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Fasten mal anders

Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Die "Hallo Nachbar!" hat sich nach alternativen Fasten-Ideen umgeschaut und gibt fünf Tipps für sinnvollen Verzicht.

Fasten mal anders
Fasten mal anders

In fast jeder Religion gibt es eine Zeit des bewussten Verzichts: Im Christentum sind es die 40 Tage zwischen Aschermittwoch und Gründonnerstag, im Islam ist es der Fastenmonat Ramadan, im Judentum das Versöhnungsfest Jom Kippur. Die Gläubigen verzichten bewusst auf Nahrung, um so ihren Körper und ihre Seele zu reinigen. In den vergangenen Jahren liegt Fasten vermehrt im Trend - meist weniger aus religiösen Gründen, sondern aus dem Wunsch heraus, Gewicht zu verlieren oder den Körper zu entschlacken. Verstärkt setzen sich auch Fasten-Alternativen durch, mit denen man zum Beispiel der Umwelt oder der mentalen Gesundheit etwas Gutes tut. Hier ein paar Ideen.

1. Digitale Auszeit: die Smartphone-Diät

Fasten ohne Magenknurren? Das geht - mit einer digitalen Diät. Und diese macht im Gegensatz zum Kalorienzählen richtig gute Laune. Mehr noch: Sie verschafft uns innere Ruhe und Frieden. Die Münchner Digital-Detox-Expertin Daniela Otto rät, es mit dem SCD-Prinzip ("Scroll die Hälfte") zu versuchen. "Die tägliche Bildschirmzeit liegt im Schnitt bei 3,7 Stunden. 50 Prozent davon sind also immer noch mehr als genug", so die Expertin im "Hallo Nachbar!"-Interview. App-Limits helfen dabei. Dafür geht man einfach in die Einstellungen und begrenzt seine Online-Zeit.

Daniela Otto schreibt Bücher zu Digital Detox.
Daniela Otto schreibt Bücher zu Digital Detox.

Insbesondere Social Media ist ein Zeitfresser. "15 Minuten am Tag reichen vollkommen aus", findet Daniela Otto. Besonders hilfreich: digitales Intervallfasten. Dabei bleibt man zum Beispiel von 20 Uhr abends bis 8 Uhr morgens offline und genießt die gewonnene Ruhe. Die Expertin weiß: "Das ist gut für die Seele, denn zu viel Fremdeinflüsse und digitaler Stress machen uns krank." Die promovierte Literaturwissenschaftlerin aus München veröffentlichte erst im Herbst ihr neues Buch "Digital Detox für die Seele".

2. Raus aus dem Plastikwahn

Vor fünf Jahren hat Familie Varga-Weisser aus Mietenkam (Marktgemeinde Grassau) Plastik aus ihrem Leben verbannt - zumindest so gut wie. Der Plastikmüll, den Rosa Varga-Weisser, ihr Mann Alexander und Tochter Hanna in einem halben Jahr produzieren, passt in ein großes Weckglas. Ihr Tipp für alle, die es ihnen gleichtun wollen: "Einfach anfangen! Und zwar da, wo es am wenigsten weh tut." Jedes kleine Plastikteil, das man einspare, sei ein Anfang - und vielleicht der Beginn einer großen Bewusstseinsveränderung.

Leben (fast) plastikfrei: Alexander Weisser und seine Frau Rosa.
Leben (fast) plastikfrei: Alexander Weisser und seine Frau Rosa.

Ganz einfach lassen sich Verpackungen aus Plastik einsparen. Das fängt bei Lebensmitteln an: Im Supermarkt steckt man lose Gemüse und Früchte idealerweise in selbst mitgebrachte Sackerl. Im Drogeriemarkt greift man besser zum Stück Seife statt zur Flüssigseife im Plastikspender. "Es gibt inzwischen auch Haarseifen - Shampoos in Seifen-Form - oder Zahnpasta in Tabletten- und Pulver-Form", erzählt Rosa Varga-Weisser.

Das Angebot an Plastikalternativen wächst stetig. Darum: Einfach mit offenen Augen durch die Geschäfte gehen! "Es ist so einfach geworden Plastik zu vermeiden", findet die Mietenkamerin. Wer was Neues ausprobieren will, sollte mal in einen Lose-Laden gehen; dort gibt es nur Unverpacktes zu kaufen.

