"Welcher Betrieb welche Tierhaltung hat, ist üblicherweise nicht bis ins Detail erfasst. Uns sind daher nur eine Handvoll Milchviehbetriebe bekannt, die muttergebundene Kälberaufzucht durchführen", erklärt Sandra Pfuner von der Abteilung Landwirtschaft in der Landwirtschaftskammer Salzburg. Diese Aufzuchtform sei nicht für jeden etwas, weil zum einen jeder Landwirt andere Vorlieben habe, zum anderen auf jedem Hof andere Voraussetzungen herrschten. So muss etwa für die muttergebundene Kälberaufzucht im Stall auch Platz für die Kälber sein.
Stephan Schmiderer, besser bekannt als Schafferbauer, hat 2016 den Hof von seinen Eltern übernommen und drei Jahre später auf die muttergebundene Kälberaufzucht umgestellt. "Aus Überzeugung", wie er sagt. "Es ist eine naturnähere Milchproduktion." Weil er weitere Standbeine hat, kann er sich diese Aufzuchtform leisten. "Viel macht der Konsument aus. Er entscheidet, was gekauft wird. Wenn es nur billig sein soll, hat man mit dieser Form keine Chance", kritisiert der 34-Jährige.
Wie die Kälber aufwachsen
Er handhabt es so, dass nach der Geburt die Kälber rund zehn Tage lang rund um die Uhr bei ihren Müttern sind und säugen können, wann immer sie wollen. Die Biest- oder Kolostralmilch ist zum Beispiel sehr fetthaltig und ausschließlich den Kälbern vorbehalten. "Es dauert rund zehn Tage, bis die Milch wieder rein ist und sie als Trinkmilch wieder an die Molkerei geliefert werden kann", erklärt er.
Nach den zehn Tagen sind die Kälber dann nur noch nachts im Stall bei ihren Müttern oder gleich bei einer Amme. Letztlich werden alle Kälber früher oder später von einer Amme gesäugt, bis sie nach rund vier Monaten abgestillt werden. "Eine Amme kümmert sich um etwa drei Kälber. Abhängig ist das vom Bedarf und davon, wie viel Milch sie hat", informiert der Landwirt. Während eine Amme nicht gemolken wird, ist das bei den Mutterkühen durchaus der Fall - wie bei den anderen Kühen auch zwei Mal am Tag, aber nicht vollständig, damit ihre Kälber zu trinken haben.
Gesundheit statt Leistung
Wie viel ein Kalb am Tag trinkt, weiß Schmiderer nicht. Er geht davon aus, dass es mehr sein wird als bei den Kälbern, die auf anderen Höfen früher von ihren Müttern getrennt werden und ihre Milch stattdessen aus Kübeln saugen. Fest macht der 34-Jährige seine Annahme an der Beobachtung, dass seine Kälber schnell wachsen und kräftig werden. Dass er durch die gewählte Aufzuchtform weniger Milch an die Pinzgau Milch liefert und damit auf Geld verzichtet, ist ihm bewusst. "Ich kann nicht sagen, wie hoch mein Verlust ist", sagt der Landwirt, der keine Messanlage auf seiner Melkmaschine hat. "Mein Betrieb ist aber auch nicht auf Leistung ausgelegt, sondern auf die Gesundheit der Tiere."
Soziale Kontakte entstehen
Da die Kälber die Biestmilch bekommen, sind sie nach Schmiderers Aussage weniger anfällig für Krankheiten wie etwa Durchfall. Auch bei den erwachsenen Tieren müsse er fast nie Antibiotika einsetzen. Außerdem würde sich bei den Mutterkühen der Hormonhaushalt nach der Geburt schnell wieder einspielen. "Ich kann das nicht beweisen, aber ich habe den Eindruck", sagt Stephan Schmiderer.
Durch das Zusammenleben der Kälber mit der Herde entwickeln und vertiefen sich die sozialen Kontakte zwischen Kalb und Mutter, aber auch zwischen Kalb und Herde. Auf diese Weise lernt der Nachwuchs die Rangordnung in der Gruppe kennen. "Gleichzeitig werden aber die Kälber mir gegenüber scheu", schildert der Landwirt. Sie würden ihn nur als denjenigen kennen, der ihnen die Ohrmarken verpasst. "Ich stelle mich deshalb mit Heu zu ihnen und verbringe Zeit mit ihnen." Die Kälber können an ihm schnuppern und er berührt sie immer wieder.

