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Herrgott, lass es bitte gut sein

Tarnen und Täuschen. Bei der Fastenspeise Herrgottsbscheißerl kommt es weniger auf die Hülle als auf die Fülle an.

Köstlich: Herrgottsbscheißerl aus der Klosterküche.
Köstlich: Herrgottsbscheißerl aus der Klosterküche.

Endlich ist es so weit: Es darf gefastet werden. Das heißt: Ab Aschermittwoch kommt von Gottes Gnaden wieder der echt gute Stoff auf die Teller. Etwa Jakobsmuscheln, Austern, Kaviar, Hummer, gegrillte Goldbrassen, Thunfisch-Tataki, Miesmuscheln, knusprig gebratener Zander und Wolfsbarsch in der Salzkruste und Trüffel sowieso. Dazu gibt es Wein und als Aperitif einen belgischen Triple-Bock.

Der Aufruf zur jährlichen Süßwasser- und Meeresfrüchteparty geht auf das Konzil von Konstanz zurück. Das fand von 1414 bis 1418 unter der Leitung von Papst Johannes XXIII. am Ufer des Bodensees statt. 600 Kleriker kamen hier überein, dass alles, was im Wasser lebt, als Fisch gezählt wird. Das war schlecht für die Biber, die wegen ihrer geschuppten Schwänze in den Fastenplan der Kirchenleute passten. Das hätte beinahe zur Ausrottung dieser putzigen Tiere geführt. Auch so manches Spanferkel erfuhr seine Wandlung in ein Wassertier erst, nachdem es kaltschnäuzig rituell ertränkt wurde. Der Kreativität bei der Fleischbeschaffung waren vom Klerus keine Grenzen gesetzt. So ist auf der Website katholisch.de zu erfahren, dass damals auch die "Fischtaufe" angewandt wurde. Der katholische Würdenträger beugte sich hierbei etwa über einen Spanferkelbraten und sprach: "Baptisto te carpem" ("Ich taufe dich Karpfen").

Schokolade gilt übrigens auch als Fastenspeise. Das wurde lang verhandelt. Schließlich forderten mexikanische Bischöfe Klarheit. Sie schickten den Abgesandten Fra Girolamo di San Vincenzo 1569 zu Papst Pius V., um eine Entscheidung zu erbitten. Es heißt, dem Papst habe das Heißgetränk nicht geschmeckt. Also entschied er: "Potus non frangit ieunium" ("Schokolade bricht das Fasten nicht"). Gott sei Dank!

Neben all den luxuriös anmutenden Fastenspeisen haben es vor allem die schwäbischen "Herrgottbscheißerl" und "Nonnenfürze" (zu diesem Schmalzgebäck kommen wir ein andermal) in unser Unterbewusstsein geschafft. Obwohl die "Bscheißerl" - das fand der Gastrosoph Roland Essl heraus - ausgerechnet von protestantischen Glaubensflüchtigen von Italien ins Schwabenland gebracht wurden. Dort sind sie auch als Maultaschen bekannt. "Aber nicht, weil hier - wie man annehmen könnte - Ochsenmaul und Schweinerüssel verarbeitet wurden", klärt Essl auf. "Sie wurden erstmals im Kloster Maulbronn erwähnt." Unter dem Namen "Herrgottsbscheißerl" sind sie bekannt geworden, weil die Mönche in den Teigtaschen Speck versteckt haben. Diese Taschen wurden in einer Gemüsesuppe gegart. Hier ist das Rezept von Roland Essl.

Zutaten für den Teig: 100 g glattes Mehl, ein großes Ei, 1 EL Olivenöl, Salz und geriebene Muskatnuss.

Für die Fülle: Eine halbe Zwiebel, 40 g Butterschmalz, 160 g Speck, Petersilie, 40 g Weizengrieß, ein Ei zum Bestreichen und Verkleben der Ränder.

Zubereitung des Teigs: Aus allen Zutaten (gegebenenfalls durch Zugabe von Wasser) einen elastischen Teig kneten und eine Stunde rasten lassen.

Für die Fülle die klein geschnittene halbe Zwiebel im Schmalz anschwitzen und den würfelig geschnittenen Speck beigeben und anrösten. Reichlich Petersilie hinzufügen und die Masse mit dem Grieß binden.

Den Nudelteig ausrollen und Quadrate (etwa acht mal acht Zentimeter) ausschneiden und die Ränder mit dem verquirlten Ei bestreichen. Jetzt in jede Mitte einen EL Fleischmasse setzen und den Teig zusammenlegen. Dann vorsichtig fünf Minuten in siedender Suppe garen, anschließend fünf Minuten ziehen lassen und mit reichlich Schnittlauch in der Rindssuppe servieren.

Als Tischgebet empfehlen wir den Stoßseufzer eines jeden frommen und geistreichen Kochs:

"Hergott, lass es bitte gut sein."