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24 Monate Haft im ersten Signa-Prozess: Ein Urteil und Benkos "anderes Mascherl fürs Geld"

Der erste Prozess gegen den einst schillernden Signa-Gründer endete mit einem Schuldspruch. Das Gericht verurteilte Benko zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten. In einem zweiten Punkt wurde er allerdings freigesprochen. Nicht rechtskräftig.

Der zweite Prozesstag: René Benko sei ein „Kämpfer“, sagt sein Anwalt. Nun wurde er verurteilt – nicht rechtskräftig.
Der zweite Prozesstag: René Benko sei ein „Kämpfer“, sagt sein Anwalt. Nun wurde er verurteilt – nicht rechtskräftig.
René Benko am ersten Verhandlungstag am Dienstag.
René Benko am ersten Verhandlungstag am Dienstag.

Zum Schluss richteten sich noch einmal alle Augen auf den Mann im dunklen Anzug auf der linken Sitzbank an der Wand. René Benko, 48 Jahre alt und Ex-Milliardär, verharrte dort, abgeschirmt von seinen Anwälten und breitschultrigen Justizwachebeamten. Sein Widerwille, sich in die Mitte des Saals auf den eigentlichen Anklagesessel zu setzen, war ihm auch anzusehen, als die Richterin kurz vor 14 Uhr und damit früher als erwartet am Landesgericht Innsbruck das Urteil verkündete: Der Signa-Gründer und einstige Immobilientycoon Benko hat sich der betrügerischen Krida schuldig gemacht und wurde zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt - nicht rechtskräftig.

Benkos Verteidiger Norbert Wess blickt auf das Urteil mit einem weinenden und auch mit einem lachenden Auge, wie er kurz nach dem Prozess kundtat. Denn: Der Schöffensenat sah Benkos Schuld nur in einem der beiden Anklagepunkte als erwiesen an. Von dem Vorwurf der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, dass er Geld "beiseitegeschafft" habe, indem er für eine Villa im Innsbrucker Stadtteil Hungerburg zwar Miete und Betriebskosten bezahlt habe, dort aber nie wohnte, sprach ihn das Gericht frei. Laut Anklage sei die Luxusvilla nämlich aufgrund eines Hangrutsches unbewohnbar gewesen. Für die Richterin sei das aber, obwohl sie sechs Zeugen dazu befragt hatte, nicht erwiesen.

Damit verringerte sich die Schadenssumme von 660.000 Euro auf 300.000 Euro - folglich fiel die mögliche Strafe weitaus geringer aus. Wess erwägt, das Urteil dennoch zu bekämpfen. Auch die Vertreter der Staatsanwaltschaft gaben vorerst keine Erklärung ab. Hält das erstinstanzliche Urteil, bleibt René Benko für etwa vierzehn weitere Monate im Gefängnis. Die U-Haft wird ihm angerechnet.

Verfahren als Auftakt für eine mögliche Prozessserie

Wie es dem Tiroler selbst damit geht, war anhand seiner Reaktion auf das Urteil nur schwer zu erkennen. Im Gerichtssaal saß er zum Schluss starr auf dem Platz, blickte nach vorn, auf den Tisch vor ihm, dann wieder in den auf bis zum letzten Platz gefüllten Saal. Benko sei ein "Kämpfer", richtete sein Anwalt nach der Verhandlung aus. "Er findet sich in jeder Situation zurecht."

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der frühere Immobilieninvestor sein Geld vor dem Zugriff der Gläubiger schützen wollte, indem er kurz vor dem Beginn der Signa-Pleitewelle vor zwei Jahren 300.000 Euro an die Stiftung seiner Mutter überwies - "ohne dass es einen Rechtsgrund gibt". Richterin Andrea Wegscheider: "Das reicht für die Krida. Alles Weitere ist für dieses Verfahren irrelevant." Sie stellte auch klar, dass der Unternehmer vorsätzlich gehandelt habe. "Herr Benko hat im Rahmen des Insolvenzverfahrens versucht, Geld ein anderes Mascherl zu geben." Es sei versucht worden, Zahlungen zu kaschieren.

