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Nachverdichtung: Den Bestand mit Holz erweitern

Weil viel zu viele Bodenflächen versiegelt werden, ist Nachverdichtung das Gebot der Stunde. Holz kann hier mit Optik, Zeit und angenehmer Wohnatmosphäre punkten.

Haus Siller: Am Altbestand wurde der alte Dachstuhl abgetragen, der neue mit einem Holzbau einen Meter höher aufgesetzt.
Haus Siller: Am Altbestand wurde der alte Dachstuhl abgetragen, der neue mit einem Holzbau einen Meter höher aufgesetzt.

Die Vorteile der Holzbauweise haben sich schon ganz gut herumgesprochen. "Inzwischen ist es so, dass immer öfter Bauherren von selbst mit der Frage nach Bauen mit Holz kommen. Da hat sich in den letzten fünf bis zehn Jahren enorm viel getan", berichtet Ziviltechniker Michael Schörghofer, Ingenieurkonsulent für Baugestaltung mit Holz, aus Kuchl.

Michael Schörghofer hat für sein Büro bereits vor zehn Jahren selbst auf Holzbau gesetzt.
Michael Schörghofer hat für sein Büro bereits vor zehn Jahren selbst auf Holzbau gesetzt.

Für ihn als Kuchler ist das Thema Holz naheliegend. Nach der HTL in Kuchl und dem Bundesheer hat er sich zweien seiner Kollegen angeschlossen und ist an die FH Kuchl gewechselt. "Witzigerweise hatten sie den Plan, aber nur ich hab das Studium durchgezogen, sie haben sich bald wieder verabschiedet", erinnert er sich und schmunzelt. Er hatte sich für den Bereich Baugestaltung Holz entschieden und nach dem Abschluss einige Jahre Erfahrung in Architekturbüros gesammelt. "So bin ich dazu gekommen, 2014 mein eigenes Planungsatelier zu gründen. 2019 habe ich die Ziviltechnikerprüfung abgelegt und wurde anschließend vereidigt."

Aufstocken mit Holz: Zeitfaktor spielt beim bewohnten Bestand große Rolle

Auch wenn Schörghofer neue Einheiten - Ein- und kleinere Mehrfamilienhäuser - projektiert, plant, vorbereitet und zur Einreichung bringt, ist Nachverdichtung ein prominentes Thema. Dabei ist Holz ein bestimmender Faktor. "Vor allem, wenn es um Aufstockung eines Bestandes geht, der bewohnt ist, spielt der Zeitfaktor eine große Rolle. Es können jede Menge Elemente bereits vorgefertigt und auf der Baustelle in kurzer Zeit verbaut werden. Oder, sofern Dach und Dachstuhl abgerissen werden, kann in kurzer Zeit das Gebäude mit einer fertigen Massivholzdecke abgedichtet und regengesichert werden."

Diese Vorgangsweise hat er für das Haus Siller nahe des Jadorferwirts in Kuchl gewählt. Ein Bestandsbau mit je einer Wohnung im Erdgeschoß und im 1. Stock wurde erweitert, aus der einen Wohnung im ersten Stock entstanden zwei sowie daraufgesetzt im Dachgeschoß zwei weitere Wohnungen. Dazu war es nötig, das bestehende Dach zu entfernen. "Mit der fertigen Massivholzdecke konnten wir die Räume darunter vor Regengüssen schützen und mit dem Aufbau zügig weiter fortfahren", erklärt er. Dach und Dachstuhl sind nun in Holzbauweise einen Meter höher auf dem Bestand aufgesetzt. An der südöstlichen Front bildet ein Vorbau im Dachgeschoß einen Balkon, der wie eine Nase aus dem Gebäude ragt und den darunterliegenden Balkon schützt, grenzenloser Ausblick auf die nahegelegenen Berge und die Umgebung inklusive.

"Mit Holz kann ein Bestandsobjekt gut erweitert werden."
Michael Schörghofer
Baugestaltung

Bei derartigen Projekten, bei denen auf den Bestand aufgebaut wird, stellt sich die Frage: Was hält die Statik aus? Holz bietet den Vorteil, dass es vom Gewicht her leichter ist als Ziegel und Beton, was bei Altbauten eine große Rolle spielt. Zusätzlich verfügt Holz über gleiche oder sogar bessere Dämmwerte bei gleichzeitig schmälerer Wandstärke. "Das ergibt im Endeffekt mehr Wohnfläche. Für manche Bauträger ein Argument, die eventuell höheren Baukosten in Kauf zu nehmen, weil damit mehr Raum verkauft oder vermietet werden kann", rechnet Schörghofer vor.

