten und den übrigen Verkehrsteilnehmern durch Handzeichen anzeigen, wenn das Ende der Gruppe erreicht ist. Der oder die Erste und der oder die Letzte müssen eine Warnweste tragen.



Radüberfahrt


An Radfahrüberfahrten - auf der Straße durch sogenannte Blockmarkierungen gekennzeichnet - sollen Radfahrer eingebremst werden. Sie dürfen sich grundsätzlich mit maximal 10 km/h annähern und nicht überraschend die Straße überqueren.

Überholen


Die wohl wichtigste Neuerung für Kfz-Lenker: Beim Überholen von Radfahrern (und auch E-Scooter-Fahrern) ist ein seitlicher Mindestabstand von 1,5 Metern im Ortsgebiet und von 2 m auf Freilandstraßen einzuhalten. Unterschritten werden darf das nur, wenn das überholende Kfz maximal 30 km/h fährt.

Zebrastreifen


Die Regelung für Fußgänger bei Schutzwegen wurde gelockert. Bisher musste ein Zebrastreifen benützt werden, wenn er nicht mehr als 25 Meter entfernt ist. Jetzt gilt das nicht mehr, wenn der Verkehr ein Überqueren der Straße zweifellos zulässt und der Fahrzeugverkehr nicht behindert wird.

Unterführungen


Auch Unter- bzw. Überführungen müssen Fußgänger nicht mehr zwingend benützen. Sie dürfen in der Nähe der jeweiligen Querungshilfe die Straße queren, aber tunlichst auf geradem Weg und nicht etwa schräg. Für Gehsteige und Gehwege gilt folgende Änderung: Diese müssen nun nicht mehr benützt werden, wenn es etwa wegen Vereisung oder Verschmutzung nicht zumutbar ist.

Schulstraße


Mit der StVO-Novelle wird auch ein neues Verkehrszeichen "Schulstraße" eingeführt. Damit kann die unmittelbare Umgebung von Schulen gekennzeichnet werden, um gefährliche Situationen und Staus zu verhindern, denn in einer Schulstraße ist Kfz-Verkehr verboten. Radfahrer und Scooter-Lenker müssen Schrittgeschwindigkeit (5 km/h) einhalten. Hier wird die Praxis zeigen, ob die Probleme mit Eltern, die ihre Kinder selbst zur Schule fahren oder abholen, nicht in angrenzende Straßen verlagert werden.


Lkw/Busse


Beim Abbiegen an Kreuzungen wurde die Regelung für Busse und Lastwagen (über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht) verschärft - sie dürfen nur noch im Schritttempo rechts abbiegen, wenn mit Radfahrern oder Fußgängern zu rechnen ist. Dadurch sollen die gefürchteten Unfälle im sogenannten toten Winkel verhindert werden.