Der Empfang war eisig. Wettermäßig. Als Bundeskanzler Sebastian Kurz am Mittwoch um 13:50 (Ortszeit) US-Präsident Donald Trump begrüßte, fegte ein Schneesturm mit eisigen Temperaturen über die US-amerikanische Metropole.
Im Weißen Haus selbst war davon nichts zu spüren. Trump gab den netten Gastgeber für den "sehr jungen Staatsmann", wie er Kurz bezeichnete und verriet gleich das Hauptthema des Treffens: "Wir lieben es, miteinander Geschäfte zu machen", sagte Trump.
Kurz bedankte sich für die Einladung und nahm den Ball auf: "Das mit dem Alter wird von Tag zu Tag besser", scherzte er. "Österreich ist im Vergleich zu den USA klein, aber wir sind ein schönes Land und ein wirtschaftlich starkes Land. Sie würden es vielleicht ein großartiges Land nennen", sagte er Richtung Trump.
Der Bundeskanzler merkte an, dass er auch gerne über Russland und den Korea-Konflikt bei dem persönlichen Treffen mit Trump reden wolle. "Wir werden ein großartiges Treffen haben", war der US-Präsident jedenfalls vor Beginn des Gesprächs überzeugt.
Im berühmten Oval Office ist man selbst bei Vier-Augen-Gesprächen nie ganz unbeobachtet. Der mahnende Blick von George Washington, dem ersten US-Präsidenten, scheint den Besucher durch den ganzen Raum zu verfolgen. Gemeinsam mit dem großen Schreibtisch des Präsidenten verleiht das Gemälde von Washington dem Büro des Präsidenten eine Aura, die selbst so manchen erfahrenen Staatsmann beeindrucken kann.
"Auf ein Treffen mit Trump kann man sich nicht vorbereiten"
Die Einladung Trumps an Kurz erfolgt in einer für den US-Präsidenten heißen Phase. Die Anspannung wegen der innenpolitischen Krisen, wie dem stockenden Mauerbau oder den Ermittlungen zu möglichen Verstrickungen zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland, waren in den Gängen des Weißen Hauses greifbar.
Hinzu kommt: Trotz der monatelangen Vorbereitungen auf das Treffen blieb immer ein Unsicherheitsfaktor, nämlich Donald Trump selbst. Die Message Control der heimischen Bundesregierung traf auf ein Staatsoberhaupt, das mit seinen impulsiven Nachrichten auf dem Kurznachrichtendienst Twitter die Weltpolitik und selbst seine eigene Berater regelmäßig in Aufregung versetzt.
Besuche bei Trump sind heikel. "Auf ein Treffen mit Trump kann man sich nicht vorbereiten", hatte selbst der Kanzler noch vor dem Abflug erklärt. Dieser Sager wurde sogar von US-Medien aufgenommen. Ein Journalist des Senders NBC-News zitierte Kurz bei einem Liveeinstieg aus dem Weißen Haus mit diesen Worten. Dabei passierte das, was passieren musste: Der Fernsehjournalist machte "Austria" in der Moderation zu "Australia."




Auf die Frage, wie nun der mächtigste Staatsmann der Welt wirklich tickt, antwortete Kurz nach dem Treffen diplomatisch: "Er ist so, wie man ihn aus den Medien kennt." Der Kanzler meinte damit, dass Trump in einigen Punkten seine Positionen direkt und ohne Umschweife verteidigt.
So sei der US-Präsident sehr unzufrieden, weil die USA in den wirtschaftlichen Beziehungen mit der EU laut Trump schlecht aussteigen. Der US-Präsident will seine umstrittene Entscheidung über die Einführung höherer Importzölle für Autos nach eigenen Angaben davon abhängig machen, ob ein Handelsabkommen mit der EU erzielt wird. Seine Regierung prüfe neue Strafmaßnahmen, bestätigte er beim Treffen mit Kurz.
"Ich bin überzeugt, dass man auch Trump überzeugen kann, dass man gemeinsame Regeln braucht", sagte der Bundeskanzler nach der Unterredung mit dem US-Präsidenten. Immerhin könnten höhere Zölle in Österreich Jobs kosten.
Die US-Delegation, von der Kurz nach dem Vier-Augen-Gespräch empfangen wurde, war durchaus hochkarätig. Vizepräsident Mike Pence, Energieminister Rick Perry, Trumps Stabschef Mick Mulvaney, Sicherheitsberater John Bolton und Wirtschaftsberater Larry Kudlow sagten ihre Teilnahme noch spontan zu. Auf der österreichischen Seite war neben dem Team von Kurz und dem österreichischen Botschafter in Washington, Wolfgang Waldner, auch Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer vertreten.
Gemeinsam trat man gegen Schutzzölle, Protektionismus und Wirtschaftssanktionen auf und führte laut Kurz dabei auch durchaus ein kontroversielles Gespräch. "Trump verwendet die Strafzölle als Druckmittel und solche Entscheidungen werden im Weißen Haus oft sehr schnell getroffen", sagt Kurz.
Was die USA an Kurz interessiert, erklärte vor dem Treffen Peter Rough. Er ist Polit-Experte am Hudson Institute in Washington D.C., Republikaner und hat Lavanttaler Wurzeln. Rough war auch in die Vorbereitung des Kurz-Besuchs involviert. "Die Amerikaner interessiert, wie die Koalition mit Rechtspopulisten funktioniert." Den USA gehe es um die amerikanische EU-Politik, weniger um österreichische Politik. Dass Österreich die oft zitierte Brückenbauerfunktion einnehmen kann, sieht Rough nicht. "Eventuell noch als Austragungsort von internationalen Gipfeln."
Abendessen mit dem Außenminister
Schon am Vorabend traf der Kanzler US-Außenminister Mike Pompeo zu einem zweistündigen Dinner, zu dem der amerikanische Spitzenpolitiker regelmäßig interessante Gäste lädt. "Wir haben uns über wichtige außen- und geopolitische Entwicklungen unterhalten", sagte Kurz über das Treffen mit dem amerikanischen Chefdiplomaten. Konkret ging es um die Konflikte auf der Korea-Halbinsel und im Nahen Osten. Beide festgefahrenen Konflikte wollen die USA (wieder einmal) lösen. "So etwas ist immer positiv zu bewerten", sagte der Kanzler nach dem Treffen. Er erwartet sich von seinem US-Besuch vor allem, dass weiterhin eine gute Gesprächsbasis zu den USA bestehen bleibt.
Dass die Supermacht das neutrale Österreich machtpolitisch nicht auf dem Radar hat, ist allen mitgereisten Beobachtern, Experten und Diplomaten klar. Trotzdem deponiert man bei Trump im Oval Office die österreichischen Anliegen. Der Bundeskanzler hat neben einem kleinen Fernglas von der Firma Swarovski (der Präsident darf keine Geschenke über 390 Dollar oder 344,86 Euro annehmen) vor allem wirtschaftspolitische Interessen im Gepäck. Schutzzölle, Protektionismus und Wirtschaftssanktionen gegenüber der EU, mit denen Trump immer wieder liebäugelt, könnten Österreich massiv schaden. Immerhin sind die USA nach Deutschland der wichtigste Handelspartner für rot-weiß-rote Exportwaren.
Entscheidungen oder Zusagen werden wohl in dem Vier-Augengespräch im Oval Office nicht gemacht. Aber die Kanäle werden offen gehalten, zu einem der umstrittensten Politiker unserer Zeit. Unter dem strengen Blick von George Washington.