SN.AT / Leben

Der Tod erinnert uns daran, dass das Leben kostbar ist

Für Verena Wengler ist es eine "Herzensangelegenheit", Menschen rund um die "Tabus" Tod und Trauer zu informieren - und diese Themen salonfähiger zu machen.

Tod und Trauer sind oft immer noch Tabus in unserer Gesellschaft.
Tod und Trauer sind oft immer noch Tabus in unserer Gesellschaft.
Verena Wengler, Bestattung Salzburg.
Verena Wengler, Bestattung Salzburg.

Als staatlich geprüfte Bestatterin und Geschäftsführerin der "Bestattung Salzburg" hat Verena Wengler täglich Kontakt zu Trauernden, ist einen Großteil ihrer Zeit von Themen rund um den Tod umgeben. Wie ist ihr Zugang zu diesem für viele Menschen verschreckenden Bereich des Lebens?

Werden vor dem Thema Sterben heutzutage noch immer zu oft die Augen verschlossen? Das heißt: Braucht der Tod mehr Platz im Leben?

Verena Wengler: Ja, ich denke schon, dass der Tod in unserer Gesellschaft oft verdrängt wird. Viele Menschen scheuen sich davor, darüber zu sprechen oder sich frühzeitig damit auseinanderzusetzen. Dabei gehört der Tod genauso zum Leben wie die Geburt. Ich finde, der Tod sollte mehr Platz im Alltag haben, jedoch auf eine ganz persönliche Art. Jeder Mensch darf und soll seinen eigenen Zugang dazu finden. Es geht nicht darum, ständig an das Sterben zu denken, sondern den Tod als Teil des Lebens anzunehmen.

Der Tod eines Angehörigen trifft einen meist unerwartet - welche Tipps haben Sie aus bürokratischer Sicht für die Hinterbliebenen?

Gerade in den ersten Tagen nach einem Todesfall ist vieles einfach zu viel. Da hilft es, sich Unterstützung von Angehörigen und uns Bestattern zu holen. Ich rate dazu, Entscheidungen nicht überstürzt zu treffen, sondern Schritt für Schritt vorzugehen. Wir Bestatter begleiten die Trauerfamilien durch alle formellen Abläufe, damit sie sich auf das Wesentliche, den Abschied von ihrem Verstorbenen, konzentrieren können.

Und aus emotionaler?

Trauer hat keine feste Form. Jeder trauert anders, und das ist auch gut so. Wichtig ist, sich die Zeit zu nehmen, die man braucht, und seine Trauer zuzulassen. Gespräche mit Freunden oder Familie, kleine Rituale oder gemeinsame Erinnerungen können helfen. Man darf sich auch erlauben, einmal nichts zu "müssen".

Im Allgemeinen: Wie geht man mit dem Tod am besten um?

Es gibt meiner Meinung nach keinen richtigen oder falschen Weg, mit dem Tod umzugehen. Jeder Mensch hat seine eigene Art, damit zu leben. Offenheit hilft dabei, auch wenn es oft schwierig ist. Wenn wir den Tod nicht als Tabuthema behandeln, verliert er ein Stück seiner Schwere.

Ich finde es wichtig, sich schon zu Lebzeiten Gedanken über seine Bestattungswünsche und über das, was von einem bleiben soll, zu machen. Das schafft Frieden - für sich selbst und für die Angehörigen.

Sie sind beruflich stets von Trauer und dem Dahinscheiden umgeben: Wird man da zur Melancholikerin? Oder ist genau das Gegenteil der Fall?

Das Gegenteil ist der Fall. Durch meinen Beruf habe ich gelernt, das Leben bewusster zu schätzen. Ich sehe jeden Tag, wie schnell sich alles verändern kann, und das macht mich sehr dankbar. Natürlich gibt es auch traurige Momente, aber sie führen einem auch vor Augen, was wirklich zählt. Die Balance zwischen dem Leben und dem Tod empfinde ich als sehr wertvoll.

Tägliche Berührungspunkte mit trauernden Menschen und deren Emotionen: Wie handhaben Sie das?

Ich versuche, jedem Menschen mit viel Offenheit, Ruhe und Verständnis zu begegnen. Trauer braucht Zeit, und diese nehme ich mir gerne. Oft ist es gar nicht nötig, viel zu sagen, sondern einfach da zu sein, zuzuhören und den Angehörigen das Gefühl zu geben, dass sie in guten Händen sind. Wenn jemand am Ende sagt: "Danke, dass Sie für uns da waren", dann weiß ich, dass ich meinen Teil beitragen konnte. Das bedeutet mir sehr viel.

"Der Tod ist der beste Freund des Menschen" - ein Satz, der unter anderem W. A. Mozart zugeschrieben wird. Wie sehen Sie diesen Zugang?

Der Tod erinnert uns daran, dass das Leben endlich ist, und genau das macht es kostbar. Wenn man den Tod nicht als Feind, sondern als Teil des Lebens akzeptiert, kann man bewusster und dankbarer leben. Für mich hat der Gedanke etwas Tröstliches.

Ihr Arbeitsfeld ist ein Bereich, der nicht für jede Person geeignet ist. Ist Ihr Job mehr Beruf oder Berufung?

Ganz klar: Berufung. Schon als Kind war für mich dieser Beruf ein Herzenswunsch. Ich wusste früh, dass ich Menschen in solchen Momenten beistehen möchte. Es ist kein einfacher Job, aber ein sehr erfüllender. Ich empfinde es als großes Privileg, Menschen in einer so sensiblen und besonderen Zeit begleiten zu dürfen.

Wann haben Sie Ihre Arbeit gut gemacht?

Mir ist wichtig, dass Trauerfamilien spüren, dass sie nicht allein sind und dass sie von uns Zeit, Raum und Unterstützung bekommen. Der Tod ist kein Ende, sondern eine Veränderung.

Ich kann den Übergang für Angehörige nicht leichter machen, aber vielleicht etwas heller. Wenn mir das gelingt, weiß ich, dass ich meine Arbeit getan habe.