Das Verfahren gilt als Auftakt einer möglichen Prozessserie rund um die größte Pleite in der jüngeren Geschichte Österreichs. Die Forderungen der Gläubiger belaufen sich insgesamt auf 27,6 Milliarden Euro. Die nun im ersten Prozess behandelte Schenkung von 300.000 Euro möge "wie die Portokasse" erscheinen, es handle sich dennoch um viel Geld, sagte die Richterin. "Der normale Bürger muss glauben dürfen, dass so etwas nicht passiert." Angesichts des aufwendigen Verfahrens schlägt Benkos Verteidiger Wess für die weiteren Ermittlungen ein neues Vorgehen vor. "Man muss der Staatsanwaltschaft mehr Zeit geben." Er spricht von "ein, zwei Jahren", damit dann mit den Betroffenen gemeinsam ein Vorgehen überlegt werden könne.

So lief der zweite Prozesstag ab

Der zweite Prozesstag hatte am Mittwochmorgen genauso wie jener zuvor begonnen: Wieder war René Benko kaum zu sehen, als er um kurz nach neun den Gerichtssaal betrat. Wieder begleiteten ihn Justizwachebeamte in schusssicheren Westen. Seit Jänner sitzt Benko in Untersuchungshaft, das sah man ihm an. Augenringe, blass.

Danach ging es im Schwurgerichtssaal am Landesgericht Innsbruck Schlag auf Schlag. Ein Zeuge nach dem anderen nahm auf dem Sessel vor dem Schöffensenat Platz. Es ging bei dem ersten Signa-Prozess um einen Wasserschaden im Haus der Benkos, einen Hangrutsch, einen Mietvertrag und natürlich Geldtransfers.


Die Zeugen kamen fast alle aus dem Umfeld Benkos und der Signa Holding: ein früherer Manager des Unternehmens, der einstige Geschäftsführer Markus Mühlberger und auch ein ehemaliger Controller waren geladen. Gegen Letzteren und den Ex-Manager gibt es selbst Ermittlungen. Der frühere Controller wird der Falschaussage in einem anderen Verfahren aus dem Signa-Komplex verdächtigt, der Ex-Manager sei laut Richterin selbst Beschuldigter "in einem großen Strafverfahren in Wien". Beide sollten eine eigentlich einfache Frage beantworten: War die Hungerburg in Innsbruck im Jahr 2023 nun bewohnbar oder nicht?

Luxusvilla im Fokus: War sie nun bewohnbar oder nicht?

Ja, sagte der Ex-Manager. Auch wenn er selbst in diesem Zeitraum nie vor Ort gewesen sei. Warum er aber davon ausgehe? Benko selbst sei an ihn herangetreten und habe ihm mitgeteilt, dass er die Villa gemeinsam mit seiner Frau bewohnen wolle, teilte er dem Gericht mit. Den Entwurf des Vertrags habe der Angeklagte geschrieben. Andere Interessenten an dem Haus habe es nicht gegeben. "Es ist ja kein 08/15-Objekt." Benko selbst folgte den Worten seines ehemaligen Mitarbeiters gespannt, legte gelegentlich einen Zeigefinger an seine Oberlippe, schaute gespannt auf den Bildschirm vor ihm, wo die Richterin Verträge über die Sanierungs- und Renovierungskosten des Hauses zeigte.

Am Ende kam die Richterin zu dem Schluss, dass auch nach Abschluss des Beweisverfahrens nicht eindeutig bewiesen werden konnte, ob die Villa nun bewohnbar oder eben nicht war. In der Urteilsverkündung sagte sie: "Alles, was wir nicht feststellen können, geht zugunsten des Angeklagten."

Der Verlauf des zweiten Prozesstages zum Nachlesen:

Wie war der erste Prozesstag? Das lesen Sie hier nach.