Medizinische Fakultät in Salzburg

Die Medizinische Fakultät war eine im 19. Jahrhundert kurzzeitig bestehende Fakultät in der Stadt Salzburg.

Geschichte

Noch kurz vor dem Ende der Herrschaft der Fürsterzbischöfe, am 14. März 1800, widmet Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo der Benediktineruniversität Salzburg 100.000 Gulden Reichswährung, mit der die Medizinische Fakultät und die Bergakadamie finanziert werden sollten. Am 15. Mai 1803 wurde eine Kommission eingesetzt, die unter anderem einen Lehrstuhl für Bergbau an der Salzburger Universität einrichten sollte; das Unternehmen scheiterte aber an den politischen Gegebenheiten. Nachdem bereits frühzeitig neben theologischen, juridischen und philosophischen auch medizinische Vorlesungen abgehalten wurden, gründete dann 1804 Kurfürst Ferdinand von Salzburg eine eigene Medizinische Fakultät. Der ehemalige Leibarzt von Colloredo, Johann Jakob Hartenkeil, setzte sich sehr dafür ein.

1804

Im Juli 1804 wurden zwei Institute gleichzeitig errichtet: der Medizinal-Rath, das Nachfolgegremium des Collegium Medicum, und die medizinische-chirurgische Fakultät an der Universität Salzburg. Um im In- und Ausland den gehörigen Standpunkt dieser neu geschaffenen Anstalten anzuweisen, wurde die beiden Gründungs-Patente in der Reihe „Salzburgische Medizinische Annalen“ publiziert.[1]

1807

Nach dem Ende des Kurfürstentums kam Salzburg unter die österreichische Herrschaft. "Die Universität als solche erhielt zwar die kaiserliche Bestätigung für ihren Forbestand, doch blieb die medizinische Fakultät davon ausgenommen, weil die österreichische Monarchie an den 4 Universitäten zu Wien, Prag, Pest und Krakau ohnedies berühmte medizinische Fakutäten besaß, die man zur Heranbildung der nötigen Zahl von Ärzten für ausreichend hielt. In Salzburg wurde bloß ein sogenanntes großes chirurgisches Studium zur Erziehung von Wundärzten, Geburtshelfern und Hebammen eingerichtet."[2] Der Originalakt für die Fakultätsauflösung beginnt mit dem handschriftlichen Vermerk Kaiser Franz I.: „Die Universität in Salzburg ist zu belassen, jedoch hat das dort auch vorher nicht bestandene Medizinstudium aufzuhören [...].[3] Eventuell spielte auch die fragile Finanzierung aus milden Stiftungen eine Rolle. Die medizinische Fakultät hörte somit im Jahr 1807 auf zu bestehen. Sie hatte nur vier Absolventen, einer von ihnen war der spätere Salzburger Kreisarzt Joseph August Susan. Der spätere Landgerichtsarzt von Tamsweg Rupert Weibhauser musste um sein Studium abzuschließen auf die Universität nach Prag wechseln.

Nach der Angliederung Salzburgs an das Königreich Bayern wurde die Universität mit Dekret vom 25. November 1810 der baierischen Regierung die Salzburger Universität für aufgehoben erklärt [4]. Am 24. Dezember wurden die Universitätsbediensteten und Studenten von dieser Entscheidung, die mit sofortiger Wirkung in Kraft trat, mündlich informiert. Statt der Universität wurden ein Lyzeum mit einer theologischen und einer philosophischen Sektion, sowie eine medizinisch-chirurgische Lehranstalt errichtet. Das Lyzeum hatte jedoch nicht lange Bestand. Es wurde 1850 aufgelöst und die theologische Sektion zu einer Universitätsfakultät erhoben.

Um 1865 war dann wieder eine derartige Fakultät im Gespräch.[5]

1872

Das "Salzburger Volksblatt" veröffentlichte in seiner Ausgabe vom 30. März 1872 auf der Titelseite folgenden Artikel, der einen dringenden Aufruf zur Errichtung einer Medizinischen Fakultät begründet:

Zur Universitätsfrage.

Indem uns das nach stenographischen Aufnahmen redigirte Protokoll der Sitzungen des Abgeordnetenhauses verspätet zuge­kommen ist, sind wir erst heute in der Lage, die von unseren Ab­geordneten in der Universitätsfrage gehaltenen Reden im Interesse der Wähler ausführlich mitzutheilen.

