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Slowakische Uni will Aschbacher-Dissertation prüfen

"Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse" ortet der "Plagiatsjäger" Stefan Weber in der Diplomarbeit und der Dissertation der zurückgetretenen Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Sowohl die FH Wiener Neustadt als auch die Slowakische Technische Universität wollen die Arbeiten jetzt prüfen.

Arbeitsministerin Aschbacher und Bundeskanzler Kurz (Angelobung 2020)

Die an der FH Wiener Neustadt verfasste Diplomarbeit "unterbietet alle wissenschaftlichen Standards", schreibt Weber in seinem Blog. "Schwerwiegende Plagiate" sieht er auch in der Kurzfassung von Aschbachers 2020 eingereichter Dissertation. Diese ist online und enthält ebenfalls fragwürdige Stellen.

So gibt Aschbacher an einer Stelle einen ins Deutsche übersetzten "Forbes"-Artikel wider. Und zwar inklusive der markanten Feststellung: "Annahmen sind wie Seepocken an der Seite eines Bootes; sie verlangsamen uns." Den Artikel des US-Wirtschaftsmagazins nennt sie in einer Fußnote zwar als Referenz. Allerdings macht sie aus der Feststellung des Original-Autors, er habe im Lauf seiner Karriere mit Hunderten Teams zusammengearbeitet, die Behauptung: "In dieser Dissertation wurde mit Hunderten von Teams (...) zusammengearbeitet."

An einer anderen Stelle wird der britische Unternehmer Richard Branson zitiert:

"Vielleicht, daher ist es seltsam, dass, wenn es irgendeine eine Phrase, die garantiert wird, um mich auf den Weg, es ist, wenn jemand zu mir sagt: 'Okay, fein. Du bist der Chef!'", Sagt Branson. "Was mich ärgert ist, dass in 90 Prozent der Fälle, wie, was diese Person wirklich sagen will, ist: 'Okay, dann, glaube ich nicht mit Ihnen einverstanden, aber ich werde rollen und tun es weil sie sagen mir zu. Aber wenn es nicht klappt werde ich der Erste sein, der daran erinnern, dass es nicht meine Idee."

Das Zitat im Original:

"Perhaps, therefore, it is odd that if there is any one phrase that is guaranteed to set me off it's when someone says to me, 'OK, fine. You're the boss!' What irks me is that in 90% of such instances what that person is really saying is, 'OK, then, I don't agree with you, but I'll roll over and do it because you're telling me to. But if it doesn't work out I'll be the first to remind everyone that it wasn't my idea."

Aschbacher habe "nach bestem Wissen und Gewissen" gehandelt

Aus dem Büro Aschbachers hieß es gegenüber der APA, dass die Ministerin "nach bestem Wissen und Gewissen" gearbeitet habe. Die Diplomarbeit sei bereits 2006 eingereicht und mit einem "Sehr Gut" beurteilt worden. Sowohl bei dieser als auch bei der an der Technischen Universität Bratislava eingereichten Dissertation habe es sich bei den Betreuern um in der Community anerkannte Professoren gehandelt, auf deren Urteil sie weiter vertraue.

Laut ihrem Sprecher hat Aschbacher ihre Dissertation bereits im Dezember 2019 fertiggestellt, als Abgabedatum wird in der Dissertation der 31. Mai 2020 genannt. Die Defensio fand seinen Angaben zufolge im August statt. Thema der im Studienfach "Maschinenbau" verfassten Arbeit ist demnach der "Entwurf eines Führungsstils für Innovative Unternehmen".

Slowakische Universität will Dissertation prüfen

Die Slowakische Technische Universität (Slovenská technická univerzita - STU) will die Dissertation der am Samstag zurückgetretenen Arbeitsministerin Christine Aschbacher gründlich überprüfen. Das berichtete die liberale slowakische Tageszeitung "Dennik N" am Samstag auf ihrer Webseite. Mit ihrer Dissertation hat die ÖVP-Politikerin im Vorjahr demnach bei der STU im Studienprogramm Industrie-Management der Materialtechnischen Fakultät den PhD-Titel erlangt.

Die STU besteht aus sieben Fakultäten. Die Material-technologische Fakultät hat ihren Sitz in Trnava, alle restlichen befinden sich in der Hauptstadt Bratislava.

Seitens der STU heißt es laut der Zeitung und News-Plattform "Dennik N", dass die Arbeit mit dem staatlichen Antiplagiat-System überprüft wurde, das eine Übereinstimmung mit fremden Texten von 1,15 Prozent gefunden habe. "Eine derartige Übereinstimmung ist minimal, aus dieser Sicht handelt es sich also nicht um ein Plagiat. Das Antiplagiat-System vergleicht aber nur die Übereinstimmung mit Quellen, die sich in seiner Datenbank befinden. Fraglich ist dabei das Ausmaß der Vertretung ausländischer Quellen darin", so der Sprecher der STU Juraj Rybansky für die Zeitung. In der Datenbank des staatlichen Systems befinden sich vor allem slowakische Texte aus Lehrbüchern und dem Internet, mit denen Arbeiten verglichen werden. Deutsche Texte liegen nur wenige vor.

