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Verborgene Orte der Festung: Glocke, Kerker und Lastenzug

In normalen Jahren besuchen über eine Million Gäste das Salzburger Wahrzeichen. Einige Kammern bleiben Besuchern aber verschlossen - auch Mitarbeiter kommen nur selten dorthin.

Festungsverwalter Bernhard Heil bei der Glocke: „Bei einer Geburt läuten wir.“
Festungsverwalter Bernhard Heil bei der Glocke: „Bei einer Geburt läuten wir.“

Ein altes Graffito aus Bleistift zeugt von einem unangenehmen Aufenthalt auf der Festung Hohensalzburg: Ein gewisser Toni Feichtinger war um die Jahrhundertwende 14 Tage in Festungshaft. Eine Handvoll Stufen führen in einen kleinen Kerkerraum auf der Südseite der Festung, in dem sich Inhaftierte aus der Zeit, als die Festung als Kaserne gedient hat, verewigt haben.

Für Besucher sind die kleinen Gefängniszellen nicht geöffnet. Das würde bedeuten, dass man wohl auch die Graffiti entfernen müsste, sagt Festungsverwalter Bernhard Heil. "Dann ginge etwas verloren." Die Zugänge über steile Treppen wären wohl auch für große Touristenströme nicht geeignet. Zu sehen gibt es sonst auch genug: 33.000 Quadratmeter Fläche hat die Festung Hohensalzburg, knapp 7000 Quadratmeter davon sind Innenräume.

Ein Blick vom Dachboden in den Innenhof.
Ein Blick vom Dachboden in den Innenhof.

Eine Etage über dem Rainermuseum öffnet sich eine Dachbodenwelt, die für Besucher ebenfalls verschlossen ist. Dort ist noch ein mittelalterlicher Lastenzug zu sehen. "Göppel" nennt das Bernhard Heil. "Die Räume hier wurden früher als Lager benutzt. Statt die Lasten über die engen Stiegen nach oben zu tragen, wurden sie mit dem Lastenzug transportiert." Jetzt sind die Holzböden leer, nur kleine Kabelschächte vom darunterliegenden Museum sind hier zu sehen. Trotzdem gibt es einiges zu entdecken: Über eine steile Stiege gelangt man zum Glockenturm: Dort hängt die Festungsglocke aus dem Jahr 1503. "Damit gehört sie zu den älteren Glocken im Bundesland", sagt Bernhard Heil.

Festungsverwalter Bernhard Heil.
Festungsverwalter Bernhard Heil.

Früher hatte sie eine Alarm- und Signalfunktion. Aber auch heute wird sie noch geläutet: Nach wie vor von Hand mit Seilen. "Wenn ein Festungsbewohner ein Kind bekommt, läuten wir für fünf Minuten, bei einer Hochzeit für zehn Minuten und bei einem Todesfall für 15 Minuten." Auch zu Weihnachten wird die Glocke geläutet.

Keine Funktion mehr hat das alte Uhrwerk, das über dem Wehrgang in einem Dachbodenzimmer zu sehen ist. Die Festungsuhr wird mittlerweile digital mit einer Anlage neben dem historischen Werk aus dem 15. Jahrhundert gesteuert.

Auf dem Weg dorthin gibt es einen besonderen Blick auf die Unterseite des Festungsdachs: Dieses habe Erzbischof Paris Lodron im Dreißigjährigen Krieg umbauen lassen, so Bernhard Heil. "Davor hatte die Festung ein riesiges Giebeldach. Um sich vor Kanoneneinschlägen und Bränden besser zu schützen, wurde ein Grabendach auf die Festung gebaut." Bei den in viele kleine Giebel unterteilten Grabendächern könne Feuer sich nicht so schnell ausbreiten, sagt Heil.

Seit 18 Jahren ist Heil auf der Festung tätig. In der Zeit war er in jedem großen Saal und kleinen Kämmerchen. In einige Bereiche kommen aber auch die Festungsmitarbeiter so gut wie nie. Dazu gehört auch der Dachboden über dem alten Fechtboden, der vor drei Jahren aus unerfreulichen Gründen oft betreten werden musste: Damals hatte ein Sturm das Dach abgedeckt. Mittlerweile ist die Konstruktion wieder instand gesetzt. Der Bereich wäre sicher auch für den einen oder anderen Besucher interessant.

Führungen könne man hier aber keine machen, auch nicht für kleine Gruppen im Rahmen von Sonderführungen, sagt Bernhard Heil. "Das würde bedeuten, dass man diesen alten Holzboden, in dem ja auch die eine oder andere Lücke zu sehen ist, sicher machen müsste." Also: ein neuer Boden, Handläufe und vieles mehr. "Dann würde dieser Bereich seinen Charme verlieren."

Viele Bereiche der Festung sind zu besichtigen, modern ausgestattet und für Besucher hergerichtet. Ein paar Kammern und Dachbodenzimmer haben sich aber etwas Mittelalterlich-Geheimnisvolles behalten.

Daten & Fakten: Derzeit nur die Hälfte der Besucher

1,4 Millionen Besucher zählte die Festung Hohensalzburg im Jahr 2019. In den Jahren davor war jeweils ein kräftiger Besucheranstieg verzeichnet worden. Die Millionegrenze bei den Besuchen war im Jahr 2013 geknackt worden.

Durch die Coronapandemie hat sich einiges geändert. In diesem Sommer sind zwar wieder einige internationale Gäste auf der Festung unterwegs, aber von Besucherrekorden ist man dennoch weit entfernt. Derzeit tähle man täglich rund die Hälfte jener Besucher, die man in normalen Sommern auf der Festung begrüße.

In diesem Sommer sind sogar weniger Besucher als in der vergangenen Saison auf der Festung: In der Verwaltung geht man davon aus, dass im vergangenen Jahr mehr Österreicher Urlaub im eigenen Land gemacht hatten - und dabei auch der Festung einen Besuch abgestattet hatten. Heuer wird wieder mehr geflogen und fortgefahren, was die Festung spüre.

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