Wer bei Raumfahrt nur an Mondlandung oder Marsmission denkt, liege falsch, sagt Dieter Grebner. "Fast jeder nutzt die Errungenschaften der Raumfahrt täglich, sei es beim Navi im Auto oder der Wetterprognose am Handy. Auch Telekommunikation wird künftig ohne Satelliten und Trägerraketen, die diese ins All bringen, nicht mehr möglich sein, wenn wir nicht ganz Europa mit Masten zupflastern wollen. Und autonomes Fahren oder Fliegen ginge gar nicht."
"Wir sehen uns selbst viel zu wenig als Technologieland"
Der gebürtige Salzburger Grebner ist seit einigen Wochen Präsident von Austrospace, also jener Vereinigung österreichischer Unternehmen, die auf Weltraumforschung und Weltraumtechnik setzen. Und die hätten weit mehr zu bieten, als vielen bekannt ist. "Wir haben Unis, wir haben tolle Unternehmen. Aber wir sehen uns selbst viel zu wenig als Technologieland", sagt Grebner. Dabei sei Österreich seit 35 Jahren Mitglied der europäischen Weltraumorganisation ESA. Und mit Josef Aschbacher ist seit dem Vorjahr auch der ESA-Chef ein Österreicher. Ob große Konzerne wie Magna, die seit Jahren auch die Raumfahrt beliefern, Softwareunternehmen wie die Wiener TTTech oder innovative Start-ups: Die Bandbreite an heimischen Betrieben, die im Bereich Raumfahrt tätig sind, sei groß. 21 sind Mitglied bei Austrospace, die Gesamtzahl dürfte bei über 100 liegen. "Die Abgrenzung ist schwierig. Wer die Raumfahrt beliefert, ist noch relativ klar, wer aber etwa Daten von Satelliten auswertet, wird nicht automatisch der Raumfahrt zugeordnet." So habe ein Grazer Start-up ein Buchungssystem für Liegeplätze für Segelyachten und Motorboote entwickelt, das über Satellitendaten die Plätze vermittelt.
Firma mit 140 Mitarbeitern und 13 Mill. Euro Umsatz
Grebner selbst zählt mit seiner Firma Peak Technology im oberösterreichischen Holzhausen mit 140 Mitarbeitern und 13 Mill. Euro Umsatz zu den größeren Playern. Zuletzt habe man nicht nur den Auftrag gewonnen, die neuen Galileo-Navigationssatelliten mit Treibstofftanks auszurüsten, sondern baue auch für die europäischen Trägerraketen Vega und Ariane 6 die Heliumtanks.
Zur Raumfahrt gekommen ist Grebner über die Formel 1. "Alles selbst zu reparieren und herumzubasteln ist mir quasi in die Wiege gelegt worden", sagt Grebner. Sein Vater habe Jahrzehnte bei Bosch in Hallein gearbeitet. Schulisch wurde es zuerst der humanistische Zweig im Gymnasium Hallein. "Die Mama hat gesagt: Das Technische kannst du eh, jetzt lern erst mal, dich gscheit auszudrücken." Sechs Jahre Latein und fünf Jahre Spanisch habe er dennoch nicht bereut. "In meiner Firma arbeiten heute Leute aus 23 Nationen." Neben dem Maschinenbaustudium in München habe er bei Lechner Racing als Mechaniker gejobbt. "Also bin ich von Rennstrecke zu Rennstrecke getingelt." Über Zufälle habe ihm das auch zum Diplomarbeitsjob beim Sauber Team verholfen, zum Thema Optimierung des Fahrwerks, "einfach gesagt der Radaufhängung", so Grebner.
Kleinheit der österreichischen Betriebe als Chance
Kleine Strukturen, schnelle Entscheidungen, innovative Lösungen - die Liebe dazu habe ihn 2007 veranlasst, das eigene Unternehmen zu gründen. Der nicht gerade bescheidene Name Peak Technology, also der Gipfel der Leichtbautechnologie, war quasi Programm. Entwickelte man zunächst vor allem Teile für den Motorsport, so mache heute der Bereich Raumfahrt zwei Drittel des Umsatzes aus. Die Kleinheit der österreichischen Betriebe sei hier gerade ihre Chance. Brauche man als Zulieferer der Automobilindustrie oder der Luftfahrt eine gewisse Größe, gehe es bei Raumfahrt um kleine Stückzahlen und Sonderentwicklungen. "Dass wir als Kleine drei Mal so schnell laufen können wie die Großen wie etwa Airbus, mit denen wir zusammenarbeiten, ist unsere Stärke."
Aufholbedarf habe beim Thema Raumfahrt nicht nur Österreich, sondern ganz Europa. "Die USA und Russland sind schon immer vorn, doch auch China und Indien haben uns weit überholt", sagt Grebner. Dass der Ukraine-Krieg die Zusammenarbeit der ESA mit Russland gestoppt habe, sei kurzfristig ein Rückschlag - die Marsmission Exomars etwa musste abgesagt werden -, mittelfristig jedoch der richtige Weg. "Europa muss selbstständige Technologien entwickeln." Es gehe schließlich nicht nur um Zukunftstechnologie, sondern auch um Umweltfreundlichkeit. Ob CO2-Ausstoß, Treibstoff, Weltraummüll oder Raketen, die im Meer versenkt werden: Verbesserungsbedarf gebe es genug.