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Die schönste Pasta der Welt

Happy Hippy Food. Die Geschichte der Nudel war nicht immer friedlich. Claudio Del Principe zeigt uns heute, was in ihr stecken könnte.

Die Hand des Pasta-Propheten Claudio Delprincipe und sein Werk.
Die Hand des Pasta-Propheten Claudio Delprincipe und sein Werk.
Claudio Delprincipe
Claudio Delprincipe

Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: Die Länder mit der höchsten technischen Entwicklung ernähren ihre Menschen seit Jahrzehnten weitgehend mit Kriegsware. Die erfolgreichsten Produkte sind immer noch Konserven, deren Entwicklung von Napoleon in Auftrag gegeben wurde. Das wohl erste industriell produzierte vegane Gericht wurde 1867 vom Koch und Konservenfabrikanten (ja, diese Berufskombination gab es damals auch schon) Johann Heinrich Grüneberg in Berlin ertüftelt. Das war die Erbswurst. Er verkaufte das Rezept für 35.000 Vereinstaler an die Preußische Armee, die damit 1870 hurtig in den Krieg gegen Frankreich zog. Das Toastbrot wurde für den Zweiten Weltkrieg entwickelt, weil es sich effizienter in den Schiffsbäuchen der US-Marine stapeln ließ. Aus dieser Zeit stammt auch die Industrie-Schokolade als Energielieferant. Bei der ist noch heute alles Mögliche drin - nur leider kaum noch Kakao.

Unsere handelsüblichen Nudeln haben eine ähnliche Geschichte. Die sind seit der Antike nachweisbar. Allerdings nicht in ihren heute ausgeprägten Formeln. Aber sie wurden allesamt frisch verzehrt. Als Überbringer der ersten Trockennudeln galt lange der Venezianer Marco Polo. Er nahm sie aus China mit. Heute glaubt man mehr zu wissen. Der Einmarsch der Trockennudeln, die sich wegen ihrer Haltbarkeit vorzüglich für Reisen und Kriegszüge eignen, dürfte bereits im 10. Jahrhundert stattgefunden haben. Und zwar vom Süden her. Genau genommen aus dem arabischen Emirat Sizilien. Das hatte von 831 bis 1091 Bestand. Wie? Das wussten nicht? Sie sehen: Reiche geraten in Vergessenheit. Nudeln nicht.

Ab dem Mittelalter brachten es die Italiener zur Meisterschaft in der Herstellung von Pasta. Als Großmeister der frischen Pasta gilt heute etwa der Sternekoch Mario Gamba. Er sagt: "Pasta ist eine Lebenseinstellung. Wenn nur Pasta gegessen wird, dann ist das eine fröhliche Angelegenheit. Wer Pasta isst, der vergisst die Tischmanieren und ist glücklich." Wenn Gamba die unterschiedlichen Arten aufzählt, dann erinnert er an einen TV-Kommentator, der ein Fußballspiel schildert: "Tortellini wirft aus zu Panzerotti. Cannelloni. Scharfer Pass zu Agnolotti.Gnocchi steht völlig frei. Aber die Flanke landet bei Pappardelle. Herrlicher Doppelpass mit Ravioli und − jawohl! Was für ein Abschluss!" Pasta erinnert Gamba auch stets an seine Oma. "Sie war für die Familie das, was die Pasta für meine Küche ist. Sie stand immer über den Dingen, ohne sich in den Vordergrund zu stellen."

Daher dürfte auch der Begriff Nonnateig kommen, der für herzerwärmende Pasta steht. Für den benötigen Sie 400 g Weichweizenmehl (Type 405) und vier Eier. Zuerst das Mehl sieben und auf der Arbeitsfläche anhäufen. Die Hand in das Mehl tauchen und einen Krater formen. Die Eier aufschlagen und in die Mulde geben. Mit einer Gabel die Eier langsam verquirlen, dann schneller werden und dabei nach und nach das Mehl vom Rand einarbeiten, bis ein Teigklumpen entsteht. Diesen mindestens zehn Minuten bearbeiten, indem man die Ränder zur Mitte faltet, mit den Handballen flach drückt und wieder faltet. Überschüssiges Mehl und trockene Teigstückchen wegwischen. Jetzt eine dicke Rolle formen, senkrecht vor sich hinlegen und von oben druckvoll mit dem Handballen einrollen. Mehrmals wiederholen, dann den Teig zu einer Kugel formen. Der Teig sollte sich dann wie Plastilin anfühlen. Den Teig abgedeckt (unter einer umgedrehten Schüssel, in Folie gewickelt oder unter einem feuchten Küchentuch) 30 Minuten ruhen lassen.

Zur Kunstform erhob die Pasta auch der Schweizer Kochbuchautor Claudio Del Principe, der in seinem Werk "a mano" (at-Verlag, 2020, 255 S.) zeigt, wie zauberhaft allein schon der Anblick von Pasta sein kann. Indem man nämlich Kräuter und Blüten einarbeitet.

Sie benötigen 500 g Nonnateig, Kräuter (Petersilie, Basilikum, Thymian) und Blüten (vom Rosmarin oder Schnittlauch). Den Teig bis zur drittfeinsten Stufe durch die Pastamaschine drehen. Die Pastabahnen auslegen, mit den Kräutern, Blättern und Blüten belegen, eine zweite Pastabahn darüberlegen und dann auf der feinsten Stufe durch die Walzen drehen.

Daraus entweder offene Ravioli machen oder sehr breite Pappardelle schneiden. Zwei bis drei Minuten im Salzwasser al dente kochen und zur Sauce geben.