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Achtung, Ufo! Gespräch mit einem professionellen Himmelsbeobachter

Ist da jemand? Weil immer mehr Himmelsphänomene gemeldet werden, nimmt jetzt auch die Wissenschaft das lange nur belächelte Thema unter die Lupe.

Der Blick in den bestirnten Nachthimmel lässt niemanden kalt. Da sind zunächst jene, die vor Ehrfurcht erstarren. So ging es dem Philosophen der Renaissance, Blaise Pascal. Er verriet einmal, dass er sich immer zutiefst geängstigt habe, wenn er "in die eisigen, abgründigen Tiefen des Alls" blickte. Anders der Psychologe und Philosoph William P. Clark. Er schrieb in seinem Werk "Spirituality Without Faith": "Ich lag auf dem Rücken unter den Sternen und den unsichtbaren Galaxien ..., und ich war mit allem eins, und das berührte mich zärtlich wie ein gregorianischer Choral."

Für Hakan Kayal ist der Blick in die Sterne längst Routine geworden. Trotzdem sagt er, dass ihn dieser Blick täglich aufs Neue fasziniere. Er ist seit 2008 Professor für Raumfahrt an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Am 10. Mai hält er in Nürnberg einen Zoom-Vortrag zum Thema "Unbekannte Himmelsphänomene - Vom Mythos zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Ufos".

Was ihn so fasziniert? "Na ja", sagt er. "Wir sehen die Sterne fast täglich - aber wir kommen nicht dorthin." Andererseits könne die Beobachtung des Sternenhimmels natürlich auch den Horizont erweitern: "Früher dache ich noch, dass Deutschland meine Heimat ist, später fühlte ich mich als Europäer und dann als Weltbewohner. Inzwischen sage ich, dass meine Heimat unser Sonnensystem ist." Wenn er so auf den Saturn oder auf die Venus blicke, dann seien das für ihn heute eine Art Nachbarstaaten geworden.

Die Macht der Leuchtphänomene am Himmel hat die Menschen schon immer beeinflusst. Was uns schnurstracks zu der Frage führt: Gibt es ein Leben da draußen? Kayal meint, da müsse man zwei grundverschiedene Themenbereiche unterscheiden. Nämlich ob es Leben in Form von DNA und Ähnlichem im Universum gebe. Oder ob man über Ufosichtungen spreche. Letztere werden seit geraumer Zeit übrigens UAP genannt. Die Abkürzung steht für Unidentified Aerial Phenomena. Dieser neue Begriff erweitert die Bedeutung der Beobachtungen, weil nicht nur mehr Ufos gemeint sind, sondern auch andere natürliche Himmelsphänomene.

Blick auf gesichtete Objekte und Wetterphänomene

Mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit UAPs wolle man den seit etwa zwei Jahren steigenden Sichtungen unbekannter Himmelsphänomene Rechnung tragen. Sichtungen, die vor allem von der US-Army gemacht wurden und bisher nicht zuordenbar sind, weshalb sich jetzt auch das Pentagon offiziell der Sache annahm. Hier richtet sich der Blick jetzt nicht mehr nur auf gesichtete Objekte, sondern auch auf Wetterphänomene. "Dieser Ufo-Hype wird derzeit von zwei, drei Personen bewusst im Mainstream angefacht, um das Pentagon in Zugzwang zu bringen", gab auch Hansjürgen Köhler vom Centralen Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene (CENAP), in der "Süddeutschen Zeitung" zu bedenken. Köhler betreibt seit vielen Jahren eine Ufo-Meldestelle, die sich damit beschäftigt, vermeintliche Sichtungen aufzuklären. In diese Videos, so Köhler, würden oft "Dinge hineininterpretiert, die auf Spekulationen beruhen". Alarm werde immer dann geschlagen, wenn sich vermeintliche Objekte übernatürlich schnell bewegten. Nach Köhlers Erfahrung seien das aber zumeist recht irdische Flugkörper wie Drohnen oder Ballons.

So streng sieht das Kayal nicht. Er meint, im Laufe der Geschichte seien schon immer Beobachtungen belächelt worden, die sich schließlich als wahr herausgestellt hätten. "Wenn zum Beispiel früher jemand berichtet hatte, dass Steine vom Himmel auf die Erde gefallen sind", gibt Kayal ein Beispiel. "Der wurde damals natürlich für verrückt gehalten. Heute wissen wir, dass das natürlich passieren kann."

Womit wir bei der zweiten Art von Vorfällen wären, die Auskunft darüber geben können, ob es Leben im Universum gibt. "Erst im April konnten Forscher einen sehr konkreten Hinweis für diese Theorie finden", sagt Kayal. Da wurden gleich in drei Meteoriten Bestandteile der Erbsubstanz DNA nachgewiesen. Die Evolution auf der Erde könnte damit tatsächlich aus dem Weltall angeschoben worden sein. "Das ist spektakulär", sagt Kayal. "Da sind tatsächlich Lebensbausteine auf die Erde gefallen."

"Alles hängt mit allem zusammen"

Kommt das Leben also aus dem Universum? "Nein", antwortet Kayal. "Es kommt nicht aus dem Universum. Weil wir ja selbst das Universum sind. So wie die Sonne, der Mond und all die anderen Planeten." Bisher seien ja auch schon 5000 weitere Planeten außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen worden. Weitere 8000 seien auf der Kandidatenliste. Und die Materie dieser Planeten, die wir bereits kennen, sei ja teilweise auch der Materie der Erde ähnlich. "Vielleicht sind diese Bausteine da draußen nicht auf Kohlenstoff basiert, so wie wir Menschen. Aber das heißt nicht, dass es keine Lebewesen gibt, die zum Beispiel auf Silizium basiert sind", sagt Kayal. Der Gedanke ist durchaus faszinierend: Nämlich dass es nicht nur ein gemeinsames Erbe der Menschheit gibt, sondern womöglich sogar ein gemeinsames Erbe des Universums.

Darüber hat sich auch der Quantenphysiker Hans Peter Duerr Gedanken gemacht. Dabei entstand der Begriff der Connectedness. Das ist englisch und bedeutet schlicht und einfach Verbundenheit. Duerr sagt, dass wir zwar in einer gegenständlichen Welt leben, uns aber auf der subatomaren Ebene permanent austauschen. Das klingt ein wenig gaga, ist aber durchaus logisch. Duerr erklärt das so: "Von unseren Handrücken steigen permanent Moleküle empor. Sie steigen auf, werden eingeatmet und wieder ausgeatmet. Vielleicht atmen wir gerade Moleküle ein, die vor zwei Jahrtausenden Pontius Pilatus oder Jesus Christus ausgeatmet hatten: Berechnungen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr hoch."

Das ist nur einer der Gründe, warum Duerr zu folgendem Schluss kam: "Es gibt kein totales Getrenntsein, alles hängt mit allem zusammen."

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, sollte es eigentlich gar nicht des Glaubens an außerirdisches Leben bedürfen. Wenn wir auf Erden respektieren würden, dass alles mit allem zusammenhängt, dann hätten wir sicher alle ein paar Probleme weniger.