3. Koffein, Zucker und Co.: Verzicht auf Genussmittel

40 Tage auf ein heiß geliebtes, aber leider oft auch ungesundes Genussmittel zu verzichten, das macht durchaus Sinn. "Unser Essverhalten basiert oft auf allerlei Gewohnheitsmechanismen. Und die lassen sich binnen sechs Wochen durchaus entkoppeln", erklärt Diplom-Ökotrophologin Eva-Marie Krammer, die in Chieming und Traunstein Ernährungsberatungen anbietet. "Das ist wie ein Mini-Entzug." Am Ende stünde oft die Erkenntnis: Es geht auch ohne.

Die Möglichkeiten des Verzichts sind vielfältig: Die einen entscheiden sich dafür, Zucker und Süßwaren wegzulassen, die anderen verzichten auf Alkohol oder Koffein. "Man kann ja auch mal sechs Wochen eine vegetarische Lebensweise ausprobieren", schlägt die Ernährungsexpertin vor. Eine weitere Idee: 40 Tage lang ausschließlich Wasser als Getränk wählen. Oder: nach 18 Uhr nichts mehr essen.

Eva-Marie Krammer ist Ernährungsberaterin.
Eva-Marie Krammer ist Ernährungsberaterin.

Sinnvoll ist es auch, die Speisen achtsamer zu sich zu nehmen. "Essen findet bei vielen unter dem Aspekt 'schnell, schnell' statt, ohne wirklich bewusste Wahrnehmung für die Lebensmittel und das eigene Sättigungsgefühl", weiß Eva-Marie Krammer. Für die Fastenzeit könnte man sich daher vornehmen, bewusster zu kauen und schmecken - ohne TV-Beschallung oder Smartphone-Getippsel.

4. Stress fasten: Ruheoasen schaffen

Ein gesundes Maß an Stress gehört zum Leben dazu. Doch bei vielen ist das gesunde Maß längst überschritten. Leistungsdruck im Beruf, Verpflichtungen in der Familie oder zu hohe Erwartungen an sich selbst bleiben nicht ohne Folgen: Immer mehr Menschen leiden unter Kopfschmerzen, Verspannungen, Schlafstörungen oder depressiven Verstimmungen.

Maria Kluge leitet Seminare zur Stressreduktion.
Maria Kluge leitet Seminare zur Stressreduktion.

Warum also nicht in der Fastenzeit damit beginnen, kleine Ruheoasen im Alltag zu schaffen? Wie das gelingen kann, weiß Maria Kluge, Gründerin der Begegnungsstätte und Vorsitzende des Vereins für Achtsamkeit in Osterloh bei Teisendorf; sie hält unter anderem Seminare zur Stressreduktion und empfiehlt, die "A-L-I"-Methode in den Alltag einzubauen: "A-L-I ist eine kleine Zauberformel für den Alltag. Fühlen wir uns erschöpft, verspannt oder fangen unsere Gedanken an zu rasen, ist es Zeit für eine Mini-Pause mit: A = Atmen, L = Lächeln, I = Innehalten und Ja sagen", erklärt Maria Kluge. Drei Atemzüge würden schon ausreichen, um uns neu zu zentrieren und inneren Raum zu schaffen.

5. Der Umwelt Gutes tun: Autokilometer einsparen

Das Ehepaar Nepper aus Traunstein erledigt seine Alltagsfahrten in der Stadt seit bald zweieinhalb Jahren mit einem elektrischen Lastenfahrrad. Es fährt damit nicht nur zum Supermarkt, sondern auch die beiden kleineren Kinder in den Kindergarten beziehungsweise die Kita. 2200 Kilometer haben Patrick Nepper und seine Frau Johanna inzwischen zurückgelegt. "So haben wir über eine halbe Tonne CO₂ eingespart", rechnet der Familienvater vor.

Sein Tipp für alle, die in der Fastenzeit ihr Auto auch mal öfter in der Garage stehen lassen wollen: Für Kurzstrecken aufs Fahrrad umsteigen - "alles, was, zwei drei Kilometer ums eigene Haus herum ist". Vom Wetter sollte man sich nicht abhalten lassen, denn: "Man merkt schnell, wie gut einem das Radeln tut", sagt Patrick Nepper. Die zusätzliche Bewegung wirke sich gerade bei denen positiv aus, die viel sitzen würden und Probleme mit Nacken- und Rückenschmerzen hätten. Zusätzlich erspare es einem den oft dichten Stadtverkehr: "Und die ewige Parkplatzsucherei fällt ganz weg."

Patrick Nepper fährt Rad, wann immer es geht.
Patrick Nepper fährt Rad, wann immer es geht.



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