Auf geschmackvollen Pfaden - Weitwanderweg Alpannonia
Von den Fischbacher Alpen bis in die sonnigen Ebenen des Burgenlands - 125 Kilometer für Feinschmeckernaturen.
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Immer wieder gute Aussichten: Panoramastopp auf der Kranichberger Schwaig.
Christian Übeleis ist dem Himmel nahe. Sogar messbar. Denn sein Heimatort Fischbach ist der höchstgelegene in der Oststeiermark, auf immerhin 1050 Metern. Da braucht der Sommer einen Anlauf, dafür lässt es sich im Winter wunderbar schneeschuhwandern und langlaufen. Dass seine Gäste ebenfalls in höheren Sphären schweben, liegt jedoch vor allem an der Kochkunst des Herrn Wirt. Sein "Forsthaus" ist seit vielen Jahren eine Pilgerstätte für Feinschmecker mitten in Peter Roseggers Waldheimat.
Der Anfang des Alpannonia Hauptweges
Das größte zusammenhängende Waldgebiet Österreichs ist auch kulinarisch ein Schatzkästchen, mit großen Wildbeständen, Beeren und Schwammerln und klaren Bächen für muntere Forellen. Hier, am Fuße des sagenumwobenen Teufelsteins, liegt der Anfang des Alpannonia-Hauptwegs von Fischbach nach Kőszeg - von luftigen Höhen hinab ins Pannonische. Links und rechts des Wegs: wilde wie liebliche Landschaften und vor allem Einkehradressen.
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Wanderlust in alle Himmelsrichtungen.
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In den Wiener Alpen in Niederösterreich.
Hier, am Anfang der Tour in den Fischbacher Alpen, atmet alles Natur, der Blick öffnet sich und sucht den Horizont, jene feine Linie, wo zartes Blau auf sattes Grün trifft. Und weil grad von "satt" die Rede ist - der gut 50-jährige Zwei-Hauben-Koch hat den Gasthof von seinen Eltern übernommen und die Liebe zu regionaler Kost gleich dazu. Die Blunzen ist hausgemacht, die fangfrische Forelle wird mit einem Gupf Kreneis versehen. Echter Steirer Kren natürlich. Trotz seiner beiden Gault-Millau-Hauben führt er ein Wirtshaus: "Ich hab für jeden was auf der Karte." Sogar fast verlorene Küchenschätze wie der "z'sammg'legte Knödel": Strudelteig wird mit Grieß, Zwiebeln und Schwarzbrot gefüllt, gekocht und als Suppeneinlage serviert.
Kraftplatz Teufelsteinhütte
Entlang des Alpannonia-Wegs ist es schwierig, hungrig zu bleiben. Neben den neolithischen Steinbrocken auf dem Gipfel des Teufelsteins wird noch ein ordentlicher Schluck vom frischen Quellwasser aus dem Trinkbrunnen der leider nicht bewirtschafteten Teufelsteinhütte genommen - dieser heidnische Kultort ist ja nicht umsonst ein Kraftplatz - und gleich das nächste Genussziel angepeilt. Ob Speckbrot oder Schwarzbeerstrudel im Roseggerhaus auf der Pretul, der Gaumenschmaus folgt den Wanderern im Rhythmus der Schritte, wie das Glucksen der Bäche und das Zirpen der Grillen. Hoch entlang des Bergsattels führt der Weg und die weite Ebene ist noch eine ferne Ahnung.
"Höhenmeter kommen bei so viel Auf und Ab genug zusammen."
Veronika Machreich
Gastgeberin Triad
Doch weiter geht's, bald werden Hügel sanft, das Land wird wellig. "Hinter jeder Kuppe sieht es wieder anders aus", freut sich Veronika Machreich über die schönen Aussichten in ihrer wanderbaren Welt, "und bei so viel Auf und Ab kommen auch genug Höhenmeter zusammen." Was für den einen die Bucklige Welt, ist für die Gastgeberin ihr "Land der tausend Hügel". Das Ostende der Alpen zeigt prächtige Waldflächen, die sich mit saftigen Wiesen abwechseln. Wie von einem Riesen hingestreut liegen die Bauernhöfe mit ihren klobigen Schüttkästen und Ställen aus Holz. Einer davon gehört Veronika und Uwe Machreich, Mitglied der "Jeunes Restaurateurs" und mit drei Hauben ausgezeichnet, die mit ihrem Triad weit über die Landesgrenzen bekannt sind. Eingekauft wird trotzdem gleich nebenan - Bauernhofenten, steirischer Wolfsbarsch, Krumbacher Lachsforellen, sogar Safran aus der Buckligen Welt und natürlich die Spezialität der Region: der Apfelmost. Der zu Unrecht aus der Mode geraten ist, findet Veronika Machreich: "Das ist ein wunderbares Getränk."