Herr Dr. Keil äußerte sich folgendermaßen:

Ich habe aus einem Absätze des Spezialausschußberichtes Veranlassung genommen, mich zum Worte zu melden. Ich erlaube mir daher an das Präsidium die Bitte zu stellen, diesen Absatz, welcher ganz kurz ist, verlesen zu dürfen. Er lautet (liest): "Rücksichtlich der medizinischen Fakultäten muß ferner noch auf die schon in den Jahren 1870 und 1871 in den Budgetberichten Seite 32 und 21 betonte Nothwendigkeit der Errich­tung von solchen Lehranstalten zurückgekommen werden, nachdem nur auf diesem Wege einerseits der allzugroßen Anhäufung von Studirenden in Wien gesteuert werden kann und andererseits dem sich sehr lebhaft äußernden Bedürfnisse nach Sanitätsper­sonal in einer Anzahl von Ländern jetzt umsomehr entsprochen werden muß, als die Aufhebung der medizinisch-chirurgischen Lehr­anstalten in Lemberg, Olmütz und Salzburg prinzipiell ausgesprochen ist und als dieselben mit dem Jahre 1875 vollständig aufhören."

Es wurde dießfalls im hohen Hause im Jahre 1870 und ebenfalls im Jahre 1871 eine Resolution beschlossen. Ich will das hohe Hans nicht ermüden und nur betonen, daß der wesent­liche Inhalt dieser Resolutionen dahin geht, daß für die aufzu­hebenden medizinisch-chirurgische Lehranstalten in Salzburg, Lem­berg und Olmütz medizinische Fakultäten errichtet werden sollen. Die im Jahre 1871 beschlossene Resolution geht speziell da­hin, die Regierung möge in Erwägung ziehen, ob nicht für die aufzulassende medizinisch chirurgische Lehranstalt in Salzburg eine medizinische Fakultät zu errichten sei. Diese Resolutionen stehen auch heute noch in Gültigkeit; es ist wenigstens meines Wissens nichts geschehen, was im Stande wäre, dieselben abzuschwächen. Die Umstände aber haben sich ins­ besondere bezüglich Salzburgs wesentlich geändert. In dem letztvergangenen Jahre wurden die letzten Inskrip­tionen auf der medizinisch-chirurgischen Lehranstalt zu Salzburg vorgenommen, also im Jahre 1875 hat diese Lehranstalt ein Ende.

Die Chirurgen genießen bei der ländlichen Bevölkerung der malen noch ein ziemliches Vertrauen. Dieses Vertrauen gründet sich vorzüglich darauf, daß die Chirurgen aus der ländlichen Be­völkerung hervorgehen und nach einer ganz kurzen Studienzeit zu derselben wieder zurückkehren. Insbesondere aber basirt das Vertrauen der ländlichen Be­völkerung auf die Chirurgen darauf, daß ein wahrer Mangel an Medizinalpersonen in Gebirgsgegenden vorhanden ist.

Ich erlaube mir diesfalls nur auf die Gaue meines Heimat­landes hinzuweisen, auf den Lungau, Pongau und Pinzgau. Jeder Gau für sich mit mehreren Gerichten hat nur je einen Mediziner. Dieser Mediziner ist zugleich auch der Bezirksarzt und ist durch seine administrativen Geschäfte den größten Theil der Woche ver­hindert, die Praxis in ausgedehnterer Weise auszuüben. Bei einer Entfernung von mehreren Stunden, ja Tagen, tritt es deßhalb sehr häufig ein, daß der Kranke einen Arzt nicht erhalten kann, weil dieser Arzt in einem entfernten Thale in anderer Richtung abwesend ist. Nachdem die ländliche Bevölkerung auch von dem traurigen Lose nicht befreit ist, krank zu werden, nachdem auch akute Krankheiten bei der Landbevölkerung nicht zur Seltenheit gehören, ist es bedauerlich, wenn keine Chirurgen mehr dort sind, und nur drei Aerzte in einer so ausgedehnten Gegend —in je einem Gaue nur Einer— dem Kranken zu Gebote stehen.

Ich will mich diesfalls nicht dahin aussprechen, daß ich für die Chirurgie und für die Chirurgen besondere Sympathien hege, allein dafür wollte ich sprechen, daß es mir denndoch nicht ganz zweckmäßig zu sein scheint, wenn etwas, allerdings nicht sehr Gutes aufgegeben wird, ohne dafür einen Ersatz zu erhalten. Ein Ersatz für diesen Mangel an Medizinalpersonal könnte nur dann ein­treten, wenn mehrere medizinische Fakultäten errichtet würden.

