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Friseur:in - Traumberuf verliert an Glanz

Nachwuchsprobleme in der Friseurbranche: Die Zahl der Lehrlinge ist auf Rekordtief, Ein-Personen-Betriebe boomen.

Der Salon von Friseurweltmeister Mario Krankl (r.) hat acht Mitarbeiterinnen. Im Bild (v. l.) Sarah Schmidlechner, Ceyda Doganay, Chefin Barbara Krankl und Hannah Lukasser.
Der Salon von Friseurweltmeister Mario Krankl (r.) hat acht Mitarbeiterinnen. Im Bild (v. l.) Sarah Schmidlechner, Ceyda Doganay, Chefin Barbara Krankl und Hannah Lukasser.
Friseurmeisterin Claudia Šimić (sitzend, mit Lehrling Cemre Uslu) hat ihren Salon in Elsbethen im Vorjahr um die Hälfte verkleinert. Am Samstag sperrt sie gar nicht mehr auf. „Zum Glück gehört das Geschäft mir.“
Friseurmeisterin Claudia Šimić (sitzend, mit Lehrling Cemre Uslu) hat ihren Salon in Elsbethen im Vorjahr um die Hälfte verkleinert. Am Samstag sperrt sie gar nicht mehr auf. „Zum Glück gehört das Geschäft mir.“

Das Friseurhandwerk, das einst zu den Top-3-Lehrberufen bei den Mädchen zählte, leidet unter massiver Personalnot. In Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Oberösterreich und zuletzt auch in der Steiermark steht der Beruf mittlerweile auf der Engpassliste der Mangelberufe.

Die Situation sei bundesweit unterschiedlich, sagt Jakob Wild, Geschäftsführer der Bundesinnung der Friseure bei der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Waren in Salzburg Ende des Vorjahrs 67 offene Stellen und 23 Friseurinnen arbeitslos gemeldet, gibt es in Wien und im Burgenland mehr arbeitslose Friseurinnen als Angebote. Im vergangenen Jahrzehnt (2010 bis 2022) sank die Zahl der Beschäftigen von 20.755 auf 16.369 Personen und jene der Lehrlinge auf ein Rekordtief von 2418 Auszubildenden, ein Minus von fast 50 Prozent. Nur noch 20 Prozent der Betriebe bilden überhaupt Lehrlinge aus. Einzig die Betriebsgründungen steigen, von 7084 auf 9625 Mitgliedsbetriebe - wobei es sich vielfach um eine Abwanderung in die Selbstständigkeit als Ein-Personen-Unternehmen handelt, die bereits 56 Prozent der Mitgliedschaften in der WKO ausmachen. Diese Kleinbetriebe sind bis zu einem Jahresumsatz von 35.000 Euro umsatzsteuerbefreit. Ein Trend sind auch die fahrenden Friseurinnen, die auf dem Land mit dem Auto Kundinnen besuchen. Und: Der Anteil der männlichen Fachkräfte stieg von sechs auf 15 Prozent.

Kampagnen sollen Image der Branche aufpolieren

Die Interessenvertretung bemüht sich mit Imagekampagnen (Ich.Mach.Schön) und neuen Formaten (Lehrlings-Speed-Dating), den Beruf wieder schmackhafter zu machen. "Unser Handwerk ist bei der Jugend nicht mehr so beliebt und erstrebenswert wie früher", weiß der Salzburger Friseurmeister und Bundesinnungsobmann Wolfgang Eder aus Umfragen. "Der Beruf gilt als anstrengend, es ist eine stehende Arbeit, es gibt das Thema der Chemie und Allergien, wo viel Unwissenheit herrscht. Oftmals wird auch der Kontakt mit Kunden als belastend bewertet", beschreibt Eder das veränderte Kommunikationsverhalten der Generation Social Media. Er könne das beobachten, "wenn die jungen Mitarbeiter von der Bushaltestelle kommen. Die unterhalten sich nicht mehr untereinander, sondern prüfen ihren Account auf dem Handy."

