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Für die Energiewende fehlen Tausende Mitarbeiter

Nicht lieferbar, das gilt für PV-Anlagen oder Wärmepumpen nicht mehr. Für den Umstieg auf Erneuerbare fehlen aber Fachkräfte - nicht nur in der Montage. Und der Preis ist hoch.

Fehlende Fachkräfte bremsen Wachstum und Energiewende. (Symbolbild)
Fehlende Fachkräfte bremsen Wachstum und Energiewende. (Symbolbild)

Die Panikstimmung des vergangenen Herbstes habe sich gelegt, monatelange Wartezeiten auf einen Termin beim Installateur oder Elektriker und nicht lieferbare Komponenten gehören der Vergangenheit an. "Aus der totalen Überhitzung durch die Angst, dass kein Gas mehr kommt, ist eine hohe Nachfrage geworden", sagt Manfred Denk, Innungsmeister der heimischen Installateure. Bis Jahresende sei man - was die Arbeit betrifft - gut ausgebucht, einen Beratungstermin bekomme man aber so gut wie überall in Monatsfrist, und die Lieferprobleme seien deutlich geringer. Allerdings: 5000 bis 10.000 Mitarbeiter werden die Installateure in den kommenden Monaten brauchen, soll das Ziel der Regierung - bis 2035 weg vom Öl und bis 2040 weg vom Gas zu kommen - fristgerecht umgesetzt werden. Und das in einer Branche mit 37.000 Jobs.

"Wenn wir nicht dringend mehr Fachkräfte finden, geht sich die Energiewende nie aus"

Kari Kapsch, Präsident des Verbands für Elektrotechnik (OVE), sieht das noch weit kritischer. "Wenn wir nicht dringend mehr Fachkräfte finden, geht sich die Energiewende nie aus." 14.000 Mitarbeiter würden allein in der Elektrotechnikindustrie fehlen. Jede vierte Stelle sei damit nicht besetzt. Und Elektrotechnik - ob Energietechnik, Robotik oder Mikroelektronik - sei entscheidend, um die Energiewende zu schaffen. Das Ganze ziehe einen Rattenschwanz hinter sich her, sagt Kapsch. Es fehlten nicht nur Leute in der Produktion von Mikrochips oder Elektronik, es fehlten auch Handwerker für die Umsetzung, dazu kämen fehlende Fachkräfte in Planungsbüros, in den Behörden, die die Anträge bearbeiten müssen, oder bei den Energieversorgern. Alles zusammengenommen würde sich die Zahl der fehlenden Fachkräfte damit noch einmal verdreifachen, schätzt Kapsch. Tendenz weiter steigend.

Groß angelegte Werbekampagne

"Bei der Industrie, also auf der Produktionsseite, könnte man zynisch ja noch sagen: Importieren wir Mikrochips und Elektronik halt aus China", sagt Kapsch, "wenn die Containerschiffe nicht zufällig im Suezkanal stecken bleiben und die Europäer auf die Wertschöpfung verzichten wollen." Der Branchenverband der Elektrotechnik werde daher jetzt das Heft in die Hand nehmen und eine groß angelegte Werbekampagne starten, um vor allem Junge für Elektrotechnik zu gewinnen. "Es ist nicht so, dass wir in Österreich hier eine schlechte Ausbildung hätten", sagt Kapsch. Ob Lehre, HTL, Fachhochschule oder technische Universität, es gebe gute Abgänger. "Es sind aber schlicht und einfach zu wenige." Vor allem um mehr Frauen werbe man seit Langem mit nur sehr langsamem Erfolg. Ein erster Hoffnungsschimmer zeichne sich bei den Lehrlingszahlen ab, die seien im Bereich Elektrotechnik und Elektriker steigend.

Mehr Lehrlinge konnten zuletzt auch die Installateure anlocken. Um etwa vier Prozent sei deren Zahl zuletzt gestiegen, sagt Innungsmeister Denk. "Das ist noch nicht zum In-die-Hände-Klatschen, aber immerhin eine Trendwende." Ein Green Job, der langfristig einen sicheren Arbeitsplatz garantiere, wichtig für die Gesellschaft und die Umwelt sei und zudem ein gutes Gehalt biete, das komme bei vielen Jugendlichen mittlerweile gut an.

Dachdecker werden Installateure

Das etwas höhere Gehalt als in anderen Branchen helfe einem auch, Quereinsteiger zu gewinnen, so Denk. Gerade Dachdecker seien zuletzt zu Installateuren gewechselt. "Für das Montieren von PV-Anlagen brauchen wir die dringend." Dazu komme zunehmend die Baubranche, die durch Einbrüche am Immobilienmarkt zuletzt massiv unter Druck steht. "Auch hier könnten wir frei werdende Mitarbeiter gut gebrauchen."

Kritik übt Denk an der Politik. Dass das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG), das den Ausstieg aus Öl und Gas fixieren soll, immer noch nicht beschlossen worden ist und zuletzt von ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf infrage gestellt wurde, sei für alle Branchen, die bei der Energiewende mitwirken sollen, extrem problematisch. "Wenn wir die Umstellung fristgerecht schaffen sollen, brauchen wir Planungssicherheit." Erst wenn die gesetzlichen Regelungen feststünden, könne man Investitionen tätigen und zusätzliche Mitarbeiter anstellen.

Unzufrieden ist Denk auch mit der Preissituation. Die hohe Nachfrage habe die Kosten für Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Co. in die Höhe getrieben. "Hier müssten Preissenkungen möglich sein." Für die Kunden sei der Umstieg auch eine Preisfrage.

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