Ich glaube keinen Fehlschuß zu thun, wenn ich behaupte, daß sich für eine medizinische Fakultät Salzburg besonders eignet. In Salzburg war eine Universität. Sie wurde im Jahre 1623 gegründet und bestand bis zum Jahre 1810. Die Salzburger Universität war frequent; ich verweise nur auf die Thatsache, daß im Jahre 1725 332 Hörer der Philosophie und 323 Hörer der Rechte inskribirt waren. Auch damals bestanden schon die Uni­versitäten von Wien, Prag, Graz und Innsbruck.

Wenn nun damals die Universität in Salzburg floriren konnte, so werden sich der Errichtung einer medizinischen Fakultät dermalen gewiß keine Schwierigkeiten entgegenstellen. Salzburg hat ein Universitätsgebäude, welches den Bedürfnissen vollkommen ent­spricht; in Salzburg ist ein botanischer Garten, welcher einer medi­zinischen Fakultät vollkommen genügt; es ist daselbst eine Universitätsbibliothek mit 64.000 Werken, Blätter und Hefte nicht mitgerechnct. Salzburg hat ferner ein vorzüglich eingerichtetes Spital, das St. Johannsspital, in welchem alljährlich von den Studirenden an der medizinisch-chirurgischen Anstalt bei 2200 Kranke im Durchschnitt der Beobachtung unterzogen werden können. Salzburg hat auch eine gut eingerichtete Irrenanstalt, in Salzburg wurden im Durchschnitte von 10 Jahren gerechnet, jährlich 200 Obduk­tionen vorgenommen; Salzburgs medizinische Fakultät würde noch das bieten, daß der Ueberfüllung der Universität in Wien Abhilfe geschafft würde, einem Uebelstande, welcher in einer früheren Ses­sion dieses hohen Hauses von einem Redner "ein schreiender Uebel­stand" genannt wurde— der Universitätsfond in Salzburg, wel­cher noch besteht, beträgt 314.000 fl. Dabei sind die Realitäten um mehr als die Hälfte ihres Werthes zu billig veranschlagt. Außer dem Universitätsfonde sind noch andere Fonde, welche mit ihm in einem gewissen Zusammenhange stehen, im Gesammtbetrage von mehr als 1,700.000 fl.

Ich will das hohe Haus nicht weiter ermüden, und erlaube mir nur noch daraus hinzuweisen, daß schon eine Celebrität, näm­lich Hartenkeil, im Jahre 1804 bei einer Eröffnungsrede, welche noch heute mustergiltig ist, den Einfluß, welchen die Medizin auf den Staat übt, gründlich dargestellt hat. Es wird allerdings gesagt werden, ja in den kleineren Städten sind die kleinen Universitäten heutzutage nicht mehr beliebt.

Meine Herren! In dieser Beziehung ist der Kampf noch lange nicht ausgefochten, es ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen; insbesondere im deutschen Reiche wird jetzt mit mehr Eifer für kleinere Universitäten gesprochen.

Es wäre auch nicht zu viel, wenn in Oesterreich mehr Uni­versitäten oder wenigstens Fakultäten wären.

Die kleine Schweiz mit 2½, Millionen Einwohnern hat drei Universitäten, Baden mit 1½ Millionen Einwohnern hat zwei Universitäten, Baiern mit nicht ganz fünf Millionen Einwohnern hat drei Universitäten, Preußen mit einer Einwohnerzahl von nicht ganz 20 Millionen hat 10 Universitäten, und die in diesem Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder Oesterreichs haben nur 6 Universitäten. Nun, es wäre wirklich kein Luxus, wenn dießfalls eine Vermehrung der höheten Lehranstalten eintreten würde. Man wird allerdings auch wieder auf die Kosten, die Aus­lagen des Staates hinweisen.

Allein Salzburg hat einen Theil dieser Kosten, hat den Fond schon im Vorrathe und der ändere Theil dieser Kosten, meine Herren, ist nicht so hoch anzuschlagen, als wie der Zweck, der durch diese Auslage erzielt würde. Die Kosten, die auf die Aus­saat von Bildung und Unterricht, auf Förderung der Gesittung verwendet werden, diese Kosten, meine Herren, rentiren sich zehn­fach, das ist eine Auslagen-Summe, die die besten Früchte tragen wird. Es bleibt mir daher weiter nichts mehr übrig, als die Bitte, daß man die Universitäten vermehre, diese Pflanzschulen der Wissenschaft und Kultur.

Ich stelle daher an die Regierung nur die Bitte, man möge dem Lande Salzburg nicht für das, was man ihm wegnimmt, nichts geben, sondern etwas Besseres bieten; ich stelle die Bitte an die hohe Regierung und an die Reichsvertretung, man möge die im Jahre 1870 und 1871 gefaßten Resolutionen zur Wahr­heit machen und in Salzburg bald eine medizinische Fakultät er­richten."

