19.000 Tonnen Treber fallen in der Salzburger Stiegl-Brauerei jährlich an. Weggeschmissen wurde schon bisher nichts. "Viele Wirte, die nebenbei Tiere halten, haben schon immer gesagt, wenn sie unser Bier nehmen, wollen sie auch die Treber", sagt Stiegl-Bräuin Alessandra Kiener. Denn was bei der Produktion von Bier beim Malzen von Gerste übrig bleibt - die sogenannten Treber -, habe wie jedes gekeimte Getreide wertvolle Inhaltsstoffe, erläutert Stiegl-Braumeister Christian Pöpperl. Neben viel Eiweiß und Ballaststoffen auch Eisen, Spurenelemente und Vitamine.
Das wiederum hat Cassandra Winter von Anfang an interessiert. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Martin Jager produziert sie in Bergheim unter der Marke EasyVegan vegane Laibchen und Bällchen aus Linsen. Jetzt kommen Treberlaibchen und -bällchen dazu. Gemeinsam mit Stiegl hat EasyVegan am Rezept gefeilt - zur Hauptzutat Treber kommen noch Linsen, Reis und Gewürze - und verarbeitet im eigenen Fünfmannbetrieb in Bergheim einen Teil der Treber aus der Stiegl-Brauerei zu der veganen Fleischalternative. Tiefgefroren werden die Laibchen und Bällchen verkauft, vorerst nur an die Gastronomie, um dort frittiert oder gebraten in Burgern zu landen oder auch als Bällchen als Snack zum Bier serviert zu werden.
Noch heuer sei auch der Verkauf im Handel angedacht, sagt Winter. Die Linsenlaibchen gibt es schon bisher tiefgefroren - für eine längere Haltbarkeit, da sie keine Zusatzstoffe beinhalten - bei Interspar und Billa plus. Kapazität, um die Produktion hochzufahren, habe man, sagt Winter. Wie genau die Kooperation zwischen Stiegl und dem kleinen Salzburger Start-up EasyVegan weiterlaufen soll, darüber will man sich vorerst noch nicht äußern - das hänge auch von der Nachfrage ab. "Die Rezepte liegen jedenfalls bei uns im Safe", sagt Kiener. Denn auf die Idee, Treber als Lebensmittel zu verwerten, könnten durchaus auch andere Brauereien kommen.
Ganz neu ist die Idee ohnehin nicht. Treber würden etwa schon bisher Brot beigemischt. Auch bei Stiegl prüft man im Sinne der Kreislaufwirtschaft schon länger alternative Verwertungen. So hätten etwa Studierende der FH Salzburg gemeinsam mit Schülern der HBLA Ursprung kompostierbare Teller aus Biertrebern und Weizenkleie entwickelt. Mit der Entwicklung von Lebensmitteln mit Trebern als Hauptzutat betrete man aber Neuland. Biertrebern hätten unheimliches Potenzial, sagt Braumeister Pöpperl. "Die einzige Herausforderung ist, dass man den Wertstoff innerhalb eines kurzen Zeitfensters verarbeiten muss, da er sonst verdirbt."
Mit einem veganen Produkt treffe man zudem den Trend der Zeit, betont Kiener. Das Ernährungsverhalten habe sich geändert. Der Fleischkonsum geht zurück - auch um etwas für den Klimaschutz zu tun. "Mit unseren Treberprodukten sparen wir gegenüber einem konventionellen industriellen Rindfleisch bis zu 94 Prozent an CO₂-Emissionen und bis zu 83 Prozent an Wasserverbrauch ein", sagt EasyVegan-Chefin Winter.
Vegane Alternativen als Absatzchance, das haben längst auch große Milch- oder Fleischproduzenten entdeckt - von Handl-Speck über Berglandmilch und Rupp bis zu Neuburger-Leberkäse. Auf Fleisch ganz verzichten wolle man in der Stiegl-Gastronomie im Übrigen keineswegs, betont Kiener. Neben Fleisch guter Qualität hätten dort aber eben auch pflanzliche Alternativen Platz.
Bei den Stammkunden der Brauwelt habe man die Treberburger und -bällchen im Übrigen zuletzt bereits mit Verkostungen getestet. "Auch wenn manche zunächst sehr skeptisch waren, waren die meisten am Schluss begeistert", sagt Kiener. "Einfach, weil die Bällchen und Burger gut schmecken."