Eine der besten slowakischen Hochschulen

Die STU gehört zu den besten slowakischen Hochschulen, öfter hat sie auch enthüllte Plagiatoren aus der slowakischen Politik kritisiert. Nachdem im Vorjahr auch der slowakische Parlamentspräsident Boris Kollar eines Plagiats überführt wurde, hat sich die STU einer öffentlichen Äußerung angeschlossen, laut der "ein akademischer Titel keine Dekoration" sei, dank der Politiker oder Geschäftsmänner ihren sozialen Statuts erhöhen können, sondern das Ergebnis ehrlicher Forschungsarbeit sein sollte.

Im Zusammenhang mit Aschbacher verspricht die STU "gründliche" Kontrolle. "Die STU schaut konsequent auf die Einhaltung hoher Qualitätsstandards von Abschlussarbeiten. Alle Feststellungen von Stefan Weber, die die Dissertationsarbeit von Christina Aschbacher betreffen, werden gründlich überprüft und über die Ergebnisse werden wir informieren," so Sprecher Rybansky.

Laut dem slowakischen Zentralen Register von Abschlussarbeiten hatte Aschbacher 2012 mit ihrer Arbeit begonnen. Eingereicht hat sie ihre Abschlussarbeit aber erst im Mai 2020, also acht Jahre später. Ein externes Doktor-Studium dauert in der Regel nur fünf Jahre, kann aber laut Gesetz um zwei Jahre verlängert werden. Die Uni selbst sieht in der längeren Dauer kein Problem, da laut ihren Infos Aschbacher ihr Studium für zwei Jahre unterbrochen hatte, womit sie die maximale Länge nicht überschritten habe.

Leiter der Arbeit von Aschbacher war Professor Jozef Sablik, der zwischen 1999 und 2006 auch Dekan der Materialtechnischen Fakultät der STU in Trnava war. Die Arbeit hatten als Opponenten auch Dagmar Babcanova und Felicita Chromjakova beurteilt. Ihre Reaktion ist bisher noch nicht bekannt.

In der Slowakei gelten ab Neujahr neue Regeln gegen Plagiate. Auf den aktuellen Skandal haben diese aber keinen Einfluss, da auch die novellierte Gesetzgebung Rektoren nicht ermöglicht, betrügerisch erlangte Titel rückwirkend abzuerkennen. Die neue Legislative bezieht sich nur auf Abschluss-Arbeiten, die nach dem 1. Jänner dieses Jahres eingereicht werden.

Die Gesetzesnovelle hatten im Vorjahr die slowakischen Koalitionsparteien - Gewöhnliche Menschen (OLaNO) von Premier Igor Matovic, Wir sind Familie von Parlamentspräsident Boris Kollar, die liberale SaS und Für die Menschen - angenommen. Damit haben sie faktisch ihre eigenen Politiker vor einer eventuellen Titel-Aberkennung geschützt. Im vergangenen Jahr sind nämlich auch der slowakische Ministerpräsident Matovic, Parlamentspräsident Kollar und Bildungsminister Bratislav Gröhling von der SaS eines Plagiats überführt worden.

KOMMENTARE (2)

Klaus Duschek

... und es steht zu befürchten, dass Aschbacher nur die Spitze eines Eisberges mit Namen "Scheinkompetenz" sein dürfte. Als Absolvent der Innsbrucker Universität bin ich mit den Gepflogenheiten der italienischen Studenten sehr vertraut und habe daher (bei voller Gültigkeit der Unschuldsvermutung) zumindest begründete Zweifel was das Doktorat der Haupteinflüsterin von Kurz, Frau Mai-Pochtler, angeht, da ich zu oft miterlebte, wie aus einem österreichischen Magistergrad durch Nostrifikation in Italien ein "Dottore" wurde. Hintergrund dazu: In Italien war/ist der akademische Grad "Magister" unbekannt und wurde/wird in Italien bei der sogenannten Nostrifizierung (also der Umschreibung in einen italienischen Titel an/durch eine italienische Universität) in den "Dottore" umgewandelt, was gerade bei uns in Tirol sehr oft zu den lustigen Situationen führt, dass ein und dieselbe Person in Italien (Südtirol) als Dott. XYZ auftritt und sich in Nordtirol "nur" als Mag. XYZ bezeichnen darf. Generell muss natürlich dazugesagt sein, dass der akademische Grad allein nur die halbe Wahrheit ist. Neben dem durch einen bestimmten Abschluss erworbenen Grundwissen in einem Fachgebiet sollten die wesentlichen Funktionalitäten jeglichen akademischen Grades in der Bereitschaft zum lebenslangen Weiterlernen sowie der Anwendung des Erlernten zum Wohl der Gesellschaft liegen. Ohne diese beiden Grundfunktionen eines akademischen Grades sind es nur schmückende Hülsen!
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Robert Wider

Hallo UNI !!!! Was??? Jetzt erst? Das ist kein Ruhmesblatt für eine akademische Arbeit. Der Umgang der UNI mit den eingereichten Arbeiten ist in diesem Zusammenhang wohl auch zu hinterfragen! "Ich jetzt dir sagen, du nix gut sprechen Deutsch"! Razumiješ li me? Wenn sie die Arbeit zumindest durchgelesen hätte, die Frau Anschober, hätte ihr das auffallen müssen, zumindest jetzt als Frau Minister! Eine Arbeit mit diesem Deutschstandard abzuliefern spricht für den Geschäftsgeist. Ein österreichischer Gast - Schreiber wäre wohl teurer gekommen, oder? Es schüttelt den Kopf, der Saubertl
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