Höchste Erhebung des Burgenlands
Schwungvoll und erfrischt geht es weiter. Die grünen Buckel reichen noch weit, fast bis ins Ungarische hinüber. Sie ziehen eine Linie zwischen dem Rotwein und Dinkel des Mittelburgenlands und den Kräutern und dem "Uhudler" des Südburgenlands. Letzteren gibt's bei Johann Kappel auch gerne als belebenden Frizzante.
Wer im Gasthof Kappel einkehrt, hat einen Höhepunkt direkt vor sich. Den Geschriebenstein nämlich, auf Ungarisch Írottkö, im gleichnamigen Naturpark mit 884 Metern höchste Erhebung des Burgenlands und Westungarns. Die Höhepunkte der Hausmannskost kommen aus der Küche von Elisabeth Kappel, der Schwester des Wirts. Im Glas und auf dem Teller finden sich kräftiger Blaufränkischer ebenso wie frisches Bauerngemüse, Kräuter und Obst aus dem eigenen Garten und ein feiner Birnenbrand aus dem Nachbarort.
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Waldbaden zwischendurch.
Der Naturpark mit seiner vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt und seinen Sehenswürdigkeiten zieht viele Ausflügler und Wanderer an. Mit etwas Glück ist auch Alois Hutter anzutreffen. Wenn es die knappe Freizeit erlaubt, macht sich der Rattersdorfer Dorfwirt auf ins Grüne und bringt Schmankerl mit nach Hause. Frischen Wels aus Piringsdorf, Nuss- und Pfefferkäse aus Hochstrass und naturbelassene Obstsäfte aus Klostermarienberg - das Gute liegt nah. Reh, Hirsch und Wildschwein liefern die Jäger frei Haus. Für Einzelgänger ist das Burgenland nicht so geeignet, hier wird gerne gemeinsam gefeiert, gesungen und getanzt und die großen Tische biegen sich unter den Köstlichkeiten.
Die letzten Stationen des Weges
"Ich koche Hausmannskost", gibt sich Alois Hutter bescheiden. Für sein Rindfleisch mit Semmelkren - "natürlich aus dem Schulterscherzl" - kommen die Leute jedoch von weit her. Eigentlich ist dies ein traditionelles Zwischengericht bei Hochzeiten, also zwischen Suppe und Gebackenem, aber, lacht der Wirt: "Ich hab's jetzt auch à la carte, man muss nicht gleich heiraten." Die Abgeschiedenheit, direkt am Eisernen Vorhang, hat Traditionen bewahrt. Kirtage, die Marienwallfahrt am 15. August, der "Kroatentag", das Kammermusikfestival in Lockenhaus und das Kastanienfest im benachbarten Klostermarienberg am 26. Oktober sind wunderbare Anlässe, um einen ordentlichen Teller Suppe mit den legendären Liebstöckl-Grießnockerln "beim Hutter" zu schnabulieren. "Bis Kőszeg ist es nur eine Viertelstund'", macht der Wirt zum Abschied Mut, und wirklich, schon kündigen die ersten Barockhäuser die letzte Station des Alpannonia an.
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Endpunkt beim Nachbarn: das geschichtsträchtige Städtchen Güns oder Köszeg.
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Rastplatz oder Orientierungshilfe: der Hutwisch.
Weinberge flankieren das kleine Städtchen mit der großen Geschichte und bald erzählen Sgraffito-Fassaden und Klassizismus, Barock, Renaissance und Gotik ihre Geschichten. In Kőszeg, auf Deutsch Güns, gibt es viel zu sehen: Siebenbründl, Esterházy-Burg, Rathaus, Apothekenmuseum und nicht zuletzt die berühmte Riesenkastanie von Kőszeg, die an das benachbarte Maronifest in Velem Mitte Oktober denken lässt. Dann noch ein Glas vom Günser Wein und man ist endlich angekommen.