Herr Graf Lamberg sprach:

Von der Anschauung ausgehend, daß der jeweilige Bildungs­schatz das Bedürfniß nach hohen Schulen regiert, kann ich es nur mit Freuden begrüßen, daß von so vielen Seiten des hohen Hauses das Bedürfniß nach Vermehrung der Universitäten unseres Vater­ landes ausgesprochen wurde.

Für die Stadt Salzburg insbesondere erlaube ich mir noch geltend zu machen, daß einige der bestehenden Bildungsanstalten entgermanisirt wurden, und daß es für den Deutschösterreicher ein wahres Erforderniß ist, diesen Entgang auf der anderen Seite wie­ der zu ersetzen.

Ich pflichte aus ganzem Herzen den Auseinandersetzungen meines geehrten landsmännischen Vorredners Dr. Keil bei, und erlaube mir nur, als Ergänzung seiner Anträge, auch eine Resolu­tion dem hohen Hause zur Annahme zu empfehlen.

Salzburg war so glücklich, eine Universität zu besitzen, und es liegen die Ausweise vor, daß sie in würdiger Weise bestanden hat, und auch dafür, daß Salzburg das Material hat, daß es der Wiederherstellung der Universität würdig erkannt werden muß. Alle Jene, welche Salzburg kennen, werden es mir gelten lassen, daß diese österreichische Stadt vor allen anderen in unserem Vaterlande und selbst in Deutschland sich dazu eignet, eine Musenstadt zu sein, und ich erlaube mir deßhalb die Annahme der folgenden Resolution auf das Angelegentlichste zu empfehlen:

"Die hohe Regierung wolle die Wiederherstellung der medizinischen Fakultät, eventuell der Universität in Salzburg, in Erwägung ziehen und die nöthigen Erhebungen hiefür sogleich veranlasst."

1933

Das "Salzburger Kirchenblatt" schreibt in seiner Ausgabe vom 11. Mai 1933:[6]

Die einstige medizinische Fakultät in Salzburg behandelte Privatdozent Dr. Virgil Redlich in einem Vortrage gelegentlich der Salzburger Thomasfeier d. J. Neun Jahre nach Eröffnung der Salzburger Universität begann der als Professor berufene Italiener Antonio Cola im Dezember 1632 seine Vor­lesungen, die aber nach wenigen Jahren wieder eingestellt wurden. Auf Drängen des Domkapitels nach dem Tode des Erzbischofs Paris Lodron kam wieder auf kurze Zeit Urban Stefanuzzi als Professor der Medizin aus Italien, während der Salzburger Stadtarzt Dr. Oswald Grembs zum akademischen Lehramt nicht zugelassen wurde. Indessen gelang es erst dem Erzbischof Hiero­nymus Colloredo durch Berufung des Johannes Hartenkeil, eines Schülers des Würzburger Chirurgen v. Siebold, eine aus mehreren Professoren zusammengesetzte medizinische Fakultät zu begründen, die 1804 mit sechs Professoren eröffnet wurde, nämlich Alois Weißenbach aus Telfs, Zandonatti, Ernst von Grossi, Mayer und D’Outrepont. Infolge des Preßburger Friedens von 1807 hatte aber die junge Fakultät ein frühes Ende. Wegen der in Oesterreich schon bestehenden medizinischen Lehr­anstalten wurde die Fakultät als solche aufgelassen, dauerte aber noch als chirurgisches Aerzte-Institut bis 1860 fort.

Quellen

  1. Medizinal-Rath, 6.
  2. Kurt Ganzinger, J. J. Hartenkeil und die Begründung einer Medizinischen Fakultät an der Salzburger Universität im Jahr 1804, München 1965, 19.
  3. Norbert Wölkart, Zur Geschichte der Medizin in Salzburg. In: Universität Salzburg, 1622-1962-1972. Festschrift, Salzburg 1972, 169, zit. in: Harald Waitzbauer, Im Dienste der Menschlichkeit, Salzburg 2000, 28, vgl. auch: Udo Reisp, Über die Medizin an der Kurfürstlichen und Kaiserlichen Universität zu Salzburg. Med. Diss. Erlangen-Nürnberg 1970.
  4. anno.onb.ac.at/Salzburger Constitutionelle Zeitung 29. November 1849
  5. ANNO, "Wiener Medizinische Wochenschrift", Ausgabe 1865, Seite 1759
  6. ANNO, "Salzburger Kirchenblatt", Ausgabe vom 11. Mai 1933, Seite 6
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