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Tourismus wirbt um Personal

Alle zwei Jahre müssen im Tourismus 40 Prozent der Beschäftigten ersetzt werden. Die Rufe nach mehr Arbeitskräften bleiben laut. Ideen und Möglichkeiten gibt es.

Das Seekarhaus in Obertauern ist eines der Aushängeschilder in der Hotellandschaft des Salzburger Skiortes. 1957 wurde es von den Gebrüdern Krings im Zuge der Seilbahnerrichtung eröffnet. Sukzessive hat man seither ausgebaut, erweitert, verschönert.

Heute trägt das familiengeführte Hotel auf schneesicheren 1800 Metern Seehöhe fünf Sterne. Und den Schritt zum Luxushotel hat man nicht nur für internationale Gäste gemacht. "Mit fünf Sternen bekommst du leichter Mitarbeiter als mit vier, qualifiziertes Personal will ein Aushängeschild", erklärt Hotelchefin Isabella Eschbacher-Krings.

Wie man rekrutiert? "Über viele Wege: Mundpropaganda, Internet, Gewinnspiele", zählt Krings auf. Ende nächster Woche ist es wieder so weit, dann wird als Hauptpreis beim Abschlussfest für das Team ein BMW Mini verlost. Mit der Hoffnung, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im nächsten Winter wiederkommen. Rund 30 Prozent tun das im Seekarhaus. Zehn Nationen zählt man mittlerweile im Team. Das Ziel: In zwei Jahren will man auch im Sommer aufsperren.

Der Tourismus brummt, die Menschen verzichten derzeit auf vieles, aber nicht auf Urlaub. Mit 238.000 Beschäftigten haben die heimische Hotellerie und Gastronomie im heurigen Winter ein neues Rekordniveau erreicht, das sind sechs Prozent aller Arbeitskräfte im Land. Dazu kommen mittlerweile 4300 Kontingentplätze plus 50-prozentigem Überziehungsrahmen für Saisonarbeitskräfte aus Drittstaaten, aufgeteilt auf Köpfe arbeiteten mit Ende Februar rund 15.000 Beschäftigte aus Nicht-EU-Staaten für österreichische Tourismusbetriebe.

Gleichzeitig legten die Lehrlingszahlen wieder zu, im Vergleich zum Vorjahr gab es ein Plus von drei Prozent auf 7000. Die offenen Stellen in der Branche gingen zurück, sie lagen Ende März mit knapp 9000 um 19 Prozent niedriger als noch im Vergleichsmonat des Vorjahres.

Ist der große Stress, Personal für Tourismusbetriebe zu finden, vorbei? "Die Dramatik, wie wir sie noch im letzten Jahr hatten, ist nicht mehr so hoch", sagte AMS-Chef Johannes Kopf beim Tourismusseminar der Wirtschaftskammer, dennoch blieben die Anforderungen extrem hoch. Die Personalarbeit im Tourismus sei besonders schwierig, "und das nicht, weil die Betriebe so schlimm sind", betont Kopf. Es gehe im Tourismus auch um Arbeit an Wochenenden, am Abend und in den Ferien, "und die Touristen fahren am liebsten dorthin auf Urlaub, wo wenig Menschen wohnen", sagt der AMS-Chef, "aber gerade dort gibt es auch wenig Arbeitskräfte".

Schon länger sei die Branche deshalb auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Aktuell teilt sich die Herkunft der Beschäftigten so auf: Knapp 40 Prozent stammen aus dem Inland, weitere 40 Prozent aus dem EU-Ausland und etwa 20 Prozent aus Drittstaaten, dabei großteils aus Balkanländern.

Der Ruf nach mehr Saisonarbeitskräften aus Drittstaaten bleibt in der Branche deshalb laut, selbst nach der Erhöhung des Kontingents in den vergangenen Jahren. WKO-Branchensprecher Robert Seeber wäre ein völliges Abschaffen des Kontingents am liebsten. "Man könnte das ja einmal für zwei Jahre probieren", schlägt er vor. Salzburgs Branchengeschäftsführer Reinhold Hauk pflichtet ihm bei. Inländische Arbeitskräfte würden dadurch nicht benachteiligt, meint er, dafür sorge das Ersatzkräfteverfahren. Und ein entsprechendes Lohnniveau werde durch die Kollektivverträge garantiert.

AMS-Chef Kopf geht der Vorschlag zu weit, zumal die Knappheit an Arbeitskräften dem AMS auch die Vermittlung erleichtere. Ein eigenes Balkankontingent, für das sich zuletzt Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler und Arbeitsminister Martin Kocher starkmachten, kann sich Kopf dagegen vorstellen - speziell mit Ländern, die EU-Beitrittskandidaten sind und bereits traditionell starke Verbindungen zu Österreich haben.

Es gebe im Tourismus aber auch große neue Themen bei der Personalsuche. "Viele neue Mitarbeiter gehen schon im Probemonat verloren, da braucht es Buddy-Systeme und etwa Kinokarten, die der Betrieb sponsert." Für einen Syrer, der nicht wisse, was er in seiner Freizeit tun solle, sei das "in Wien lustiger, als wenn er im Pongau sitzt". Auch Kinderbetreuung, neue Technologien und Flexibilität seien Herausforderungen, denen sich die Branche stellen müsse. Arbeitszeitflexibilisierung sei im Rennen um den Zwölfstundentag ein Kampfbegriff der Wirtschaft gewesen, sagt Kopf, "heute verstehen Arbeitnehmer darunter Papamonat, Teilzeit und Homeoffice". Auch mehr Ganzjahresbetriebe würden helfen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger zu halten. Derzeit würden alle zwei Jahre 40 Prozent der Stellen im Tourismus neu besetzt. Die Betriebe sollten daher nicht auf die schrittweise Anhebung des Frauenpensionsalters auf 65 Jahre vergessen, betont der AMS-Chef. Der Werbespruch "Wir sind ein junges Team" sei heutzutage "ein dummer Satz".

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