The Dark Side of the Fish. Der Musikproduzent Ray Watts ist mit Fish and Chips aufgewachsen. Wir meinen: Höchste Zeit, ihm etwas heimische Kochkultur beizubringen.
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Ein Hit namens Seesaibling.
Jetzt werden Sie gleich einen Namen lesen, bei dem jeder Lieferinger demütig und dankbar himmelwärts blickt:
Peter Pfenninger. Er war der letzte Berufsfischer der ehemaligen Steuergemeinde Liefering. 1877 brachte er seine Fischereirechte in eine Schenkung ein. Jetzt werden die Aufzuchtsbäche von ehrenamtlichen Fischern gepflegt. Die Erlöse kommen sozialen Zwecken zugute. Kein Wunder, dass heute nach ihm eine Lieferinger Straße benannt ist. In dieser Straße wiederum befindet sich der Fischerwirt. Dass wir heute in dieser idyllischen Dorfatmosphäre kochen, hat einen geopolitischen Grund. Stellen Sie sich vor: Den Engländern droht seit den Sanktionen gegen Russland der Fisch auszugehen. Nun ist für Engländer aber ein Leben ohne Fish and Chips nur schwer vorstellbar. Pardon: Das sagt viel über die englische Kochkultur aus. Aber leider nichts Gutes. Prinz Philip sah das auch so. Ihm wird folgendes Zitat zugeschrieben: "Die englische Küche und die Schönheit englischer Frauen haben uns zu einer großen Seefahrernation gemacht."
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Teuflischer Blick, himmlisches Essen: Musikproduzent Ray Watts in der Küche mit Harald Huber vom Fischerwirt in Liefering.
Vielleicht ist auch Ray Watts deshalb so viel unterwegs. Der in Salzburg ansässige Musiker gilt als zuverlässiger Hitlieferant. Fish and Chips kennt er noch aus seiner Kindheit. Sie seien eine Art Erinnerung an seinen englischen Vater, erzählt er. Wir haben beschlossen, seinen Fischhorizont bei Harald Huber im Fischerwirt zu erweitern. Watts durfte unter der Anleitung des Haubenkochs einen Seesaibling mit Fregula Sarda und Artischockenböden zubereiten. Fregula Sarda ist eine auf Sardinien weitverbreitete Nudelart aus Hartweizengrieß, die wie ein Risotto zubereitet wird. Also heißt es für Ray zunächst eine Schalotte klitzeklein schneiden. Mit der Fingerfertigkeit eines Gitarristen gelingt ihm das auch gar nicht einmal so schlecht. Sein erstes Werk wird dann in einem Gemisch aus zerlassener Butter und Olivenöl glasig angeschwitzt. Jetzt kommt die Fregola Sarda dazu. Mit Weißwein ablöschen und dann wird es rührend. Soll heißen: Ray darf umrühren und immer etwas Gemüsefond dazugeben. Das köchelt dann so lange dahin, bis die Fregola Sarda nach mehreren Kostproben die gewünschte Konsistenz hat. Harald Huber empfiehlt, auch den gesundheitlichen Aspekt nicht außer Acht lassen: "Je bissfester, desto weniger ungesund", sagt er. Schließlich gehe es darum, dass beim Kochen so wenig Zucker wie möglich freigesetzt wird. "Eine gekochte Tomate ist ja auch längst nicht so gesund wie eine rohe", erklärt er.
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Musikproduzent Ray Watts mit Harald Huber vom Fischerwirt in Liefering.
Die Lektion, die Ray jetzt erhält, ist eine leichte. Vorbereitung ist der halbe Erfolg. "Wie bei mir im Studio", sagt er. Harald hat nämlich einige Bausteine des Gerichts fix und fertig vorrätig. Etwa die Bärlauchbutter, die zum Schluss noch in die Fregola Sarda kommt. "Da wird die Hälfte des Bärlauchs blanchiert und dann mit dem Rest klein geschnitten. Man muss dann nur noch die Butter zerlassen, abkühlen lassen und alles gemeinsam mixen. Fertig." Den Fisch reibt Harald mit einer Mischung aus sieben Salzen ein. Sieben? Eh klar. Eine Mischung aus der Drei (Trinität) und Vier (Kosmos). Also Geist und Materie. Dann muss man ihn nur noch zuerst auf der Hautseite anbraten, dann wenden und vollenden. Halleluja! Jetzt ist es so weit. Das Ganze wird dann mit Artischockenböden angerichtet, die 15 Minuten in einer Mischung aus Gemüsefond und Madeira köcheln durften. Ray Watts wirkt jetzt irgendwie selig entrückt. Er hat ein echtes Kunstwerk geschaffen und sich mental von goldenen Schallplatten verabschiedet, um schwarze Herdplatten zu bedienen. Wir wollen seinem Werk den Titel "The Dark Side of the Fish" geben.
In unserem Podcast "Mitgekocht" schauen wir jede Woche den Meistern der heimischen Küchenzunft über die Schultern und in die Kochtöpfe.