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Kaffeetrinken mit Maß kann das Leben verlängern

Dem Konsum von Kaffee werden mittlerweile viele gesundheitliche Vorteile zugeschrieben. Eine Expertin gibt Tipps, was beachtet werden sollte.

 Im Durchschnitt trinken Österreicher 3,11 Tassen Kaffee am Tag. Bis zu 400 Milligramm Koffein am Tag sind empfohlen.
Im Durchschnitt trinken Österreicher 3,11 Tassen Kaffee am Tag. Bis zu 400 Milligramm Koffein am Tag sind empfohlen.
Ernährungswissenschafterin Karin Gmeinhart empfiehlt, Kaffee nicht auf nüchternen Magen zu trinken.
Ernährungswissenschafterin Karin Gmeinhart empfiehlt, Kaffee nicht auf nüchternen Magen zu trinken.

Der erste Kaffee nach dem Aufstehen, um in die Gänge zu kommen. Am Arbeitsplatz angekommen folgt der zweite, um die Betriebstemperatur zu erreichen, mit dem dritten wird gegen das Nachmittagstief angekämpft. Ungefähr so könnte die tägliche Kaffeeration vieler Österreicherinnen und Österreicher aussehen. Denn im Durchschnitt trinken die Menschen hierzulande 3,11 Tassen Kaffee am Tag. Laut einer 2022 erschienenen Studie der Medizinischen Universität in Guangzhou (China) erweist sich diese Menge als besonders günstig. Das Forschungsteam rund um den Epidemiologen Chen Mao kam nämlich zum Schluss, dass jene Personen, die 1,5 bis 3,5 Tassen Kaffee pro Tag tranken, ein um bis zu 30 Prozent geringeres Sterberisiko während des Studienzeitraums hatten als Nichtkaffeetrinker. Das geringste Mortalitätsrisiko hatten Probanden, die etwa drei Tassen pro Tag tranken.

"Studien zeigen immer mehr durch Kaffeekonsum hervorgerufene positive Effekte auf die menschliche Gesundheit", sagt Ernährungswissenschafterin Karin Gmeinhart von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) in Salzburg. Das erfordere aber einen Konsum in Maßen. "Bei einem gesunden Menschen sind das bis zu 400 Milligramm Koffein am Tag, das entspricht etwa drei bis vier Tassen Filterkaffee", erläutert sie. Prinzipiell wirke Koffein stimulierend auf das zentrale Nervensystem, da es an Rezeptoren andockt und verhindert, dass die Nervenzellen langsamer arbeiten. Konzentration und Leistungsfähigkeit steigerten sich kurzzeitig. Laut der Expertin gelangt Koffein aus Kaffee nach 15 bis 20 Minuten ins Blut, baut sich aber nach einer Stunde langsam wieder ab. Die Aufnahme von koffeinhaltigem Schwarztee erfolge im Vergleich zwar langsamer, dafür halte dessen Wirkung wesentlich länger an. Für regelmäßige Kaffeetrinker kann sich eine Tasse Kaffee vor einer fordernden geistigen Aufgabe oder einer sportlichen Aktivität durchaus leistungsfördernd auswirken, sagt Gmeinhart. Bei Personen mit niedrigem Blutdruck könne eine Tasse den Kreislauf in Schwung bringen.

Kaffee werden noch weitere positive, tendenziell lebensverlängernde Auswirkungen zugeschrieben: "Einige Studien zeigen, dass Kaffee bei gesunden Menschen entzündungshemmend wirken kann, da die enthaltenen Polyphenole die freien Radikale, welche Zellen im Körper angreifen, abfangen", erklärt Gmeinhart. Die Datenlage bestätigt laut der Expertin, dass das Risiko für die Entstehung von Diabetes Typ II durch gemäßigten Kaffeekonsum gesenkt werden kann. Ebenso deuteten viele Indizien darauf hin, dass kaffeetrinkende Personen ein geringeres Risiko aufweisen, an bestimmten Krebsarten zu erkranken. "Das betrifft vor allem Gebärmutterhalskrebs, Prostatakrebs, Mundhöhlenkrebs und Hautkrebs. Hier sprechen wir von Hinweisen auf ein reduziertes Krebsrisiko, definitiv kann das noch nicht bestätigt werden", sagt die Ernährungswissenschafterin. So etwa lieferte eine viel zitierte Studie der Harvard Medical School in Boston Hinweise, dass Koffein Krebs vorbeugen kann. Die Studie zeigte, dass Probanden, die am meisten Kaffee tranken - mehr als vier Tassen pro Tag -, ein um 20 Prozent geringeres Risiko für bösartigen Hautkrebs (malignes Melanom) aufwiesen. Das galt aber nicht für das Frühstadium. Die Forschung zu Alzheimer und Kaffee ist schon weiter: "Bei Alzheimer verklumpen zwei Proteine und blockieren die Informationsübertragung der Nervenzellen. Man vermutet, dass Koffein die Ablagerung der Eiweißstoffe verhindern kann", erklärt Gmeinhart. Der exakte Wirkmechanismus sei aber nicht final geklärt.

Die ÖGK-Mitarbeiterin entkräftet weiters den Mythos, dass Kaffee den Körper austrockne: "Kaffee zählt zu den Flüssigkeitslieferanten. Allerdings nur, wenn dieser schwarz oder mit einem Schuss Milch getrunken wird", sagt sie. Mischungen wie der Latte macchiato zählten aufgrund ihres hohen Milchanteils nicht zu den Flüssigkeitsbringern. Milch gelte nämlich als flüssiges Nahrungsmittel. Aufgrund der Röststoffe in der Kaffeebohne fördert übermäßiger Konsum laut Expertin allerdings die Säurebildung im Magen, wodurch die Magenschleimhaut gereizt werde. Daher empfehle es sich nicht, Kaffee auf nüchternen Magen zu trinken, da die Magenschleimhaut so noch stärker gereizt werde: "Wenn der Magen durch übermäßigen Kaffeekonsum dauerhaft übersäuert ist, kann das zu Gastritis, Sodbrennen oder anderen Magenproblemen führen", gibt Gmeinhart zu bedenken. Auch dauerhafter Stress sei ein zentraler Faktor bei der Entstehung von Magen-Darm-Beschwerden. Die positiven Effekte treten somit nur bei gemäßigtem Konsum sowie einem generell gesunden Lebensstil auf.

Auf Kaffee verzichten sollten Schwangere und Stillende. Personen mit Herzerkrankungen, Magenproblemen wie Gastritis, dem Reizdarmsyndrom oder Bluthochdruck sollten den Kaffeekonsum mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin abklären. Menschen, die unter Angstzuständen oder Panikattacken leiden, müssten testen, wie sich der Kaffeekonsum bei ihnen auswirkt. Laut Gmeinhart besteht bei ihnen eine höhere Wahrscheinlichkeit, Koffein nicht allzu gut zu vertragen. Allerdings hänge hier die Verträglichkeit primär von genetischen Faktoren ab.