"Eine tüchtige Friseurin verdient bis zu 3500 Euro brutto."
Wolfgang Eder
Innungsmeister

An oberster Stelle des Imageproblems steht auch die schlechte Bezahlung. Eine Friseurin verdient im ersten Berufsjahr laut Kollektivertrag 1800 Euro brutto. "Es ist uns bewusst, dass ein Mindestlohn von 2000 Euro notwendig wäre", meint Eder. Dem stünden jedoch die gestiegenen Kosten der Betriebe gegenüber, die freilich an die Kundschaft weitergegeben werden. In der Praxis können tüchtige Friseurinnen, die sich einen eigenen Kundenstock aufbauen, mit Umsatzbeteiligung, Prämien und fixer Überzahlung auf bis zu 3500 Euro brutto kommen. Man habe die Löhne in den vergangenen zehn, 15 Jahren stark erhöht - einzelne Ketten wie Klipp zahlen aus eigenen Stücken um 20 Prozent mehr - und neue Spezialisierungen rund um Visagistik, Hairstyling, Kosmetik und Fußpflege in das Berufsbild mit hineingenommen.

Die meisten Friseurbetriebe suchen ständig nach Personal.

Claudia Šimić hat ihren Salon Cut & More in Elsbethen früher mit sechs Mitarbeiterinnen geführt, jetzt sind es drei. Es sind die üblichen Lebenswege, warum die Frauen den erlernten Beruf verlassen. "Eine ist in Pension gegangen, eine hat ein Baby bekommen, eine ist wegen Mutterpflichten zu Hause", sagt die Chefin, die selbst 21 Jahre in der Friseursparte einer großen Drogeriekette gearbeitet hat, ehe sie sich selbstständig machte. Die Ausbildung für Lehrling Cemre Uslu, 17, wird vom AMS gefördert. Šimić sucht auch auf Social Media - wo sich "auch nichts rührt". Ihr Geschäft in einer ehemaligen Bank hat sie im Vorjahr von 180 Quadratmetern auf die Hälfte verkleinert, sich anschließend an den Salon eine Wohnung eingerichtet. "Zum Glück gehört das Geschäft mir." Am Samstag sperrt sie ihren Betrieb gar nicht mehr auf, dafür öffnet sie am Montag den halben Tag. Šimić beobachtet wie viele Selbstständige eine veränderte Haltung zur Erwerbsarbeit. "Viele Junge mögen nicht mehr so viel arbeiten. Sie sagen, 40 Stunden sind mir viel zu viel. Ich habe Bewerbungen vom AMS, wo ich die Bewerberinnen anschreiben musste, dass die überhaupt kommen, um sich vorzustellen. Viele haben gesagt, sie möchten nur den Stempel für das AMS, damit sie das Arbeitslosengeld bekommen", so Claudia Šimic.

Lehrlingsausbildung: "Wird immer schwieriger, auszubilden"

Friseurweltmeister Mario Krankl in der Salzburger Judengasse hat aktuell acht Mitarbeiterinnen. Der Personalmangel sei in den letzten Jahren immer akuter geworden, sagt Chefin Barbara Krankl. "Früher sind die Frauen Friseurin oder Verkäuferin geworden. Da gab's kein Nachwuchsproblem. Die jetzige Generation ist viel flexibler. Die Jungen gehen länger in die Schule, steigen oft sehr schnell wieder aus dem Beruf aus und machen nach einigen Jahren was anderes." Der Friseurberuf habe immer noch das Image wie vor 20, 30 Jahren, obwohl vieles sich zum Besseren gewandelt habe: "Heute sind die Friseurinnen alle umsatzbeteiligt. Wer gut ist, seine Stammkunden hat, verdient gutes Geld." Viele Betriebe täten sich die Lehrlingsausbildung jedoch nicht mehr an. "Es wird immer schwieriger, auszubilden. Ich kann gar nicht sagen, wie viele Lehrlinge ich kommen und gehen gesehen habe." Jeder Lehrabbruch sei auch ein Beziehungsabbruch und eine menschliche Enttäuschung, meint Krankl.