Im Trainingsplan stand: 16 Wochen, 4 Einheiten pro Woche, mit progressiven Long Runs und schnellen Intervallen. Alles schön durchgetaktet wie die Minuten eines digitalen Metronoms. Herr Fuchs liebte Pläne. Denn Pläne versprachen Kontrolle. Und Kontrolle war ihm lieber als die Ungewissheit eines müden Körpers an einem kalten Morgen.
Dann war da noch der andere Läufer. Ein alter Hase. Keine genauen Pläne, keine Apps, keine ausgedruckten Tabellen mit Soll-Zeiten. Dafür ein Trainingskonzept und seine Beine, die wussten, wann es gut war. Und wann es zu viel war. Der alte Hase lief seit Jahrzehnten. Er war einer von denen, die den Salzburg Marathon nicht nur ein Mal gelaufen waren.
"Pass auf", sagte der alte Hase, als er den eifrigen Pläne-Mann Fuchs traf. "Ein Marathon ist kein Rennen gegen die Zeit. Es ist ein Tanz mit dem Körper. Wenn du nur nach Zahlen läufst, vergisst du das Wesentliche: deinen Atem, dein Gefühl, die Strecke unter deinen Füßen und noch viel mehr."
Laufen erfordert Achtsamkeit und Gefühl
Herr Fuchs nickte höflich, glaubte aber kein Wort. Er trainierte härter, lief schnellere Intervalle und ignorierte die Signale seines Körpers. Bis die Schmerzen kamen. Zuerst ein Zwicken im Knie, dann eine Müdigkeit, die sich wie Blei in die Beine senkte. Vier Wochen vor dem Marathon musste er aussetzen. Die Pläne halfen ihm nichts mehr.
Da traf er den alten Hasen wieder, der lächelnd seine Runden drehte. "Du brauchst keine Tabellen, um zu spüren, was gut für dich ist", sagte er. "Lerne dein eigenes Tempo kennen. Hör auf den Rhythmus deines Körpers, nur dann kommst du gesund ins Ziel."
Der alte Hase blieb stehen, zog seine Handschuhe aus, wischte sich die Stirn. "Schau", sagte er, "das Geheimnis ist nicht, dass ich schneller laufe als du. Ich laufe klüger. Ich laufe, weil ich es kann, nicht weil ich es muss. Und weißt du, warum ich es kann?" Der Pläne-Mann schüttelte den Kopf.
Fundierte Vorbereitung
"Weil ich drei Punkte beachte: Ich vertraue den Empfehlungen einer erfahrenen Trainerin, folge einem modernen Trainingskonzept, mache jedes Jahr Leistungstests und hole mir das ärztliche Okay." Der alte Hase zog ein kleines Blatt Papier aus der Jackentasche, leicht zerknittert, aber ordentlich gefaltet. "Bestätigung der Sporttauglichkeit" stand da. "Herz, Kreislauf, Lunge - alles gecheckt. Verstehst? Bevor ich mit dem Training für den Salzburg Marathon loslege, lasse ich mich einmal durchleuchten. Weil ein Marathon keine Mutprobe ist, sondern ein Projekt. Und jedes gute Projekt braucht eine stabile Grundlage." Herr Fuchs betrachtete das Papier, als hätte er noch nie so etwas gesehen.
"Und dann, wenn ich weiß, dass mein Motor gut läuft, dann geht's los. Aber nicht irgendwie. Ich hab mir ein paar Dinge abgeschaut. Von den Norwegern, von den Italienern. Von einem Salzburger Trainer. Die wissen, wie's geht."
Neue Trainingsmethoden und optimierte Strategie
Er begann, langsam wieder anzulaufen, und Herr Fuchs trabte - plötzlich ganz wissbegierig - nebenher.
"Die Norweger", sagte der alte Hase, "die haben's mit der Polarisation. 80 Prozent locker, 20 Prozent hart. Die meisten trainieren zu viel im mittleren Bereich, immer so ein bisschen schnell, aber nie wirklich hart. Ist wie mit dem Auto: Wenn du immer nur im zweiten Gang fährst, verbrauchst du viel und kommst trotzdem nicht richtig voran. Also: viel Grundlagenausdauer, lange Läufe im Wohlfühltempo. Und wenn's schnell wird, dann richtig. Schwellenläufe nach vorhergehenden Laktattests, Intervalle, aber nie blind drauflos."
Herr Fuchs nickte demütig. "Und dann gibt's die Italiener", fuhr der alte Hase fort. "Renato Canova kennst du vielleicht. Seine Läufer trainieren das Renntempo. Weil ein Marathon ist lang, und wenn du dein Tempo nicht kennst wie deine Westentasche, dann geht's dir ab Kilometer 30 dreckig. Also gibt's bei mir regelmäßig Läufe im geplanten Wettkampftempo. 30 bis 60 Minuten, einmal sogar etwas länger. Oder lange Läufe mit Endbeschleunigung. Damit der Körper lernt, dass er auch noch laufen kann, wenn er müde ist. So etwas haben sogar Spitzenläufer wie Peter Herzog verinnerlicht, dessen Konzept eine von seinem Trainer entwickelte österreichische Variante der beiden Philosophien darstellt."
Laufplan anpassen
Der alte Hase grinste. "Und weißt du, was das Beste ist? Das fühlt sich nie nach Plan an. Es fühlt sich nach Logik an. Erst die Basis, dann die Intensität und später der Umfang. Erst die Gesundheit, dann die höhere Beanspruchung. Kein Blödsinn, kein unnötiges Risiko. Und wenn was zwickt - Pause. Weil, weißt du, warum viele meiner alten Lauffreunde irgendwann aufgehört haben? Nicht, weil sie keine Lust mehr hatten. Sondern weil sie zu früh zu viel wollten."
Der Pläne-Mann Fuchs schwieg, zeigte sich nachdenklich.
"Und?", fragte der alte Hase. "Machst du's noch mit dem ausgedruckten Plan? Oder fängst du an zu laufen, wie es für dich passt?"
Herr Fuchs atmete tief ein. Der Atem ging ruhig, die Beine fühlten sich plötzlich gut an. Vielleicht war es an der Zeit, dem Körper zuzuhören. Vielleicht war es Zeit, so zu laufen, dass er auch in zehn Jahren noch Freude daran hatte. Und vielleicht, nur vielleicht, holt er sich morgen auch ein ärztliches Okay.