SN.AT / Salzburg / Politik

Wie stehen die Landgemeinden zum S-Link? "Die Stimmung ist gekippt"

Die Kampagne des Landes zum S-Link verzögert sich weiter. Erst ab August will man für das Bahnprojekt S-Link werben. Für viele Ortschefs im Flachgau und Tennengau ist das zu spät.

Die S-Link-Kampagne des Landes lässt weiter auf sich warten. Die Projektgesellschaft plant indes die Trasse noch einmal um.
Die S-Link-Kampagne des Landes lässt weiter auf sich warten. Die Projektgesellschaft plant indes die Trasse noch einmal um.
Sternstunden der Verkehrsplanung ...
Sternstunden der Verkehrsplanung ...
So könnte die S-Link-Haltestelle in Anif aussehen (Visualisierung der Projektgesellschaft).
So könnte die S-Link-Haltestelle in Anif aussehen (Visualisierung der Projektgesellschaft).

Wird der S-Link ein "Jahrhundertprojekt", ein "Milliardengrab" oder abermals abgesagt - an dieser Frage scheiden sich nach wie vor die Geister in Stadt und Land Salzburg.

Ob die teils unterirdische Lokalbahnverlängerung von Salzburg bis Hallein gebaut wird, entscheidet sich in einer überregionalen Bürgerbefragung am 10. November. Knapp vier Monate ist somit noch Zeit, um die Bevölkerung in der Stadt Salzburg, im Flachgau und im Tennengau für das Projekt zu begeistern. Vor knapp einem Jahr hat die Landesregierung angekündigt, dass es eine Befragung geben wird. Dennoch lässt die angekündigte Informationskampagne weiter auf sich warten. Diese hätte mit Juli starten sollen, wie LH-Stv. Stefan Schnöll (ÖVP) noch im Juni angekündigt hatte. Eine überparteiliche Plattform mit namhaften Salzburgerinnen und Salzburgern sollte präsentiert werden. Eine Tour durch alle Gemeinden sei geplant. Doch nun wird erst ab August aktiv für den S-Link geworben, wie Schnöll mitteilt. Er betont, dass der S-Link auch für Gemeinden, die nicht direkt an der Trasse liegen würden, eine große Chance biete. Er glaube, dass die Mehrheit dafür stimmen werde "und nicht wieder die Verhinderer das Sagen haben". Nach der Nationalratswahl am 29. September, also sechs Wochen vor dem Abstimmungstermin, soll es dann einen Intensivwahlkampf geben.

Landgemeinden warten auf Informationen zum S-Link

Ist das zu spät? "Die Straßwalchner in sechs Wochen auf eine Meinung zu bringen ist schwierig", sagt etwa SPÖ-Bürgermeisterin Tanja Kreer. Sie vermisst Informationen zum Projekt. "Ich befürchte, die Beteiligung wird gering sein." In der Flachgauer Gemeinde mit etwa 8000 Einwohnerinnen und Einwohnern und somit vielen potenziellen Wahlberechtigten ist der S-Link dem Vernehmen nach kein großes Thema. Das deckt sich mit den Schilderungen aus anderen Gemeinden. Ein SN-Rundruf ergab: In Orten, die nicht direkt an der Trasse sind, dürfte die Wahlbeteiligung marginal ausfallen.

In Bergheim, mit etwa 5600 Einwohnern, das erheblich unter Belastungen des Pendlerverkehrs leidet, sei der S-Link noch keine sichere Bank, wie ÖVP-Bürgermeister Robert Bukovc schildert. "Ich werde dafür abstimmen - die Stimmung innerhalb der Bevölkerung ist jedoch schwer abzuschätzen." Von Terminen in der Gemeinde habe er noch nichts gehört. "Je früher und je mehr Infos zum Projekt kommen, desto besser, dann wäre die Akzeptanz in der Bevölkerung größer."

In Golling sieht die Lage ähnlich aus. Obwohl die Marktgemeinde mit ihren rund 4500 Einwohnern sehr stark von Stau und Ausweichverkehr betroffen ist, sieht Bgm. Martin Dietrich (SPÖ) derzeit kein gesteigertes Interesse am Projekt S-Link: "Golling ist verkehrstechnisch mit den ÖBB sehr gut angeschlossen." Er selbst arbeite in der Stadt Salzburg und erreiche seinen Arbeitsplatz vom Bahnhof aus in unter 30 Minuten. Mit dem Projekt S-Link habe er durchaus seine Probleme, er müsse sich aber noch genauer einlesen: "Meiner Ansicht nach entlastet der S-Link eher den Süden der Stadt Salzburg, der Stau kommt aber von Norden."


In der Flachgauer Gemeinde Thalgau (etwa 6000 Einwohner) ist der S-Link nur ein Randthema. ÖVP-Vizebgm. Lisa Frenkenberger bekennt sich zum Ausbau der Öffis - gerade auch im Hinblick auf eine Reaktivierung der Ischlerbahn, die bis 1957 durch Thalgau gefahren ist. "Der S-Link ist dafür die Voraussetzung."

Projektgesellschaft plant Trasse um

Noch ist unklar, wie die Fragestellung, über die am 10. November abgestimmt wird, lauten soll. Dazu sei man weiter in Abstimmung mit der Landeslegistik, sagt Schnöll. "Das ist gar nicht so einfach, da die Fragestellung nicht auf Zuständigkeiten von Stadt, Gemeinden oder Bund abzielen darf." Bis Mitte August soll die Fragestellung finalisiert werden.