Für und Wider der Kosten abwägen

Denn Holz als Baumaterial bildet nicht immer die kostengünstigste Variante. Doch es sind einige weitere Faktoren zu bedenken, die trotzdem dafür sprechen. Je nach Grundstücksgröße schreibt die Bauordnung eine gewisse Baumasse vor. Diese gibt an, wie viel an Außenkubatur - woraus sich die Geschoßflächenzahl errechnet - dazugebaut werden kann. Die erwähnte dünnere Wandstärke sowie die besseren Dämmwerte rechtfertigen jedenfalls die anfangs etwas höheren Baukosten.

Der hohe Vorfertigungsgrad von Holzelementen im Trockenen - von einzelnen Wandelementen bis hin zu Außenwänden inklusive Fassade und Fenstern - macht sich überdies bei Nachverdichtungen in Wohngebieten bezahlt, denn es werden wesentlich weniger Lkw-An- und -Abfahrten nötig. "Das hat Auswirkungen auf die Nachbarschaft oder einen laufenden Betrieb. Es gibt weniger Lärm und Staub und damit etwa in Tourismusgebieten weniger Einbußen", weiß der Ingenieurkonsulent.

Manchmal stößt der Holzbau aber auch an gewisse Grenzen. Wenn beispielsweise ein niedriger Altbau mit 1. Stock und Dachgeschoß nachverdichtet werden soll, geben Baunormen vor, was laut Gesetz nicht mehr zugelassen ist. "Wenn sich nach Gebäudeklasse eine größere Kubatur ergibt, wird es vom Brandschutz her immer schwieriger oder es geht gar nicht mehr in Holzbauweise." Schörghofer plädiert daher dafür, jeweils jenes Material einzusetzen, das sich als gut und vorteilhaft erweist. Das kann manchmal Holz sein, aber möglicherweise auch eine Holz-Hybrid-Bauweise.

Aufstockung mit Begrünung auf 2. Ebene

Wo hingegen die Nachverdichtung gut gelungen ist, ist bei der Aufstockung der Garage bei der Pension Wagnermigl in Kuchl zu einer Wohnung sowie bei der benachbarten Metzgerei Gumpold zu sehen.

Die ehemalige Garage der Pension Wagnermigl wurde um eine Wohnung aufgestockt.
Die ehemalige Garage der Pension Wagnermigl wurde um eine Wohnung aufgestockt.

Auf die ebenerdigen Räume der Fleischereiproduktion wurde ein Holzgeschoß als Wohnung für die junge Generation aufgesetzt. "Das ist insofern bemerkenswert, weil es bei dem Haus keine Grünflächen gab. Wir haben es geschafft, die zweite Ebene zu begrünen, das heißt, die Bewohner gehen hier im ersten Stock direkt auf Terrasse und Garten hinaus."

Das Planungsatelier betreibt Schörghofer als Einmannbetrieb. "Mitarbeiter habe ich keine, aber ein solides Netzwerk aus Partnerbetrieben für Bauleitung, Energietechnik oder verschiedene Handwerksbetriebe. Ich selbst muss ja nicht so groß sein." Als seine Stärke bezeichnet er das gute Eingehen auf private Bauherren und dass er für sich eine Nische gefunden hat. Hauptsächlich erledigt er Aufträge in der Stadt Salzburg, dem Flach- und Tennengau, aber auch in die Steiermark, in die Nähe von Wien und nach Oberösterreich haben sie ihn schon geführt. Seine Bauwerke sind in Kuchl zu sehen, aber auch etwa den Umbau des Hotel Frauenschuh plus Wohnhaus oder die Lärchenmühle in Golling hat er durchgeführt.

Er bekräftigt, dass die Rahmenbedingungen der Behörden jeweils wichtig sind. Vor allem im Altbestand, denn die Bestimmungen haben sich im Lauf der Jahre geändert. "Es braucht Mindestabstände - und gute Nachbarn, denn ich will ja etwas planen, das auch gebaut wird", sagt Schörghofer mit Augenzwinkern.