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Viertagewoche: Ein Prozent der Mitarbeiter nahm Angebot an

Vehement gegen die Viertagewoche tritt die Wirtschaftskammer auf - die AK glaubt an das Modell. Eine Salzburger Bank zieht Zwischenbilanz.

Eine Salzburger Bank zieht Zwischenbilanz, 30 Mitarbeiter von 3000 nahmen das Angebot an, weniger zu arbeiten und weniger zu verdienen.
Eine Salzburger Bank zieht Zwischenbilanz, 30 Mitarbeiter von 3000 nahmen das Angebot an, weniger zu arbeiten und weniger zu verdienen.

3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei Raiffeisen Salzburg beschäftigt. All jenen, die nicht Teilzeit und ohne All-in-Vertrag arbeiten, wurde im Dezember eine Viertagewoche mit April angeboten. Zeit für eine Zwischenbilanz: "30 Kolleginnen und Kollegen haben auf das Modell umgestellt", sagt Personalleiter Markus Winkelmeier und ist damit zufrieden. Sprich, ein Prozent der Belegschaft bei Raiffeisen arbeitet nun 36 Wochenstunden statt 38,5 Stunden. Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich gibt es im Raiffeisenverband Salzburg nicht. 6,5 Prozent weniger müssen in Kauf genommen werden. Das Angebot gelte weiterhin, betont Winkelmeier. "Es ist ein Thema, das Vorlauf braucht und in vielen Fällen erst mit den familiären Bedingungen abgestimmt werden muss." In Zeiten der Rekordinflation sei die Gehaltsreduktion natürlich nicht für alle möglich. Auch ältere Mitarbeiter hätten das Angebot angenommen. Positive Reaktionen gebe es vor allem von Bewerbern.

IT-Spezialist bietet Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich

Eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich bietet das Salzburger Rechenzentrum Conova an. Aus 38,5 Wochenstunden werden 36 bei vollem Lohnausgleich. Das Unternehmen spricht von einer "echten Viertagewoche". Die Belegschaft kann aus drei Modellen wählen. Das Angebot gilt auch für Teilzeitkräfte und wird aliquotiert.

Während einige Unternehmen freiwillig auf das Modell umsteigen, um auf die Belegschaft, aber vor allem auch auf neues Personal attraktiver zu wirken, spricht sich die Wirtschaftskammer Salzburg weiterhin gegen eine Arbeitszeitverkürzung und für ein "ja zur Vollzeitarbeit" aus. 90 Prozent der Unternehmen im Bundesland seien dagegen, heißt es. Untermauert werden die Argumente mit einer Synthesis- und Wifo-Studie: "Wir gehen davon aus, dass in Salzburg bis 2040 25.000 Stellen nicht besetzt werden können, wenn wir nicht aktiv gegensteuern", sagt Lorenz Huber, Leiter der Abteilung Sozial- und Arbeitsrecht in der WKS. Österreichweit rechne man mit 363.000 unbesetzten Stellen bis 2040. Damit einher gehe ein Wertschöpfungsverlust von 50 Milliarden in Österreich, betont Huber. 

Gott und die Viertagewoche.
Gott und die Viertagewoche.

Wirtschaftskammer lehnt Arbeitszeitverkürzung ab

Gleichzeitig entgingen dem Staat 150 Mrd. Euro an Steuereinnahmen, davon 66 Mrd. an Sozialversicherungsbeiträgen. "Schon jetzt wird durch den Trend zur Teilzeitarbeit die Finanzierung des Sozialsystems ausgehöhlt." Das Argument von steigender Produktivität lassen die Vertreter der Wirtschaftskammer nicht gelten: "Zwischen 2010 und 2023 wuchs die Arbeitsproduktivität in der EU im Schnitt um 9,1 Prozent, in Österreich nur mehr um 2,4 Prozent." 80 Prozent der Unternehmen würden ohnehin über dem Kollektivvertrag bezahlen, um attraktiv zu sein. Flexible Arbeitszeiten und Sozialleistungen seien gelebte Praxis, heißt es.

AK: "Arbeitszeit ist ungerecht verteilt"

Gänzlich anders sieht man das in der AK: "Es braucht eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich", sagt Eva Stöckl, Leiterin der sozialpolitischen Abteilung. Eine Viertagewoche, die einen Zehnstundentag beinhalte, sei nicht attraktiv. 70 Prozent der unter 35-Jährigen würden gerne 33 Stunden in der Woche arbeiten. "Es geht nicht nur um mehr Freizeit, auch unbezahlte Arbeit wie die Kinderbetreuung oder die Pflege werden angeführt." Arbeitszeit sei zu ungerecht verteilt. "Jede zweite Frau in Salzburg arbeitet in Teilzeit und jeder zehnte Mann." Potenziale für den Arbeitsmarkt gebe es bei Frauen und Jugendlichen. Bei einer Arbeitszeitverkürzung gehe es auch darum, dass Menschen länger im Arbeitsleben bleiben, da es gesundheitlich möglich sei.

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