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Trotz Rekorden weniger Jobs: Warum Tourismusbetriebe beim Personal einsparen

Der Tourismus boomt. Und doch steigt die Zahl der Arbeitslosen in der Branche kräftig. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Der heimische Tourismus ist mit Jubelmeldungen in die Wintersaison gestartet. Schon der November brachte einen Nächtigungsrekord. Die Buchungslage sei hervorragend, hieß es in den Skigebieten Ende Dezember unisono. Auch für das Gesamtjahr 2024 dürfte sich ein neuer Rekord ausgehen.

Die Daten vom Arbeitsmarkt passen da kaum ins Bild: Mehr als 31.500 Beschäftigte waren in der Branche Ende Dezember arbeitslos - 9,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Selbst Wintertourismus-Hochburgen wie Salzburg machen da keine Ausnahme. "Der kräftige Zuwachs hat mich doch erstaunt", sagt Salzburgs AMS-Chefin Jacqueline Beyer. Auch in Salzburg stieg die Arbeitslosigkeit im Tourismus um 9,3 Prozent. Das könnte zum einen daran liegen, dass das Kontingent für ausländische Saisonkräfte neuerlich erhöht wurde, sagt Beyer. 1900 sind das aktuell in Salzburg, dazu kommen mehr als 300 Stammsaisonniers, die - wenn sie in fünf Jahren zumindest drei hier beschäftigt waren - nicht mehr unter das Kontingent fallen. Zum anderen aber hätten gerade Gastronomiebetriebe in der Stadt Salzburg und im Zentralraum trotz brummenden Tourismus die Öffnungszeiten deutlich reduziert - und damit das Personal. Eine Lücke klafft zwischen Zentralraum - also Stadt Salzburg, Flachgau und Tennengau - und den Bezirken im Innergebirg. Während die Arbeitslosigkeit in den Skiregionen mit einem Plus von 0,3 Prozent stagnierte, lag der Anstieg im Zentralraum bei 13,3 Prozent.

Branche spürt die Rezession

Salzburgs Gastro-Fachgruppen-Obmann Ernst Pühringer spricht von "einigen Lokalen", die zugesperrt hätten oder gerade im Wechsel seien. Schon im September sei aufgefallen, dass die Arbeitslosigkeit steige. Die Branche spüre die anhaltende Rezession im Land, viele Betriebe hätten reagiert, die Sperrstunden vorverlegt oder mehr Ruhetage eingeführt. Dazu kämen jüngste Großpleiten von Unternehmen in anderen Branchen, "das schlägt sich auch auf die Gastronomie durch", betont Pühringer. Personal, an dem bisher festgehalten wurde, werde nun abgebaut.

Mit 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe er in den eigenen Betrieben so viele Beschäftigte wie nie, sagt dagegen Salzburgs Hotellerie-Obmann Georg Imlauer, "auch von anderen Hoteliers höre ich Ähnliches". Dass gerade in der Gastronomie durch mehr Ruhetage Personal eingespart werde und auch Hotels immer öfter auf eigenes Gastronomie-Angebot verzichten, bestätigt auch er. "Die Kosten sind zu hoch. Wenn ich am Feiertag das Doppelte zahlen muss, überlege ich als Wirt zweimal, ob ich aufsperre." Zudem, sagt Imlauer, würden auch viele Unternehmer - meist Familien - das Arbeitspensum gern reduzieren. "Bei den Arbeitnehmern diskutieren wir eine 32-Stunden-Woche, und der Unternehmer selbst soll 70 Stunden im Hotel oder Restaurant stehen?" Restaurantleiter könnten sich aber nur Große leisten. Für die Branche sieht Imlauer die Tendenz als "fatales Zeichen". Kürzer Öffnungszeiten in der Gastronomie bedeuten nicht nur weniger Mitarbeiter, sondern auch weniger Wareneinsatz, weniger Steuern und weniger Gastro-Angebot - und das in einem Tourismusland.

Vollzeitkraft kostet 47.000 Euro im Jahr

Dass gerade die traditionell personalintensiven Dienstleistungsbetriebe in Gastronomie und Hotellerie stärker als andere Branchen an den im Inflationshoch stark gestiegenen Löhnen knabbern, betont Thomas Reisenzahn von der Tourismusberatung Prodinger. Die jährlichen Mitarbeiterkosten für eine Vollzeitkraft lägen mittlerweile bei bis zu 47.000 Euro, "vor der Coronapandemie waren es 38.000 Euro". Dazu seien die Kosten insgesamt - von der Energie bis zum Wareneinsatz - mehr gestiegen als die Preiserhöhungen für das Angebot, die Brutto-Betriebsergebnisse seien trotz neuer Tourismusrekorde zurückgegangen. Die Mitarbeiter-Einsatzplanung sei deshalb zu einem zentralen Punkt geworden.

Was heißt: Beim Personal wird gekürzt, wo es geht. Ansätze, es anders zu machen, sieht man in der Tourismusberatung viele, auch Dank der zunehmenden Technologisierung. Die Möglichkeiten reichten von automatisierten Check-in-Systemen bis zu Systemküchen, in denen weniger Personal benötigt wird. "Die Speisekarten werden reduziert, Halbpension gibt es immer seltener und die Gerichte auf der A-la-Carte-Karte, die über die ganze Saison hinweg gleich bleiben, sind standardisiert und können von jedem in der Küche zubereitet werden", erklärt Reisenzahn. Auskünfte an der Rezeption würden durch digitale Informationskanäle ersetzt. Auch die Haustechnik wandere in die Technologie, ein klassischer Hausmeister werde nicht mehr gebraucht. Keine Zukunftsmusik mehr sind Roboter. So werden in einem Appartement-Hotel, das gerade in Jenbach gebaut wird, Roboter das Zimmerservice erledigen.

Für weniger Personalbedarf sorgt noch eine Kehrtwende. "Der Trend zur Teilzeit geht zurück", betont Reisenzahn, der mit Prodinger auch 16.000 Beschäftigte in Hotel und Gastronomie abrechnet. Zuletzt hätten immer mehr Mitarbeiter in der Branche wieder den Wunsch nach einem Vollzeitjob geäußert - auch aus finanziellen Gründen. Damit sinke der Personalbedarf.

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