"Trauer ist immer sehr individuell", ist Lisa Maria Jindra, Studienleiterin von St. Vigil Salzburg, überzeugt. "Denn jede und jeder Einzelne trauert auf eine eigene Weise." Die Salzburgerin kuratierte und koordinierte gemeinsam mit der Stadt Salzburg Jedermanns Tod, den ersten Kongress über Leben, Vergänglichkeit und Sterben in St. Virgil Salzburg. Fachleute aus Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft sowie Interessierte treffen am 27. und 28. Oktober aufeinander, um sich mit diesen sowie weiteren Fragen zu beschäftigen. In über 40 Fachvorträgen, Workshops, künstlerischen Impulsen und Gesprächsformaten stehen institutionelle, politische Themen genauso im Fokus wie persönliche und spirituelle. Der Kongress bildet den Höhepunkt von Veranstaltungen in Salzburg, welche sich mit der eigenen Endlichkeit eingehend auseinandersetzen.
Vom jeweiligen Standpunkt
Für Jakob Reichenberger, Direktor von St. Virgil Salzburg, ist der Kongress eine Premiere - er spricht auch kontroverse Themen wie etwa den assistierten Suizid an, der zuletzt in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Der Kongress richtet sich an alle, die Menschen in der letzten Lebensphase und im Abschied begleiten - unabhängig davon, ob sie dies beruflich, ehrenamtlich oder privat tun. Die Teilnehmenden kommen nicht nur aus Salzburg, sondern auch aus den Bundesländern sowie aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. "Über 40 Kooperationspartner konnten wir für ihn gewinnen", freut sich Jakob Reichenberger. St. Virgil Salzburg sei für ihn der ideale Ort. "Durch die vielfältige Expertise unserer Partner entsteht ein lebendiger Austausch. So wird der Kongress zu einem großen Netzwerkknotenpunkt, an dem sich Fachleute begegnen und neue Kooperationen ihren Anfang nehmen."
Trauer bleibt und sucht sich ihren Weg
In der Trauerbegleitung wird Trauer heute nicht mehr als linearer Prozess, sondern als etwas Dynamisches verstanden. "Viele versuchen aber, Trauer zu verdrängen - in der Hoffnung, dass sie vergeht", erklärt Lisa Maria Jindra und warnt: Das sei aber ein Irrglaube. "Gefühle lösen sich nicht auf, nur weil wir sie ignorieren." Im Gegenteil: Sie suchen sich ihren Weg, manchmal auch erst Jahre später - und oft viel stärker als gedacht. Erst wenn sich Betroffene der Trauer zuwenden, kann sie sich verwandeln, ist Lisa Maria Jindra überzeugt, was vielen schwerfällt. Denn Trauer betrifft nicht nur den Tod, sondern viele Formen von Abschied oder Verabschiedung - sei es von einer Freundschaft, einer Liebe oder einem Lebensabschnitt. "Wenn Kinder lernen, dass Trauer ein normales Gefühl ist, verlieren sie später als Erwachsene die Angst davor", sagt die Salzburgerin. Denn Kinder können sehr rasch von einer Situation in die nächste wechseln - ein Phänomen, das Expertinnen und Experten auch als "Pfützentrauer" bezeichnen. "Unterstützen können wir sie, indem wir früh beginnen, mit ihnen über Verlust zu sprechen."


