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Warum man einen Fisch mit einem Kaninchen füllt - diese beiden Männer wissen es

Heute füllen wir einen Heilbutt mit einem Kaninchen - und pochieren einen Saibling. Und zwar in einer kulinarischen Institution mitten in Salzburg.

Daniel Schiller (r.) führt die Riedenburg, Christoph Mayer hütet die Küche.
Daniel Schiller (r.) führt die Riedenburg, Christoph Mayer hütet die Küche.

Heute besuchen wir ein kulinarisches Wahrzeichen: das Restaurant Riedenburg. Dieses galt schon in den frühen 2000er-Jahren als legendär. Wer einen Festspielstar sehen wollte, der musste nur einen Tisch reservieren. Geführt wurde es damals von Robert Hatheyer und dem genialen Koch Richard Brunnauer. Den beiden folgte Helmut Schinwald, der im August von einem weiteren kongenialen Duo abgelöst wurde: Daniel Schiller und Christoph Mayer. Sie sperrten pünktlich zur Festspieleröffnung auf. Das ist wie ein Kopfsprung in den reißenden Fluss. "Ist aber ganz gut gegangen", sagt Schiller mit der Lässigkeit eines Gastgebers, der schon viel erlebt hat. Zunächst, so Schiller, wollten sie nur eine bestimmte Anzahl von Tischen besetzen. "Damit wir uns langsam aufwärmen. Aber das war nicht drin. Die Gäste überrannten uns." "Ja, das war von 0 auf 100 am ersten Tag", pflichtet ihm Mayer bei. Er ist für die Küche verantwortlich. Und diese weckte sofort unsere Aufmerksamkeit. Ein Gericht heißt etwa "Food Porn". Dabei handelt es sich um Ochsenschlepp mit geröstetem Knochenmark. Das erinnert an den britischen Brachialkoch Fergus Henderson - dessen Restaurant St. John erst so richtig bekannt wurde, als er geschmortes Eichhörnchen servieren ließ.

Originell kochen statt einfach provozieren

Mayer hält es nicht so sehr mit der Provokation. Er tüftelt eher an ungewöhnlichen Kombinationen, die man so noch nicht auf der Speisekarte gesehen hat. So ein Gericht ist etwa sein Heilbutt, den er mit Kaninchen füllt. Was nicht auf der Karte steht: Eine Hühnerfarce ist auch noch drin. Als Bindemittel. Denn das Gericht wird gerollt. Die Frage, warum er nicht das Kaninchen mit dem Fisch füllt, stellt sich für ihn nicht: "Der Fisch ist groß und stabil genug", sagt er.

Wem all das ein wenig exotisch vorkommt, der sollte das uralte französische Rezept eines "Königlichen Hasen" (Lièvre à la royale) studieren. Da wird der Hase vier Tage lang in zwei Flaschen Rotwein, einem Viertelliter Tresterschnaps, Gewürzen und Wurzelwerk mariniert. Dann wird er mit Brät, Gänseleber, Trüffel, Schalotten, Petersilie, Knoblauch und gehackten Innereien befüllt. Ein Gericht, das wie gemacht für den britischen Koch Henderson ist. Der wurde einmal nach seiner Henkersmahlzeit befragt. Er antwortete: "Seeigel roh. Nur aufschneiden und sofort essen. Dann hätte ich gern einen Ziegenkäse und etwas roten Burgunder, anschließend Schokoladeneis und Eau de Vie, ein paar Zigaretten - dann müsste die Musik von Wilson Pickett anfangen zu spielen, damit ich betrunken tanzen kann, bis es vorbei ist …" Sehr überzeugend, ich glaube, so mache ich es auch, wenn sie mich kriegen.

Nein, das ist nicht das Kaninchen! Bei unserem Besuch haben wir ein pochiertes Saiblingsfilet ausprobiert – aber auch dieses birgt Überraschungen.
Nein, das ist nicht das Kaninchen! Bei unserem Besuch haben wir ein pochiertes Saiblingsfilet ausprobiert – aber auch dieses birgt Überraschungen.

Bevor es an diesem lebenslustigen Ort jetzt zu morbid wird, wenden wir uns wieder Mayer zu. Küchentechnisch betrachtet ist er ohne Zweifel eine Art "Dr. Jekyll und Mr. Hyde". Auf der einen Seite kocht er stark männlich orientierte Gerichte, auf der anderen brilliert er mit leichten Speisen wie Wolfsbarsch mit Grapefruitrisotto. Ein weiteres Gericht dieser Kategorie sehen Sie oben abgebildet: ein pochiertes Saiblingsfilet mit Gemüse und Orangensud. Und das geht so: Zunächst das Backrohr auf 70 °C vorheizen. Danach Olivenöl in eine ofenfeste Form eingießen und in das Rohr stellen. Sobald das Öl die gewünschten 70 °C erreicht, die Saiblingsfilets in das Öl einlegen. Die Filets sollen vollständig bedeckt sein. Neun Minuten garen und fertig. Für das Gemüse röstet Mayer Karotten, Sellerie, Zwiebel, Lauch, Lorbeer und Wacholder an. Und jetzt kommt die Säure ins Spiel: der Orangen-Rosmarin-Sud. Da wird der Saft frisch gepresster Orangen mit frischem Rosmarin, Gemüsesuppe, Curry, Salz und Pfeffer aufgekocht und mit Mehl eingedickt. Zum Schluss legt man noch ein paar Grapefruitfilets in den Sud. Das klingt ganz einfach. Leichtfüßig wie eine Komposition von Mozart. Dazu gibt es dann noch etwas Blattspinat.

Ungewöhnliche Weine zu ungewöhnlichem Essen

Was die Weine betrifft: Da kann man sich bedenkenlos in die Hände von Schiller begeben. Seine Philosophie lautet: Bloß keine bekannten Namen. Die haben eh alle bekannten Häuser. Schiller dagegen ist ganzjährig wie Indiana Jones auf der Suche nach dem versteckten Gral der Weine. Derzeit haben es ihm die Tropfen des Familienbetriebs Schödl in Loidesthal angetan. Die Geschwister Viktoria, Mathias und Leonhard Schödl sind schon weit herumgekommen. Sie haben ihr Handwerk unter anderem in Kalifornien, Südafrika und Neuseeland gelernt. Was wohl auch ihren frischen Zugang erklärt. Neben ihren ausgezeichneten Weißweinen produzieren sie auch Sekt nach der Champagnermethode. "Bei diesen Produkten freut sich nicht nur der Genießer, sondern auch die Geldbörse", sagt Schiller.

Jetzt werden noch zwei Körbe Steinpilze geliefert. "Gibt's heute Abend gebacken als Vorspeise", sagt Schiller. Dieser Ort gleicht einem Paradies. Wo man auch hinblickt. Die Innenarchitektur, die Bar, der Gastgarten - man entspannt sich einfach. Und man darf gespannt sein, was den beiden in den nächsten Monaten noch so alles einfallen wird.

Im SN-Podcast "Mitgekocht" schaut Gastro-Redakteur Peter Gnaiger den originellsten und talentiertesten, wenn auch nicht immer den bekanntesten Köchen der näheren Umgebung in die Kochtöpfe. Lauschen Sie mit!