Und auch die Trasse ist noch nicht fixiert. Nach fünf Bürgerdialogen in Hallein, Oberalm, Anif und in der Stadt Salzburg hat die Projektgesellschaft am Donnerstag verkündet, die Trasse noch einmal umzuplanen - nach Anregungen und teils massivem Gegenwind aus der Bevölkerung. "Aber wir können nicht alle Wünsche unter einen Hut bringen", räumt Geschäftsführer Stefan Knittel ein. Im Herbst soll die Trasse endgültig stehen.

Darauf sei man in Anif bereits gespannt, sagt Bürgermeisterin Gabriella Gehmacher-Leitner. Beim Dialog wurde von Bürgern angeregt, den S-Link länger entlang der Autobahn zu führen und dafür das Grünland im Ortsteil Niederalm nicht in dem Ausmaß zu berühren wie vorgesehen. Diese Variante wird nun von der Projektgesellschaft geprüft, ebenso die unterirdische Querung der Königsseeache. Denn die Ortschefin kritisiert: "Ein Problem, die Überquerung mittels Brücke über die Königsseeache, bleibt." In Hallein sind Bürgerinnen und Bürger gegen eine Trasse, die dicht am Siedlungsgebiet von Neualm verläuft. Auch das will die Projektgesellschaft nun berücksichtigen.

Stangassinger: "So wie die Trasse jetzt ist, werde ich mit Nein stimmen"

Bgm. Alexander Stangassinger (SPÖ) stellt sich auf die Seite der Anrainer: "Es ist ein Unterschied, ob die Gleise 100 Meter weit weg sind oder zehn Meter." Besonders ärgerlich sei, dass 14 Tage vor dem Bürgerdialog noch eine andere Trasse in der Salzberghalle ausgestellt worden sei: "Das ist nicht vertrauensbildend." Mittlerweile würden ihn aus der Bevölkerung mehr negative als positive Rückmeldungen erreichen: "Vor ein paar Monaten hätte ich noch gesagt, die Halleiner sind für den S-Link. Aber jetzt ist die Stimmung gekippt", sagt Stangassinger. Das sei schade: "Grundsätzlich wäre das ein sinnvolles Projekt und ich stehe jeder Verbesserung des öffentlichen Verkehrs positiv gegenüber. Aber so wie die Trasse jetzt ist, werde ich mit Nein stimmen."

Tennengauer Bürgermeister hofft auf "mutigere Politik"

Jene Trasse, die nun dicht an den Halleiner Stadtteil Neualm herangerückt ist, hat mit der Nachbargemeinde Oberalm zu tun (etwa 4400 Einwohner). Die frühere Trasse hätte für einige Landwirte den Tod bedeutet, sagt Bgm. Hans-Jörg Haslauer (ÖVP). Trotz des nun erzielten Kompromisses seien die direkt betroffenen Anrainer wohl weiterhin dagegen. Beim Rest der Oberalmer tue er sich mit der Einschätzung schwer. Er bezweifle auch, ob eine Bürgerbefragung geeignet sei, um über ein Infrastrukturprojekt abzustimmen. Die Gegner seien leichter zu mobilisieren als die Befürworter. "Wenn wir über die Autobahn abstimmen hätten lassen, gäbe es sie nicht. Dann hätten wir aber die ganzen Autos in den Dörfern", sagt Haslauer. Den S-Link werde es in Zukunft brauchen, "man muss aber auch die Bevölkerung mitnehmen".

Ins selbe Horn stößt der Kuchler Bürgermeister Thomas Freylinger (ÖVP). Er rechne mit einer unterdurchschnittlichen Wahlbeteiligung und wisse auch selbst noch nicht, wie er abstimmen werde. "Wir brauchen eine Alternative zum Auto, aber das muss vielleicht nicht der S-Link sein." Er sei auf jeden Fall dafür, dass die nun ausgearbeitete Trasse freigehalten werde - "vielleicht kommt irgendwann wieder eine mutigere Politik".


Daten und Fakten zum S-Link:


Der S-Link soll
mit einer Gesamtlänge von 17 Kilometern vom Salzburger Hauptbahnhof bis nach Hallein fahren, davon etwa 4,5 Kilometer unterirdisch. Für den ersten Abschnitt bis zum Mirabellplatz liegt die Baugenehmigung bereits vor. Danach soll die Trasse über den Mozartsteg, die Akademiestraße, Alpenstraße und weiter nach Anif, Niederalm, Rif bis zur Einbindung in das bestehende Gleis in Hallein führen. Die finalen Pläne sollen im Herbst vorgestellt werden. Der Nahverkehr soll am S-Link anknüpfen, so etwa Busse oder die geplante Messebahn.


Je nach Variante
wurden die Kosten für die teils unterirdische Verlängerung der Lokalbahn durch die Stadt Salzburg bis nach Hallein mit 1,985 bis zu 2,838 Milliarden Euro angegeben. Ab der Friedensstraße soll der S-Link oberirdisch in der Alpenstraße geführt werden. Die Kosten betragen Stand jetzt 2,2 Milliarden Euro. Der Bund trägt zumindest 50 Prozent der Kosten. Stadt und Land haben noch keinen Finanzierungsschlüssel fixiert.


Die Projektgegner haben
sich mittlerweile formiert, so etwa erst Anfang Juli mit der Initiative "Pro Natur" aus Hallein. Bereits seit 2023 gibt es die Bewegung "Stopp U-Bahn", die die Bürgerbefragung zum
S-Link in der Stadt Salzburg im November 2023 initiiert hat. Diese ging mit 58 Prozent gegen das Projekt aus (bei 22 Prozent Beteiligung). Mit der Initiative "Dafür - Zukunft Mobilität" haben sich wiederum Projektbefürworter zusammengeschlo