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Das Personalproblem in Österreichs Gefängnissen ist groß

Die Justizanstalten sind überbelegt, Resozialisierung wird durch Mangel an Personal immer schwieriger. Viel Gutes fand der Rechnungshof nicht, der am Freitag zwei Prüfberichte dem Parlament vorlegte und veröffentlichte. Der Chef der Justizwachegewerkschaft, Albin Simma (FCG), sieht dadurch die seit Jahren geäußerte Kritik bestätigt, die Lage in den Justizanstalten habe sich verschärft.

In den 28 österreichischen Haftanstalten herrschen Überbelegung und große Personalnot.
In den 28 österreichischen Haftanstalten herrschen Überbelegung und große Personalnot.

"Die Justizanstalten in Österreich bewegen sich seit Jahren an der Auslastungsgrenze und sind überbelegt. Zudem haben sie fast alle mit Personalmangel zu kämpfen." Das stellte der Rechnungshof (RH) in zwei Berichten fest, die am Freitag dem Parlament übermittelt und gleichzeitig veröffentlicht wurden. Das ist für Eingeweihte sowohl innerhalb als auch außerhalb der Justiz im Prinzip nichts Neues, doch einmal mehr stellte das Prüforgan des Nationalrats klar fest, dass die Regierung großen Handlungsbedarf in den Gefängnissen hat.

Zum Stichtag 1. März 2023 befanden sich in Österreichs 28 Justizanstalten 9127 Häftlinge. Der Strafvollzug kostet die Republik pro Jahr rund 600 Millionen Euro, davon entfallen gut 250 Mill. Euro auf Personal. Gegenüber einer Prüfung 2019 verschärfte sich die Situation in den Gefängnissen noch weiter. Denn die Zahl der vorhandenen Haftplätze ging innerhalb von vier Jahren um fast fünf Prozent zurück (von rund 8850 auf knapp 8500).

Im Follow-up-Prüfbericht "Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzuges" heißt es lapidar: "Ohne entlastende Maßnahmen wird das Problem der Überbelegung nur mit einem Ausbau der Haftplatzkapazitäten bewältigt werden können." Als entlastend werden etwa der elektronisch überwachte Hausarrest sowie die Überstellung von Häftlingen zum Strafvollzug in ihren Herkunftsstaat angeführt.

Der RH erwartet "eine weitere Verschärfung der Personalsituation". Zwar waren Anfang 2023 die Planstellen zu 96 Prozent besetzt, es fehlten aber fast 200 Vollzeitbeschäftigte. "Gleichzeitig geht die Zahl der Bewerbungen zurück - zwischen 2019 und 2022 um mehr als ein Viertel."

Im Strafvollzug arbeiten direkt rund 3300 Justizwachebeamte und -beamtinnen, ergänzt durch Verwaltung (rund 480 Vollzeitstellen), Krankenpflegedienst (gut 100 Vollzeitäquivalente) sowie einige Lehrkräfte. Das sind in Summe etwa 3900 Bundesbedienstete. Dazu kommen noch knapp 390 Stellen, die mit zugekauftem Personal über die Justizbetreuungsagentur besetzt sind, sowie im Justizministerium in der Strafvollzugssektion rund 90 Vollzeitstellen.

Der Obmann der Justizwachegewerkschaft, Albin Simma (FCG), sagte am Freitag im SN-Gespräch, die Prüfergebnisse des RH seien nicht verwunderlich. Die Personalsuche werde immer schwieriger, "wie auch bei der Polizei". Neben dem nicht so hohen Verdienst wirke sich die viel beworbene Work-Life-Balance aus: "Es scheitert vielfach an der Bereitschaft von Jungen zu Schicht- und Wechseldienst", so Simma. Aber wie bei der Polizei muss eben ein Gefängnisbetrieb rund um die Uhr sichergestellt sein. Zu den internen Problemen komme noch der erschreckend hohe Anteil an Personen mit psychischen Problemen in den Gefängnissen. Simma: "Das gab es vor 20 Jahren nicht." Vor allem in der Untersuchungshaft sei der Anteil der Ausländer besonders hoch, oft mehr als 70 Prozent. Dabei relativiere sich die RH-Kritik, dass Menschen bis zu 23 Stunden am Tag eingeschlossen seien. In der U-Haft schrieben Richter das Wegsperren oft vor.

Der RH erhob auch, dass der Personalmangel die Resozialisierung in den Haftanstalten beeinträchtigt, weil viele anstaltseigene Handwerksbetriebe oft nur kurz geöffnet sind bzw. die Insassen für eine Ausbildung nicht ausreichend Deutsch können.